Der erste Arbeitstag war ruhig und entspannt. Fiona hatte mir den ganzen Laden gezeigt. Ich konnte ein paar Kleider an die Stangen sortieren und Porzellantassen polieren, die im Schaufenster standen.
Als ich nach Ladenschluss den Shop verließ, setzte ich mich in den nächst besten Bus nach Hause. Ich war furchtbar müde, denn hatte ich die Nacht auf einer alten Couch verbracht, die meinem Nacken zum Verhängnis wurde. Der Bus war bis auf einer älteren Dame, dem Busfahrer und mir leer.
Ich setzte mich auf einen mittigen Platz und lehnte mich gegen die Fensterscheibe. Meine Augen schlossen sich langsam. Als der Bus hielt, öffnete ich ruckartig die Augen und sah mich um. Ich war in eine Art Halbschlaf verfallen.
Als ich sah, wer in den Bus stieg, wurde mir speiübel. Das Bandana und das Basketballshirt kamen mir gruselig bekannt vor. Meine Hände begannen umgehend zu schwitzen und ich klammerte mich an meine Wasserflasche, die ich zur Hälfte ausgetrunken hatte.
Vince. Er machte den Busfahrer zur Schnecke, bevor er sich mit einem Bier in der Hand durch den Gang schleppte. Ich starrte auf das Karomuster meiner Hose, zählte die Kästchen. Wieso hatte ich mich mittig hingesetzt, nicht ganz hinten?
Ich betete, dass er mich nicht bemerkte. Doch dann sah ich seine graue Jogginghose neben mir und spürte seine ganze Seite an mir. Er lachte schmierig und legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. War ja klar, dass er sich neben mich setzte - in einem Bus, der 95% aller Plätze frei hatte.
"Hey", keuchte ich und rückte schlagartig so weit zum Fenster, wie es mir möglich war.
Doch seine Hand verließ meinen Oberschenkel nicht. Er kniff sogar leicht zu und grinste gefährlich. Ich spürte seinen Blick auf mir, wie er mich auszog und sizierte. Ich schlug seine Hand weg. Doch davon ließ er sich nicht beeindruckt. Er legte seine Hand nun höher und sein Griff war fester als zuvor.
"Hast du Angst vor mir?", flüsterte er.
Ich schluckte und sagte nichts. Egal was ich sagte - oder nicht sagte - es würde mich verraten.
Ich fasste meinen Mut zusammen und drückte auf den Stoppknopf, der an der Stange vor ihm befestigt war. Dabei musste ich meinen Arm über ihn strecken. Seine Hand an meinem Oberschenkel glitt höher. Ich schlug sie wieder weg. "Du bist widerlich", zischte ich. "Würdest du bitte?" Ich erhob mich und deutete ihm Platz zu machen.
Mit einem zuckendem Lächeln erhob er sich und machte mir Platz, damit ich an ihm vorbei gehen konnte. Dabei kniff er mir in meine Pobacke.
Ich warf ihm einen bedrohlichen Blick zu. "Gehts noch?!?“, stammelte ich. Als Antwort erhielt ich nur dieses ekelhaft Grinsen, was er nicht eine Sekunde abgelegt hatte.
Der Bus hielt und ich stieg aus. Und das, obwohl ich es noch ein paar Haltestellen bis nach Hause brauchte.
Abends war es sehr viel frischer als Tagsüber und ich hatte dummerweise keine Jacke mitgenommen.
Ich verschränkt meine Arme vor die Brust und ging in schnellen Schritten die Straße hinunter. Ich spürte, dass mich jemand beobachtete und hörte Schritte hinter mir, die Gott sei Dank nicht so schnell waren wie die meine.
Die Angst stieg in mir hoch und kroch durch meinen ganzen Körper wie eine dicke, haarige Spinne, doch ich wagte es nicht, zurück zu blicken. Wenn es Vince war, dann würde es ihn nur provozieren. Vince Ziel war es doch, mir Angst zu machen.
Das waren vielleicht die längsten 20 Minuten meines Lebens, obwohl ich unter anderen Umständen eine halbe Stunde für den Weg gebraucht hätte. Doch als ich Zuhause ankam, fiel eine große Last von meinen Schultern.
Und irgendwie fühlte es sich gut an, dass ich nicht alleine Zuhause war. Vor allem nach einem Erlebnis wie diesem. Als ich meine Schuhe von den Füßen streifte, hörte ich ein Schreien und ein Fluchen. "Ah, Scheiße!", schrie eine weibliche Stimme. Alarmiert versteinerte ich und hielt die Luft an. Dann erkannte ich schwarze, hochhackige Stiefel, die im Flur neben meinen Chucks standen.
Aus dem Schlafzimmer von Drew drangen verdächtig laute Geräusche. Es quietschte, rumpelte und ... stöhnte(?) aus dem Zimmer.
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Catch me if I fall
Chick-LitAbgeschlossen ✔️ Er verachtet sie. Er schmeckt sie. Er stürzt sie in den Abgrund. Sie fällt. Wir lagen auf den Rücken und brauchten nichts zu sagen. Ich glaubte, genau das brauchte er gerade - und ich konnte klar verstehen, wieso. Was immer ihn bedr...