Missing part of Mine

26 | always lost

CHLOE

Die Whiskeyflasche war mittlerweile halb leer. Nach jedem brennenden Schluck ging es mir ein wenig besser. Ich konnte es einfach nicht fassen. Wieso hatte meine Mom etwas mit dem Bruder ihres toten Mannes?

Ich hatte mich noch nie in meinem ganzen Leben so sehr geekelt.

Alleine saß ich auf dem Boden des leeren Schulparkplatzes und ertrank meine Gefühle in Alkohol. Ab einem gewissen Zeitpunkt, hörte ich einfach auf mitzuzählen, wie oft ich mich schon aus Kummer betrank. Vielleicht war es mehr als ich zählen konnte.

Erbärmlicher ging es gar nicht.

Ich spürte, wie mein Kopf anfing zu pochen, doch ich schüttete trotzdem immer mehr von dem brennenden Getränk in mich hinein.

Ich wollte schreien und weinen, jedoch verbiet ich es mir. Vor drei Jahren entschied ich, dass ich keine Träne mehr vergießen wollte.

An dieses Versprechen an mich selbst, hielt ich mich nicht immer ... Selten passierte es, dass mich der Rausch einer Droge panisch oder emotional machte.

Diese Attacken waren das aller schlimmste.

Meine Gedanken wurden immer benebelter. Ich war so verflucht wütend! Dann sah ich die beschissene Whiskeyflasche in meiner Hand an. Gerade als ich sie mit all meiner Kraft auf den Boden werfen wollte, stoppte ich mich doch.

Mit brennenden Augen griff ich nach meinem Handy, welches seit zwei Stunden ausgeschaltet war. Jetzt hatte ich doch wieder das Bedürfnis, es an zu machen. Sofort erschienen SMS' von Jenna, die sie mir vor Stunden schickte.

Jenna: Ich habe mitbekommen wie du und deine Mom euch angeschrien habt. Alles ok?
Jenna: Was ist passiert?
Jenna: Chloe? Hallo??

Ich grübelte. Und bevor ich richtig realisierte, was ich da tat, drückte ich auf die Anrufstaste.

Es dauerte eine Minute, bis Jenna dran ging. Ich hörte sogleich die Panik in ihrer Stimme: "Chloe! Gott sei Dank. Was ist los? Was ist passiert?", quiekte sie flüsternd.

Ich blieb stumm.

"Chloe? Hallo? Bist du da?"

Ich blieb wieder stumm.

"Chloe ... Sag mir, wo du bist ... Wir können reden."

Mit großer Verächtlichkeit schnaubte ich. "Ich hasse dich."

"Wie bitte?", fragte sie ungläubig.

"Ich hasse dich. Und ich hasse meine Mom. Eigentlich hasse ich jeden auf der Welt ...", lallte ich. Der Alkohol hatte mich selbst nach den vielen Jahren immer noch schnell und fest im Griff.

"Chloe–"

"Aber der Unterschied zwischen dem Hass gegenüber dir und meiner Mom ist ... so sehr ich dich auch hassen will, es gelingt mir nicht. Nicht mehr. Zumindest nicht mehr so wie früher. Und meine Mom hasse ich bedingungslos, vestehst du?"

Dieses Mal blieb Jenna stumm.

"Und deswegen hasse ich dich. Ich hasse dich, weil ich dich nicht mehr hassen kann." Es war die Wahrheit. Egal wie sehr ich sie verdrängen wollte. Diese Wahrheit hing an mir wie eine lästige Mücke, die dem Licht folgte. Jenna Darwin hatte es geschafft ... Irgendwas wurde in mir ausgelöst. Etwas beschissenes, so viel war klar.