Your Favorite Worst Nightmare

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Als ich im Bett lag, vibrierte mein Handy. Verwundert zog ich meine Stirn kraus und griff danach.

Wo bist du?

Meine Finger tippen auf dem viel zu kleinen Display Wer bist du?

Dabei konnte es nur eine Person sein. Und zwar Jared. Er musste sich, als ich eingeschlafen war, mein Handy genommen und meine Nummer bei sich gespeichert haben.

Ich sperrte den Bildschirm und legte es auf meine Brust.

Mein Handy blinkte auf.
Dein lieblings schlimmster Alptraum, erschien auf meinem Display.

Für einen kurzen Moment hielt ich die Luft an, weil ich befürchtete, dass es doch Drew war.

Der, für den dein Herz schlägt.

Aber diese Arroganz trug unverkennbar Jareds Handschrift, also atmete ich erleichtert auf. Und stöhnte genervt.

Du hast ein größeres Ego als dir guttut, Jared

Ich lächelte in mich hinein und fühlte mich wie eine Idiotin, als ich aus senden tippte. Dann fügte ich hinzu:

Außerdem bist du doch der Jenige, der sich um mich Sorgen macht. Nicht umgekehrt.

Ich wollte nur sicher gehen, dass du nicht auf der Straße schläfst. Bist du in Sicherheit?

Einen Moment überlegte ich zu tippen Ja, ich liege gerade bei Vince in den Armen, einfach damit er einen halben Herzinfarkt bekam.

Aber konnte ich das nicht bringen. Also tippte ich ja, bin Zuhause, alles gut und sendete die Nachricht.

Daraufhin bekam ich keine Antwort von Jared. Traurig war, dass ich extra noch 20 Minuten wach blieb, in der Hoffnung, dass noch eine Nachricht folgen würde. Aber es kam nichts.

***

Nachdem die letzte Vorlesung beendet war, begleitete ich Vanessa zum Parkplatz.

"Drake und ich haben uns vertragen", sagte sie und grinste frisch verliebt. "Er hat mir verziehen."

"Freut mich für dich, dass du jetzt wieder glücklich bist", sagte ich und griff in ihre Skittles, die sie irgendwie immer dabei hatte.

"Und wie läuft es bei dir?", fragte sie und wackelte mit den Augenbrauen.

Ich wollte eigentlich mit der Wahrheit rausrücken, doch hatte ich Angst, dass es sich dann rumsprechen würde. Außerdem würde Jared es nicht wollen. Und wenn es sich so weit herumsprach, dass Drew von der Sache erfuhr, könnte ich mich jetzt schonmal begraben gehen.

Ich meine, ich habe eine Nacht bei Jared Chandler verbracht. Und der leibliche Bruder von ihm verbringt die Woche bei mir. Und obwohl beides Fuckboys waren, hatte keiner der beiden die Intention, mit mir zu schlafen.

"Willst du mit zu mir?", fragte sie, als sie ihren Toyota von weitem öffnete.

"Geht nicht. Ich muss noch diesen blöden Mülldienstjob machen. Vergessen?"

Sie zog einen gequälten Gesichtsausdruck. "Stimmt ja. Du Ärmste."

Ich zuckte mit den Schultern. "Ist alles Jared zu verdanken. Naja, bis Morgen."

Sie wank mir vom Fahrersitz ein letztes Mal zu und verließ den staubigen Parkplatz.

Als ich im Uni Gebäude nach Greifzange und Müllsack griff, traute ich meinen Augen nicht.

Jared stand da und schien auf mich gewartet zu haben. Auch in seiner Hand befand sich ein Müllsack und eine Greifzange.

"Ich habe mit Stace geredet", murmelte er und lehnte sich lässig gegen die Wand. "Sie war es, die mich beim Rektor verpfiffen hat."

Was? Mit dieser Aussage überfuhr er mich wie ein Lastwagen. "Aber sie war doch die jenige, du weißt schon..." die, die er überhaupt gevögelt hatte. Schoss sie sich damit nicht ein Eigentor?

