49 | missing dad

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CHLOE

Auf dem Weg nach oben in mein Zimmer, schwiegen wir beide, ich vermutete, dass Jenna – wie ich – über alles nachdachte und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Dadurch blieb uns gar keine Zeit zum reden.

Vor meinem Zimmer stoppte ich sie. "Geh schon mal rein. Ich komme gleich nach, okay?"

Sie nickte nur als Antwort und betrat das Zimmer alleine.

Seufzend schlenderte ich in die Küche. Mein Kopf dröhnte noch heftiger als bei einem Kater. Ich füllte mir ein Glas mit Wasser. Mit einem Schluck war dies schon leer. Doch es brachte nichts. Meine Kehle fühlte sich immer noch trocken an, so als hätte ich zwei Tage lang Sand gegessen.

Nervös knabberte ich leicht an meinen schwarz lackierten Daumennagel und sah frustriert zu der kleinen Kücken-Uhr. 19 Uhr.

Ich wünschte, du wärst hier.

Wie von selbst bewegte sich mein Körper die Hintertür raus zu unserem winzigen Garten in dem nur ein kleiner Geräteschuppen, eine Wäscheleine und zwei Blumenkasten standen.

Ich ging die wenigen schmalen Treppenstufen runter bis ich schließlich auf dem nassen Gras stand. Es regnete.

Ich atmete hörbar aus und legte meinen Kopf leicht in den Nacken.

"Also ... Äh ..." Ich räusperte mich. "Ich weiß, das ist jetzt verdammt bescheuert. Ich glaube nicht an Gott oder so, aber ich glaube an meinen Vater. Also Dad ... falls du da irgendwo bist und mich hörst ... ich muss dir etwas sagen."

Fuck, was mache ich hier?

"Ich hasse dich. Ich finde, du bist ein egoistisches Arschloch und hättest es so krass verdient, dass man dir ins Gesicht schlägt, aber ..." Ich holte tief Lust. "Du bist ... warst ... mein Dad. Ich glaube, wären du und dein egoistisches Verhalten nicht passiert, dann wäre ich nicht da wo ich jetzt bin." Ich hielt inne um nach passenden Worten zu suchen.

"Damit meine ich, dass ich mit Sicherheit nicht so abtrünnig geworden wäre ... Ich hätte wahrscheinlich nie angefangen Drogen zu nehmen, oder zu klauen, oder mich überall tätowieren zu lassen, oder ... Ich schweife ab. Obwohl ich mich selbst verabscheue, mag ich eine Sache an meinem neuen Ich: Es weiß, wie man in dieser Welt überlebt. Mein altes, wusste es nicht. Damit möchte ich nicht sagen, dass deine Tat okay war. Ich sage nur, dass das Universum einmal gnädig mit mir war. Ein verficktes Mal." Resigniert schnaufte ich.

"Jenna. Du kennst sie nicht. Sie ist toll. Nervig und aufdringlich, versnobt und reich, aber auch liebevoll, witzig und wunderschön." Ich lächelte dämlich bei der Aufzählung von ihrer Erscheinung.

Ich räusperte mich. "Na ja, ich mag sie. Ja, richtig gehört ... deine Tochter mag mal jemand anderen als Kiara. Der springende Punk, warum ich jetzt mit dir rede ist ... Ich wünschte, du wärst hier. Ich wünschte, du könntest mir Ratschläge geben, weil ... ich will das nicht verbocken. Nicht schon wieder." Meine Augen fingen verdächtig an zu brennen. "Wenn ... wenn du mich gehört hast ... dann gib mir irgendein Zeichen", flehte ich fast.

Schweigend sah ich mich im Garten um. Nichts passierte. Mit etwas anderem hatte ich ehrlich gesagt auch nicht gerechnet, allerdings packte mich ein kleiner Grad an Hoffnung. Es war wirklich extrem dämlich, hier mit dem Himmel zu sprechen und auf ein übernatürliches Signal zu warten.

Missing part of MineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt