Dinner For Two

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Warum wollte dieser Tag nicht enden?

Ich stand unter der Dusche und fragte mich, wie Drew mich würgen und im nächsten Moment ganz beiläufig sagen konnte, dass wir gleich essen gehen würden.

Das warme Wasser vermischte sich mit meinen Tränen. Wer weiß, vielleicht würde es mir im Heim ja besser gehen. Aber nein, ich würde jetzt nicht aufgeben. Ich würde mir einfach demnächst einen Nebenjob suchen und vielleicht in ein Studentenwohnheim ziehen. Aber so einfach war das alles nicht. Schließlich zahlte Drew gerade meine Studiengebühren.

Trotz der Hitze des Wassers hatte ich eine Gänsehaut. Sie ging von einer inneren Kälte aus. Ich hielt meine Oberarme fest und beobachtete, wie die Tropfen des Wassers an meiner Gänsehaut abperlten. Meine gebräunte Haut hatte einige Mutter Male, die ich irgendwie nicht ganz leiden konnte.

Aber eine Freundin meines Vaters - eine Prostituierte, die sich für moderne Kunst und Neonfarben interessierte - hatte mir mal gesagt, dass viele Muttermale ein gutes Onem waren und Glück im Leben bedeuteten.

Bis jetzt spürte ich davon nicht viel. Aber ich war auch der Meinung, dass man seines Glückes Schmied ist und nicht nur Schicksalsschläge das Leben bestimmen, sondern auch die Art, wie mit ihnen umgegangen wird.

Ich spürte, dass sich ein mächtiges Gewitter in meinem Leben ankündigte. Und wenn ich dieses Gewitter überstand, würde ich stärker als jemals zuvor werden.

Ich stapfte aus der Dusche und öffnete das Fenster, damit die beschlagene Luft entweichen konnte. Ich schnappte mir den Fön und fönte meine Haare. Als der dichte Film vom Spiegel verschwand, vielen mir die Abdrücke auf, die sein Strangulieren bei mir veranlasst hatten.

Der blaue Fleck unter meinem Auge war schon fast fort. Er war in einem leichten gelbton, den man mit einem Abdeckstift gar nicht mehr sah. Aber an meiner Kehle, die immer noch schmerzte, sah man, wie sich leicht blaue Flecken ankündigten. Auch tat es im Inneren meines Halses weh. Das Schlucken fiel mir schwer und war mit Schmerzen verbunden.

Es hätte nicht lange gebraucht und zu meinem Tod geführt. Oder mindestens zur Bewusstlosigkeit. Und jetzt wollte dieser Psychopath mit mir essen gehen, so als wäre nichts gewesen.

Ich bürste meine leichten, verknoteten Wellen. Dann flitzte ich mit einem Handtuch um den Hals in mein Zimmer. Eine gute Sache hatte es ja, hier zu wohnen. Mein Schlafzimmer war direkt mit meinem eigenen Badezimmer verbunden. Wenigstens hatte ich genug Privatsphäre.

In meinem alten Leben in LA kam es ab und zu vor, dass in meinem Zimmer ein paar Gäste meines Vaters auf einer Lufmatratze neben meinem Bett pennten. Wenigstens legte er stets Wert darauf, dass es weibliche Gäste waren. Denn den männlichen traute er selbst nicht über den Weg. Er bat mich immer meine Zimmertür abzuschließen, wenn er männliche Besucher hatte, die über Nacht blieben.

Das Umfeld, in dem ich aufgewachsen bin, war alles andere als pädagogisch wertvoll. Und trotzdem bekam ich einen Platz an der Uni, an der ich studieren wollte. Ich hatte trotzdem das Gefühl, als hätte ich mein Leben in der Hand. Und das wahrscheinlich nur, weil mein Vater mir immer klar gemacht hat, dass mir alle Türen dieser Welt offen standen und ich nur eine Vision brauchte, um sie zu verwirklichen.

Ich rieb meinen Körper mit dem Handtuch ab und zog mir eine schwarze Hose und eine hässliche, kobaltblaue Bluse an, von der ich mich niemals trennen konnte. Ich Verband mit ihr zu viele schöne Erinnerungen und irgendwie gab diese einfache Bluse mir nun Kraft für das, was kommen mochte.

Als ich hinunter ging, sah ich, wie Drew schon auf mich wartete. Dabei war es gerade erst halb sieben. Er trug eine dunkelblaue Jeans und ein schwarzes Hemd. Seine Haare waren in einem perfekten Scheitel gelegt.

Catch me if I fallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt