54. Kapitel Freifahrtsschein

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Da ich keinen Bock auf noch mehr solcher netten Begegnungen habe, verziehe ich mich auf den Balkon unserer Suite. Allerdings stelle ich noch panisch fest, dass da immer noch ein Doppelbett und nicht zwei Einzelbetten steht. Ich rufe also an der Rezeption an, welche mich sofort an Max weiter verbindet. Dieser muss mir jetzt zähneknirschend erklären, dass wir dummerweise ausgerechnet noch die Suite bekommen haben, in der ein Doppelbett steht und naja, dieses müssten wir uns jetzt halt teilen. Aber Herr Haber ja Gentleman sei und ihm auch versichert hat, dass dies zu keinen Problemen führen wird. Moment, wie jetzt ich soll mir nun doch mit Charming ein Bett teilen. Geht's noch, mal abgesehen davon dass der Typ riesig groß und auch nicht gerade schmal ist, ich lege mich bestimmt nicht mit dem in ein Bett. Nachher denkt der noch, dass das der Freifahrtsschein für körperliche Annäherung ist. Mir steigen während des Telefonats Tränen in die Augen und ich versuche verzweifelt meinen Gesprächspartner nicht merken zu lassen, wie beschissen es mir gerade geht. Ich schaffe es gerade noch so mich vor Ausbruch meiner Verzweiflung von Max zu verabschieden und lege auf. Jetzt ist es soweit, ich bin durch und breche in Tränen aus. Das war heute eindeutig alles zuviel. Weinend kriege ich nicht wirklich mit, wie das Schiff ablegt und lossegelt. Wieso wollte ich diese beschissene Kreuzfahrt gleich nochmal machen? Ach ja, damit ich dem Scheiß zu Hause entkomme und Ruhe finde. Hat ja toll geklappt. Ich nehme mir aus der Minibar einen Whiskey und exe ihn direkt davor. Einen zweiten nehme ich mit raus und lege mich immer noch weinend auf einen der Liegen. Zwischendurch geht die Tür zur Suite auf und ich höre Charming davor rum scherzen. Da die Balkontür nur angelehnt ist, brauche ich mich nicht einmal umzudrehen und krieg auch so alles hörbare mit. Die Tür schließt sich anscheinend von innen und er kramt offenbar in seinen Sachen rum. Ich bleibe einfach still und starr auf der Liege sitzen und hoffe, dass er nicht raus zu mir kommt. Erneut klappert eine Tür, nehme an, die Badezimmertür und wenig später kann ich ein herbes männliches Parfüm riechen, denn es kommt eine enorme Duftwolke zum Balkon raus. Na da scheint ja jemand besonders gut riechen zu wollen. Ich kann sowas nicht gut ab und stehe mehr auf den Eigengeruch meiner Mitmenschen, solange sie eine ordentliche Einstellung zur Körperhygiene haben. Es heißt ja nicht umsonst, ich kann dich gut riechen. Erneut geht die Suitetür und ich lunze doch mal um die Ecke, ob ich wieder allein bin. Japp, der Herr ist weg und ich genehmige mir den letzten Rest Whiskey. Die Schiffsglocke läutet und gibt somit das Signal fürs Abendessen. Fein, sollen sie sich doch alle die Bäuche vollschlagen, mir ist der Appetit vergangenen. Da meine Blase drückt trete ich mal den Weg ins Bad an und auf dem Rückweg schnappe ich mir noch den Prosecco aus der Bar. Glas brauche ich nicht, bin schließlich ein Flaschenkind. 

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