"Sie hat ja den Namen der Blondine nicht erwähnt. Nur, dass sie mich beim Vögeln erwischt hat. Unnötigerweise hat sie dich als Konkurrenz gesehen und wollte, dass ich dir eins auswische. Das ist der einzige Grund, warum ich dir jetzt helfe." Demonstrativ spielte er mit seiner Greifzange. 

Gemeinsam gingen wir auf den Hof und sammelten schweigend Dosen, Flaschen, Papier- und Plastiktüten auf.

"Ich kann nicht glauben, dass ich das hier wirklich mache", murmelte Jared vor sich hin.

Ich kicherte. Das schien wirklich keine Arbeit zu sein, die ihm stand. Aber er machte sich gut. Immerhin war seine Mülltüte schon voller als meine. Wenn man dann darüber nachdachte, wie er am Strand zu mir gewesen ist und mir befahl, die Dosen aufzusammeln, dann war das hier mal eine hunderachziggrad Wendung. Und perfektes Karma.

"Warum bist du mit Vince befreundet?", fragte ich, um die Stille zwischen uns zu unterbrechen. "Und warum hast du mich am Strand neulich so mies behandelt?"

"Weil ich dachte, dass ich wegen dir 600$ beim Rektor blechen musste", sagte er und ignorierte meine erste Frage komplett.

Keine gute Entschuldigung.

"Und warum bist du mit Vince und den anderen befreundet? Ich meine, ihr schlägt euch gege-"

"Geht dich nichts an, Carmen", fuhr er mich an. "Ich muss mich nicht rechtfertigen."

"Ja, aber-"

"Ja - ich habe dich in Schutz genommen", sagte er beißend. "Bilde dir nichts darauf ein. Eigentlich habe ich sie in Schutz genommen."

Ich hielt in der Bewegung inne und versuchte das, was er da sagte, zu verarbeiten. Irgendwie verstand ich nicht, was er damit meinte.

Genervt pfefferte er eine Coladose in den Müllsack. "Mr Sanders ist doch Polizist. Wenn sie dir was tun würden, würdest du sie verpfiffen und sie würden ganz schnell im Knast landen. Davor habe ich sie bewart", erklärte er abweisend und zuckte mit den Schultern.

Irgendwie verletzten mich seine Worte. Sie machten alles zunichte. Dass er mich nach Hause begleitet hatte, dass er mich bei sich aufgenommen hatte und wir gemeinsam eine langweilige Serie angesehen haben. Dass er mir gestern Abend geschrieben hatte. All das war nichts mehr wert.

"Ich habe genug Gründe, Vince anzuzeigen", zischte ich bitter und beförderte eine leere Brötchentüte in den Sack.

Zögernd ließ er die Greifzange mit der Zigarettenschachtel wieder sinken. "Wie meinst du das?", fragte er skeptisch.

"Ach, es ist nichts", lachte ich sarkastisch und hob meine Schultern. "Er hat mich nur belästigt, weißt du? Aber keine Sorge, Jared - ich werde deinen besten Kumpel schon nicht bei Drew verpfeifen. Drew ist kein einfacher Polizist mehr. Er ist ein DEA-Agent. Solche Fälle gehen ihn nichts mehr an." Außerdem wäre Drew der letzte, mit dem ich darüber reden würde.

Vince war mir im Bus definitiv zu Nahe gekommen. Gegen meinen Willen hatte er mich angefasst und dann auch noch in meinen Po gekniffen. Und zu guter Letzt ist er mir auch noch bis nach Hause gefolgt und hatte meinen Adrenalinspiegel bis ins unermessliche ansteigen lassen.

Ich sah, wie Jareds Kiefer arbeitete. Seine dunklen Brauen waren tief zusammengezogen. Dann ließ er plötzlich - ohne eine Erklärung - Müllsack und Greifzange fallen und stürmte mit schnellen Schritten  an mir vorbei.

Catch me if I fallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt