Those Fucking Green Eyes,

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Wir saßen in Vanessa's Schlafzimmer, hörten ihre Playlist - immer die selben 4 Lieder - und schminkten uns.

Sie war definitiv schneller als ich. Sie wusste direkt, was sie aus sich machte und begann schon mit ihrer Frisur, als ich noch damit beschäftigt war, mir Mascara aufzutragen.

"Ich glätte sie einfach", sagte sie und zuckte ihre Schultern.

"Mach dir Braids", schlug ich ihr vor. "Steht dir nämlich."

"Du hast Recht", sagte sie und machte eine Schmolllippe in den Spiegel. "Aber kann ich dich vielleicht schminken? Du wirkst so unbeholfen."

"Klar, wieso nicht", sagte ich, drehte den Mascara zu und legte ihn zurück in Vanessa's Schminktäschchen. Ich war dankbar, dass sie das für mich übernahm. Sie wirkte wie ein Profi darin, wie jemand, der wusste was er tat. Für mich war das alles neu. Ich konnte mich nur dezent schminken.

Sie klatschte vor Freude in die Hände und machte sich an ihr Werk. Konzentriert tupfte sie mal hier den Schwamm, schwang da den Puderpinsel oder den Eyeliner. Als sie mir Lippenstift auf die Lippen zog, formte sie mit ihren Lippen eine Grimasse. Ich versuchte nicht zusammen zu zucken, als sie über meine verletzte Stelle strich.

"Fertig!“, rief sie begeistert und hielt mir den Schminkspiegel hin.  "Also, ich habe den blauen Fleck so gut es geht kaschiert..."

Wow. Krass, wie etwas Make-up das Aussehen wortwörtlich zum Glänzen bringen konnte. Meine leicht gebräunte Haut leuchtete an meinen Wangen und auf der Nasenspitze weiß. Meine Lider waren in metallischem lila. Meine Lippen glimmerten im natürlichen Rosa.

"Jetzt geht's zu meinem Lieblingspart! Die Klamotten!“ Sie öffnete ihren Kleiderschrank und warf ein paar ausgewählte Teilchen aufs Bett.

Ich stand noch vor dem Spiegel und machte mir einen strammen Zopf. Ich wirkte nicht mehr wie ein schüchternes Mädchen. Ich wirkte wie ein Badgirl. Wie eines, das zum Spaß Herzen brach.

"Das hier ziehst du an, es passt zu deinem Make up", sagte sie und warf mir ein Kleid - kurzes Stückchen Stoff - zu. Mehr Ausschnitt als Kleid. "Und die schwarzen Boots. Du hast ja die gleiche Schuhgröße, oder? Kann sein, dass meine etwas größer sind aber wenn du Chucks trägst will ich nicht mit dir gesehen werden. Ich würde dir ja Highheels anbieten, aber ich kann deine Gedanken lesen, deshalb lasse ich es lieber."

Als ich das glänzende Etwas zweifelnd begutachtet, schlüpfte Ness schon in ihr Kleid. Beziehungsweise Zwei-Teiler. Ein cremefarbenes Crop-Top und ein dazu passender Rock, der so eng lag, dass man die Umrisse ihrer Unterwäsche ohne Mühe sehen konnte. Sie hatte einen eleganten Bauchnabelpiercing, der nur darauf wartete, bewundert zu werden.

"Ja, ich bin eine Bitch", sagte sie und streckte ihren Arsch in die Höhe, während sie sich im Spiegel umherdrehte. "Ich bin stolz auf mich."

"Du siehst wirklich scharf aus", platzte es aus mir heraus. Sie hatte sich tatsächlich Brides gemacht. Ihr dunkles Haar reichte bis zu ihrer Hüfte.

Sie tanzte zu ihrer Playlist - wie gesagt, 4 verschiedene Songs, alle das selbe Thema - und spielte mit Mimik und Gestik vor dem Spiegel. "Bis ich Stace kennen lernte war ich auch so wie du", sagte sie. "Jetzt bin ich deine Stace und zeige dir wie schön es ist gut auszusehen und begehrt zu werden."

Wir stiegen in ihren Toyota und fuhren los. Und mir fiel auf, wie merkwürdig das war. Wie merkwürdig, dass es mir absolut nicht merkwürdig vorkam, mit Vanessa feiern zu fahren. Wir kannten uns nicht lange, doch sie hatte mein Leben trotzdem schon bereichert. Einfach, indem sie sie selbst war.

"I want it, I got it, I want it, I got it", singt sie mit und wippt mit dem Kopf dabei.

"Ich will keine Spielverderberin sein, aber ich muss heute noch Zuhause sein."

"Ja, keine Sorge. Wir kriegen das schon hin", unterbrach sie ihren eigenen Sing-Sang.

