81 | old behavior

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JENNA

Ich sah auf das Display meines Handys. Wieder keine Nachricht.

Ich werde dich umbringen, Chloe.

Ohne Chloe fühlte ich mich unwohl und wie ein richtiger Versager. Allein in der Cafeteria zu sitzen fühlte sich einfach falsch und seltsam an. Ich saß noch nie irgendwo alleine! Allgemein in der Cafeteria zu hocken war nicht gerade unterhaltsam und sehr ungewohnt.

Chloe und ich verbrachten jede freie Minute miteinander. Sei es auf dem Schulhof oder auf dem Dach der Schule. Dort waren wir andauernd unter uns. Es gab niemand anderen außer sie – und mich. Wir aßen Sushi, welches sie mir extra mitbrachte. Chloe selbst verabscheute den Geschmack von rohem Fisch, ich hingegen verschlang es allzuoft.

Konnte man das glauben? White brachte mich tatsächlich dazu, zu essen und es war mir nicht mehr so unangenehm. Sie respektierte mich und meinen Zustand, wollte nur helfen und war für mich da. Auch wenn wir uns ein paar mal deswegen gestritten hatten ... Sie fand heraus, dass ich immer noch an manchen Tagen nichts außer Kaugummis »aß«. Sie war so traurig, während ich sauer wurde und sie anschrie, sie solle mich doch in Ruhe lassen.

Ich bereue jede Sekunde.

Nichtsdestotrotz blieb sie ruhig. Wir vertrugen uns schnell.

Während ich dann mal doch etwas leckeres vor ihr aß, stöhnte ich genussvoll, was Chloe permanent zum Lachen brachte. Und sobald ich still weiter aß, spürte ich immer noch ihr Grinsen auf mir. Ich wusste gar nicht, was besser war: Das Essen, welches sie mir immer mitbrachte, oder doch das rumknutschen im Anschluss.

Die Küsse variierten von Tag zu Tag. Mal waren sie stürmisch und voller Verlangen ... Oftmals auch mich dem ein oder anderen Brustgrabscher, bei dem ich Chloes Hand lachend wegschlagen musste, um das zu stoppen, was danach hätte folgen können. Mal waren die Küsse dann wiederum so sanft und behutsam, dass es den Anschein machte, dass Chloe Angst hatte mich zu verletzen, wenn sich der Druck auf ihren Lippen auch nur ein Wenig verstärken würde.

Als ich also ganz alleine an einem Tisch in der Cafeteria saß und mit einer Gabel in meinem Salat herum pickte, wünschte ich mir nichts sehnlicher als Chloes Hand unter meinem T-Shirt, wie sie meine Brust umklammerte.

Hör auf, Jenna! Meine Güte, nimm dir ein Bad oder so. Du verhältst dich ja schrecklich!

Tja, so endeten Leute wie ich, die sich zu sehr an eine Person klammerten und ohne diesen jemand nicht mal richtig atmen konnten.

Unwillkürlich schweifte mein Blick die ganze Zeit zu dem Tisch, an dem ich früher ständig mit all meinen Freunden saß. Keiner der Anwesenden sah zu mir rüber.

Immer noch saß jeder an seinem Platz. Jeder außer mir und Cindy, welche übrigens mit ihren anderen Freunden an einem anderen Tisch saß.

Selbst sie hat mich keines Blickes gewürdigt.

Nachdem Oliver - so glaubte ich, hieß er - etwas sagte, lachte Cindy laut und hielt sich schnell die Hand vor dem Mund. Über ihn wusste ich nur, dass er Cindy damals half, ihren Blog zu erstellen. Er kannte sich mit Websites aus.

Mit Blick auf Cindys wunderschöne Klamotten heulte ich fast. Sie trug einen langen, braunen Mantel, darunter einen schwarzen Rollkragenpullover und eine enganliegende schwarze Jeans. Die braunen Stiefel, die sie dazu trug, erkannte ich sofort. An ihrem sechszehnten Geburtstag schenkte ich ihr die Schuhe. Kaum zu glauben, dass sie sie immer noch besaß.

Seit Cindy damals bei mir zu Hause aufgetaucht war und mir erzählt hatte, wie meine Freunde hinter meinem Rücken über mich redeten, hatte ich mit keinem einzigen mehr gesprochen. Selbst das Cheerleading hatte ich komplett ausgelassen. Auch mit Cindy gab es kein weiteres Gespräch mehr. Zwar wollte ich das wirklich dringend, hatte mich aber schlussendlich nicht getraut. Ich war einfach zu feige.

Missing part of MineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt