CHLOE
june 2014, age 14Da war er nun. Der Moment, vor dem ich panische Angst hatte.
Ich stand auf, doch fühlte gar nichts. Meine Beine wollten sich nicht bewegen. Es ging einfach nicht. Ich befürchtete, sie würden einknicken, wenn ich auch nur einen Fuß heben würde.
"Komm schon, Liebling. Geh weiter", forderte meine Mom mit bebender Stimme. Sie legte ihre Hand auf meine Schulter – riss mich somit aus meiner Starre – jedoch schlug ich sie schnell weg.
"Fass. Mich. Nicht. An", warnte ich und trat von ihr weg. Vergeblich versuchte sie etwas zu erwidern, doch es kam nichts mehr aus ihr raus. Ich hoffte, sie wusste nun endlich, dass sie es nicht weiter versuchen sollte.
Ich kniff meine Augen zu und ging die wenigen Stufen bis zum Podest hoch. Hinter mir spürte ich alle Augen des gefüllten Saals auf mir.
Da stand er also. Der riesige schwarze Sarg. Und in ihm drin, mein Dad.
Als ich es endlich schaffte, meinen Blick von den unzähligen Sonnenblumen, die um den Sarg herum standen, abzuwenden, sah ich in den Sarg rein. Ein kalter Schauer schlich über meine Wirbelsäule.
Er lag auf dem Rücken mit verschränkten Händen auf seinem Bauch. Außerdem trug er den schwarzen Anzug, welchen er auf seiner Hochzeit mit Mom ebenfalls trug. Meine Mutter erklärte, dass es sein Wunsch gewesen wäre, darin begraben zu werden.
Dass es nur so aussah, als würde er schlafen, veranlasste mich beinahe zum übergeben.
Als ich wieder befürchtete, dass meine Beine einknicken würden, hielt ich mich schnell an dem offenen Sarg fest. Auf meinem Rücken erschien eine Hand, die ich direkt als Marcus' wahrnahm. Ich sah seitlich zu ihm.
Er schaute genauso furchtbar aus, wie ich. Mein schwarzes Kleid war durch die ganzen Tränen am Ausschnitt völlig durchnässt, so wie Marcus' Hemd. Seine Augen waren geschwollen, so wie sich meine auch anfühlten.
Die Hand an meinem Rücken zitterte, auch als er sie stattdessen auf meine Hand legte. "Ich kann das nicht, Marcus", flüsterte ich erschöpft.
"Ich auch nicht." Gemeinsam studierten wir unseren Vater ein letztes Mal. "Aber wir müssen. Für ihn."
"Weißt du, was mir am meisten Angst macht? Dass nichts wie vorher sein wird. Niemals." Langsam beäugte ich ihn wieder. "Marcus?" Er drehte seinen Kopf zu mir. "Wie sollen wir das schaffen?"
Hörbar atmete er aus. "Wir haben uns. Und wenn wir uns haben, können wir alles schaffen. Selbst wenn das heißt, dass wir durch die Hölle gehen ... Wir machen das zusammen, Chloe. Die Welt kann uns egal sein. Wir haben nichts mehr was uns hält, außer uns beiden."
Die Tränen flossen über meine Wangen und ich schluchzte. Marcus öffnete die Arme und zog mich an sich. Sofort versteckte ich das Gesicht in seiner Halsbeuge und schlang die Arme um seinen Nacken. "Ich will nicht ohne ihn sein."
Wir waren noch Kinder.
Kinder, die viel zu früh ihren Vater verlieren mussten.
Kinder, die nicht wussten, wie man in der Welt ohne seinen Vater überhaupt überleben sollte.
"Ich weiß, Chloe. Ich auch nicht."
Als wir wieder auf Abstand gingen, versuchte ich einigermaßen meine Augen zu trocknen, und betrachtete noch mal die ganzen Sonnenblumen. Es waren Dads Lieblingsblumen. Er machte es zu seinem Lebensziel, uns täglich daran zu erinnern, dass sie für Freiheit standen. Der schönste Tag seines Lebens, so nannte er immer wieder den Tag, als er diese Erkenntnis bekam.
DU LIEST GERADE
Missing part of Mine
Romance[Roman] emotional + spicy + romantic TRAILER AUF TIKTOK: @renas.wattpad ... Jenna Darwin, das arroganteste, sowohl beliebteste Mädchen aus der ganzen Stadt und Chloe White, ein negatives, launisches Mädchen, voller Tattoos und Wut, hassen sich. D...