Wieso immer ich?

59. Kapitel Rentnerveranstaltung

Die Bordglocke ruft zum Essen und wir suchen uns unter Gelächter einen schönen Tisch aus. Neben uns der Tisch ist bereits mit einem älteren Paar besetzt, die dänisch miteinander sprechen. Na und wieder eine meiner Sprachen und ich beuge mich rüber zu ihnen "Entschuldigung, falls wir zu laut oder unruhig sei sollten, bitte Bescheid sagen, wir wollen ja niemanden stören". Erst werde ich mit verwundertem Blick angeschaut und dann kommt freudig zurück "Alles gut meine Liebe, wir sind ja froh, dass ihr die Rentnerveranstaltung hier auf angenehme Art und Weise aufmischt". "Ok, die sind lustig, können wir adoptieren" raune ich Svea neben mir auf schwedisch zu. Der Kellner kommt und möchte unsere Bestellungen aufnehmen, kann uns aber aufgrund der erhöhten Lautstärke, welche vom Tisch hinter uns kommt, leider nicht verstehen. Na dann warten wir mal bis die USis sich gesetzt und beruhigt haben. Kurz weht mir ein bekannter männlicher Duft in die Nase und ich habe mal wieder ein Prickeln auf der Haut. Vielleicht bin ich ja allergisch gegen den Duft, überlege ich und werde aber umgehend abgelenkt, da der Männerduft nun von einem echt penetranten Damenparfüm überlagert wird. Boah, warum verstehen manche Menschen nicht, dass viel manchmal nicht gut ist. Besonders in einem Restaurant ist es nicht schön, wenn man so einen Duft dann auch noch als Geschmack auf der Zunge hat. Ach egal, nicht aufregen und innerlich ooohm machen. Bringt ja alles nix, eher im Gegenteil, versaut mir nur den Urlaub. Das Rentnerpaar von Nebenan hat mittlerweile auch Zuwachs durch ein weiteres Rentnerpaar erhalten, welches uns auch wohlgesonnen ist und fröhlich mitlachen. Das Essen ist so lecker und ich esse sogar Nachtisch, was eher unüblich für mich ist. Vor lauter Spaß und Lachen laufen mir doch Tränen die Wange hinunter und nicht aus Wut und Verzweiflung wie gestern. Das ist echt ein schönes Gefühl und ich schäme mich diesmal nicht meiner Tränen. Allerdings brauche ich mal ein Taschentuch und greife deshalb ohne hinzusehen nach meiner Tasche, die an der Stuhllehne hängt. Dabei komme ich dem Herrn, der hinter mir sitzt und offenbar auch gerade seine Hand nach unten genommen hat, sehr nahe. Unsere Finger berühren sich und ich kriege eine gewischt. Damit ich mich für diesen Funkenflug entschuldigen kann, drehe ich mich um und blicke in die blauen Strahleaugen von Charming, welcher sich jetzt bei mir auf finnisch entschuldigt. "Oh entschuldige bitte Lumikki, ich glaube zwischen uns hat es gefunkt. Geht es dir gut?", strahlt er mich an und wischt mir eine Träne von der Wange. Ich kriege schon wieder eine gewischt und überlege, welche Stoffkombi wohl für die elektrostatische Aufladung verantwortlich ist. Wir schauen uns die ganze Zeit dabei tief in die Augen, herrje hat der blaue Augen. Da drängt sich nicht nur körperlich, nein auch noch stimmlich Mandy mit ihrem Organ dazwischen und verkündet, dass sie jetzt in die Lounge wollen. Ich kann sie zwar nicht leiden, aber bin ihr in diesem Moment dankbar, dass sie diese komische Situation gestört hat. Gott was war das bitte, ich schüttle kurz den Kopf und beteilige mich dann wieder am Gespräch, die Blicke meiner dänischen Tischnachbarin und ihrer Freundin ignoriere ich dabei gekonnt. Wir wechseln dann wieder an die Bar und haben dort weiter unseren Spaß. Eigentlich hatte ich mir auch vorgenommen nicht oder nur wenig Alkohol zu trinken, doch als die beiden Rentnerladys mit der ersten Runde Genever um die Ecke kommen, springt mein Vorsatz jubelnd über Bord. Gut angeschickert torkel ich also in die Kabine und weiter auf den Balkon. Unterwegs schnappe ich mir noch etwas Bettzeug, schmeiße die Schuhe von den Füßen und lege mich dann auf eine Liege. Dass ich dabei schmunzelnd beobachtet werde, kriege ich nicht wirklich mit.