Nach kurzer Zeit hielten wir am Straßenrand und stiegen aus.
"Da ist es, das opulente Gebäude der Chandlers."

Sie zeigte mit ihrem schicken Finger auf das riesige, weiße Gebäude mit einem Vorgarten, der an einen Golfplatz erinnerte.

"Fuck Bitches, get money! Ayyyy!", jubelte Vanessa und hob die Hände in die Luft, dabei hatte sie keinen Alkoholintus. Sie ging ein paar Schritte vor mir und ich konnte die Tattoos auf ihrem Rücken sehen. Ich sah Tweety aus Looney Tunes aus ihrem Crop-Top luken. Ich fragte mich, was das für sie bedeutete.

Als wir eintraten, hallte die Musik durch den... Flur? Es war kein Flur. Und wenn doch, dann war dieser Flur vielleicht doppelt so groß und doppelt so lang und doppelt so hoch wie die Wohnung von Ness. Die Stufen der Wendeltreppe, die hinauf führte, wirkte so als würde sie schweben.

"Lass uns direkt in den Garten gehen", schlug Vanessa vor und öffnete eine Tür, die zu einer riesigen, offenen Küche führte. Sie hatte Panoramafenster, die Sicht auf den riesigen Garten zeigten. Eine Kücheninsel stand in der Mitte. Sie war so sauber, man konnte sich in dessen Mamorplatten spiegeln.

"Fühl dich wie zu Hause", rief sie mir über die Schulter, obwohl es ja nicht einmal ihr Zuhause war. Doch ich wusste, wieso sie das sagte. Drake stand nämlich auf der Terrasse und nahm seine Freundin lächelnd in den Arm. Ich sah, wie er ihr zur Begrüßung in ihren kurvigen Po kniff. Sie würde wahrscheinlich fürs erste die Party mit ihm zusammen verbringen. Und schon wieder bereute ich es, mit auf eine Party gekommen sein. Die zweite in Folge, obwohl ich erst Anfänger war.

Als ich auch auf die Terrasse ging, fiel mir der riesige, beleuchtete Pool ins Auge. Darin schwammen schon einige - und das in Unterwäsche.

Die Musik war laut, ich wunderte mich, ob man sich bei der Lautstärke noch unterhalten konnte.

Und da sah ich auch schon das Geburtstagskind. Jared. Er saß mit einem großen, weißen Shirt am Pool und hielt eine Zigarette in der einen - und eine Flasche Bier in der anderen Hand.

Von der einen Sekunde auf die andere, blickte er auf und stach mit einem so intensiven Blick auf mich ein, dass es mir kalt den Rücken herunter lief. Er wirkte so kalt und unbekümmert, doch strahlte das Grün in seinen Augen etwas verlorenes aus.

Und die Art, wie er mich ansah, sagte mir, dass ich zum ersten Mal in meinen Leben besser als "ganz okay, eigentlich" aussah.

"Ahh, Carmen!", hörte ich Vanessa's helle Stimme hinter mir. Sie fasste mir an die Schultern und umarmte mich dann von hinten. "Ich hab dich soooo lieb. Gleich geht's los, wir spielen gleich Flaschendrehen!“

"Flaschendrehen?", fragte ich ungläubig. "Spielt man das nicht in der sechsten Klasse auf Klassenfahrt?“

"Jap. Aber es wird ganz lustig, versprochen!", rief sie vergnügt.

"Baby, ich will nicht dass du mitmachst", sagte Drake im flehenden Ton und fasste Vanessa am Handgelenk. "Ich mache auch nicht mit."

"Er ist nur eifersüchtig, weil ich beim letzten Mal eine meiner Freundinnen auf den Mund geküsst habe", rechtfertigte sie ihn und machte eine abfällige Handbewegung.

"Ich würde in der Zeit, in der die anderen Flaschendrehen spielen, ganz andere Dinge mit dir anstellen", murmelte er an ihrem Hals. Sie schloss voller Genuss die Augen und kicherte.

Es war zwar Hochsommer, aber je später es wurde, desto kälter wurde es auch. Also beschloss ich, den anderen Partygästen in den Wintergarten zu folgen, als Vanessa mit Drake ins Haus verschwand.

Der Wintergarten war ein Glashaus, in dem runde Ledersofa standen. In der Mitte stand ein Etagenglastisch. Die Decke bestand aus Holz und die Wand, die Wintergarten und Haus trennte, war aus weißen Backstein.

Auf den Sofas saßen knapp bekleidete Mädchen neben Jungs, die entweder ein T-Shirt trugen, oder Oberkörper frei waren. Wahrscheinlich weil sie gerade aus dem Pool kamen.

Die Musik wurde sehr viel leiser und alle Augen im Raum richteten sich auf den Eingang. Ich blickte hinter mir und sah ihn.

Jared.




Catch me if I fallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt