4. Kapitel Sendepause

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Ich betrete hoffnungsvoll den Flieger und lasse mich von dem netten Steward zu meinem Platz bringen. Na wenigstens den Fensterplatz darf ich behalten und muss ihn nicht an Mr. Wichtig abtreten. Nach dem Verstauen meines Handgepäcks setze ich mich und richte mich schon mal häuslich ein. Soweit man das auf dem relativ kurzen Flug von Berlin nach Amsterdam tun kann oder muss. Während ich also mit dem Anschalten meiner Kopfhörer und meiner “Feelgood”-Playlist beschäftigt bin, spüre, rieche und höre ich meinen ungewollten Sitznachbarn neben mir. Na toll, der Alptraum ist perfekt und ich hab Blondie alias Taxi-Pfosten neben mir sitzen. Abgesehen davon, dass der Typ nicht gerade klein und schmal ist, leise und ruhig ist was anderes. Okay das ruhig muss man jetzt genau differenzieren, was heißen soll, Blondie brummt nur vor sich hin und die Geräuschkulisse kommt von den anwesenden und hyperventilierenden Weiblichkeiten einschließlich des offensichtlich schwulen Stewards. Nun gut, mich macht auch das wie befürchtete ADHS-Verhalten von Blondie kirre. Der sitzt noch keine 5 Minuten neben mir und sein Rumgewackel zerrt bereits jetzt an meinen arg strapazierten Nerven. Ich bedenke ihn also mit einem genervten Seitenblick als er mich freundlich begrüßt, setze mir meine Kopfhörer auf und starte dann doch lieber meine “Rock it Baby”-Playlist. Na Gott sei Dank, die guten Overear-Hörer und Volbeat in erhöhter Lautstärke lassen mich alles um mich herum ausblenden. Ich entspanne etwas und blicke aus dem Fenster, um das weitere Geschehen dort zu betrachten. Das übliche Geplänkel vor, zum und nach dem Start der Maschine ist mir durch die viele Fliegerei schon bekannt, und schenke diesem Prozedere genauso wie Blondie keinerlei Beachtung. Irgendwann tippt dieser mich jedoch an und wartet wohl auf eine Reaktion von mir. “Na da kannste lange warten, Mister” denke ich mir so und reagiere nicht weiter darauf. Es dauert keine 2 Minuten und er hebt die ihm zugewandte Ohrmuschel hoch um ein “Sorry, Lady”  in mein Ohr zu brummen. Wutentbrannt schaue ich ihn jetzt doch an und frage ihn ungehalten, ob das sein Ernst ist und er nicht merkt, dass ich meine Ruhe haben möchte. Er guckt mich etwas zerknirscht mit einem komischen Blick an, der wohl dafür sorgen soll, dass ich mich in die Massenhysterie um seine Person einreihe. Aber nicht mit mir, was oder wer bin ich denn? Bestimmt kein weiblicher Lemming der hinter dem blauäugigen, blonden Prinz Charming her wackelt und ihm den Popes pudert. Ohne unser Anstarrduell zu unterbrechen hebt er seinen Zeigefinger und verweist auf den hinter ihm stehenden Steward, welcher wohl wissen möchte, ob ich etwas zu Trinken haben will. Nee möchte ich gerade nicht, was ich diesem auch mitteile. Allerdings nutzt Prinz Charming nun die Chance mich anzusprechen, bevor ich meine Kopfhörer überhaupt wieder richtig auf habe, was ihm erneut einen genervten Seitenblick einbringt. Ich versuche ihm klarzumachen, dass er jetzt Sendepause hat und ich meine Ruhe will. Klappt nur bedingt, wie ich im weiteren Verlauf merken muss. 

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