Runaway

3K 120 34
                                    

Ich war knapp eine Woche nicht mehr Zuhause. Und hatte ehrlich gesagt auch nicht vor, dahin zurück zu kehren. Unter keinen Umständen.

Doch wie konnte ich das Eliah erklären? Er würde mich wohl kaum bei sich wohnen lassen, vor allem nicht umsonst.

„Hier." Er ließ die McDonalds-Tüte auf den Tisch fallen. Der bekannte Geruch nach Burgern und Pommes stieg mir in die Nase und mein Magen erinnerte sich daran, dass ich gestern und heute noch nichts gegessen hatte.

Das einzige, was ich ständig zwischen meinen Zähnen hatte, waren meine Fingernägel - und eigentlich war dies eine Angewohnheit, die ich mir abgewöhnen wollte.

Ich nahm mir eine Packung Pommes aus der Tüte, in der Proviant für eine ganze Fußballmannschaft lag und verschlang sie.

Ich aß immer besonders schnell, wenn ich nervös war. Und ich hatte das Gefühl, dass meine Zeit nun abgelaufen und ich ihm nun eine Erklärung schuldig war.

Ich wusste aber nicht, was ich ihm sagen sollte. Mein Verhalten und meine Angst wieder nach Hause zu gehen waren nicht erklärbar. Ich würde nicht sagen, dass diese Angst irrational oder ähnliches war. Sie war einfach intuitiv und unerklärlich. Ich sträubte mich sogar, nach einer plausible Erklärung zu suchen und versuchte ganz auszublenden, dass mein aktueller Wohnsitz an diesem Ort war.

Mit einem Big Mac in der Hand ließ er sich auf den Sessel gegenüber von mir fallen und schmatzte den Burger in weniger als einer Minute weg.

„Wie oft hat sich denn dein alter Herr an dich vergriffen?" Eine seiner Augenbrauen schoss in die Höhe, während die andere in die Tiefe sank. Er hatte den Burger noch im Mund und kaute, während er mich das fragte, so beiläufig schien ihm diese Frage zu sein.

„Wie bitte?" Eine Pommes blieb mir im Hals stecken. Überhaupt nicht. Niemand hat sich an mich vergriffen. Wie kam er darauf? „Gar nicht. Wieso fragst du?"

„Mädchen. Ich rieche das." Höhnisch sah er mich an.

Leicht schüttelt ich den Kopf. Der bluffte nur. „Nein? Du täuscht dich. Woran machst du das fest?"

Seine Augen ließen nicht eine Sekunde von meinen ab. Er wusste, dass er gerade eine intime Grenze überschritt, aber das interessierte ihn einen Scheiß.

„Schon eine Woche hängst du bei mir rum - das freiwillig. Du hast unbegründete Ängste, nach Hause zu gehen. Wenn du von meinen Leuten umgeben bist, verhältst du dich unsicher, siehst dich die ganze Zeit um, als würdest du einen Fluchtweg suchen. Antwortest nur knapp. Hast Berührungsängste. Wachst jede Nacht von Alpträumen auf. Du kannst mir nicht erzählen, dass nichts Zuhause vorgefallen ist, zwischen deinem Alten und dir." Er lehnte sich zurück und rieb sich die Hände sauber. "Bin vielleicht kein Diplom Psychologe - muss aber auch keiner sein, um zu sehen, dass du vergewaltigt wurdest."

Reißnägel bohrten sich in mein Fleisch und zerkratzen meine Haut. Eigentlich waren es nur meine Fingernägel, die sich in meine Handinnenflächen bohrten, doch ich wollte, dass es Reißnägel wären. Ich wollte es nicht hören, wollte mich nicht mit so einem Blödsinn auseinander setzen....

Nichts war dran, an dem, was er sagte. Ich fühlte mich einfach nicht wohl Zuhause, das war alles.

Eliahs dunklen Augen starrten mich unverwandt an und ich hatte das Gefühl, dass sein Blick mich nackt sah. Nicht körperlich, aber er sah meine Verletzlichkeit. Opia. Doch hatte er keine Probleme damit, weiter zu starren, bis ich das Gefühl hatte, mich komplett in Luft aufzulösen.

„Du darfst bei mir wohnen", sagte er, als er merkte, dass ich nicht antworten würde. „Unter der Bedingung, dass du dich an der Miete beteiligst. Und dich um den Haushalt kümmerst."

Catch me if I fallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt