Wieso musste es gerade jetzt regnen? Ich hatte mir gerade frisches Make-Up aufgelegt und meine Haare gemacht und nun schien alles für die Katz zu sein.
Es war nicht so, dass der Regen mit leichten Tropfen anfing und dann immer stärker wurde – nein, von der einen Sekunde auf die andere schüttete es aus Eimern.
Mal sehen, ob überhaupt irgendeiner sich bei diesem Wetter auf dem Strich aufhielt.
Ich hoffte, denn wenn ich mit leeren Händen zu Eliah kam, würde er mir meinen Anteil Heroin verwehren. Vielleicht würde er mich sogar rauswerfen.
Ich lief mit schnellen Schritten die Straße herunter. Mit jedem Schritt platschten meine schwarzen Lederstiefel von einer in die nächste Pfütze.
Ich schlang meine Lederjacke enger an mich und sah zu Boden, denn wollte ich vermeiden, dass meine Schminke noch mehr verwischte, als sie es schon war.
Als ich die kleine Nebengasse erreichte, fuhr plötzlich ein Auto betont langsam neben mir her und ich wurde gleich euphorisch, denn könnte der Fahrer ja Kundschaft sein, die es auf mich abgesehen hatte.
Ich blickte in das abgedunkelte Fenster des schwarzen Wagens und konnte nichts erkennen. Bis das Fenster wie automatisch hinunter glitt und ich schwarze Autositze erkannte.
Es handelte sich um einen Mustang, kein Zweifel. Als ich dies geschockt feststellte, rutschte mir das Herz in die Hose.
Oh mein Gott. Ich wusste nicht, wie ich mich fühlen sollte, denn waren es viel zu viele Gefühle auf einmal, die mich plötzlich übermannten. Ein Gefühl aber, wog schwerer als all die anderen, die mich versuchten zu verwirren –und zwar Wut. Ungebremste Wut.
Ich ballte meine Fäuste noch fester, so dass sich meine Fingernägel in mein Fleisch bohrten und ging ohne Überlegung einen Schritt schneller.
Der Regen hatte nicht aufgehört – es schien, als würde er meine Stimmung perfekt widerspiegeln. Und plötzlich hörte ich ein lautes Krachen aus dem Himmel und sah darauf folgende weiß-blaue Blitze zwischen der grauen Wolkendecke flirren.
Unwillkürlich zuckte ich zusammen und biss mir beinahe die Lippen blutig. Schlimmer konnte es nicht werden.
„Steig ein", hörte ich Jareds düstere Stimme aus dem Wagen zischen.
„Du kannst mich Mal", zischte ich und legte noch einen Zahn zu. Doch Jared war perfekt darin, das Tempo zu halten. Er saß ja auch in einer schönen, trockenen Karre.
„Steig ein." Seine Stimme war tödlich. Er schien kein Nein zu akzeptieren. Doch da kannte er mich schlecht.
Wieder ein Krachen und ein Blitzen aus dem Himmel. Jared kannte meine Angst vor Gewittern, genauso wie er meine Angst vor tiefen Gewässern und Quallen kannte.
„Nö!", rief ich naserümpfend und ließ den Regen stolz auf mich herab prasseln.
„Und warum nicht?!" Er schien es nicht wahr haben zu wollen, dass ich lieber im Gewitter spazieren ging, als mich in sein Auto zu setzen.
„Weil ich ganz gut ohne dich zurecht komme. Jetzt fahr weiter, du vertreibst mir die Kundschaft." Ich biss mir auf die Innenwange und bereute direkt, was ich gesagt hatte.
Es zeigte ihm nämlich nicht, dass ich stark und unabhängig war, sondern nur, wie tief ich gesunken war. Doch er wusste die Wahrheit ohne hin schon.
„Was ist los mit dir, Carmen?", fragte er mich so fassungslos, dass es mir beinahe mein Herz brach. Die Art, wie er meinen Namen aussprach, ließ mir einen warmen Schauer über den Rücken laufen.
Noch schlimmer war sein Blick. Die Wut und Enttäuschung die in seinem glasigen Grün lagen, ließen mich für einen kurzen Augenblick hoffen, dass er ehrlich war.
Doch ich ließ mich davon nicht beirren. Ich konzentrierte mich auf die kalten, harten Regentropfen, die meine nuttige Kleidung durchnässten und auch schon in meinen Stiefeln eine kleine Sintflut ausgerichtet hatten.
Was traut er sich eigentlich, in meine Nähe zukommen? Denkt er wirklich, er kann mich küssen, dann fallen lassen wie eine heiße Kartoffel und dann Forderungen an mich äußeren?
Meine Schritte wurden instinktiv immer schneller und schneller.
„Was hat Eliah mit dir angestellt? Wieso verhältst du dich wie die letzte Bitch?"
„Eliah", betonte ich scharf, „mag vielleicht auch ein Arschloch sein wie du, aber er besitzt wenigstens den Anstand, ehrlich zu sein. Sie alle haben mich vor dir gewarnt, nur ich war so blind und gutgläubig und hab mich vor der Wahrheit versteckt!"
„Auf was für einer Droge bist du gerade?", lachte Jared ironisch, als hätte ich sie nicht mehr alle. Auf Kokain aber das würde ich niemals vor ihm zugeben.
„Ich habe dir vertraut. Und du küsst mich und tust dann so, als wäre nie etwas zwischen uns gewesen?" Ich knirschte mit den Zähnen.
„Ich wollte dich nur vor mir schützen! Und du lässt dich von Eliah ficken?" Jared lachte zynisch in sich hinein. „Toll, das gerade Eliah für dich so ein vertrauenswürdiger Typ ist, wo gerade er dich doch auf diesen Strich schickt. Komm nach Hause. Dein Stiefvater ist schon krank vor Sorge. Ich weiß, er ist ein strenger Typ, Carmen. Aber das heißt nicht, dass er dich nicht liebt oder sich keine Sorgen macht – im Gegenteil sogar!" Er hielt den Wagen abrupt an.
„Du weißt gar nichts!", schrie ich ihn an und hielt mich an dem heruntergefahrenen Fenster fest.
Wie konnte er nach all dem immer noch meinen Stiefvater in Schutz nehmen? Wie? Mein Fuß landete gegen die Felge an seinem Vorderreifen.
Jared schüttelte finster seinen Kopf. "Steig. Ein." Großzügig atmete er aus. "Ich verliere langsam die Geduld."
Eine tiefe Traurigkeit fraß mich von innen auf. Ich wollte einsteigen. Nur um mich wieder von ihm verletzten zu lassen? Niemals.
"Bist du nicht unsere kleine Hure?", hörte ich eine Stimme hinter mir, die sich wie Säure in meinen Nacken brannte.
Das Atmen fiel mir schwerer und irgendwie schien sich alles um mich herum zu bewegen und zu drehen. Ich spürte meinen Herzschlag überdeutlich und nahm ein Pulsieren direkt neben meinem Ohr wahr.
Vince.
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Catch me if I fall
Chick-LitAbgeschlossen ✔️ Er verachtet sie. Er schmeckt sie. Er stürzt sie in den Abgrund. Sie fällt. Wir lagen auf den Rücken und brauchten nichts zu sagen. Ich glaubte, genau das brauchte er gerade - und ich konnte klar verstehen, wieso. Was immer ihn bedr...