40 | sad mother

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CHLOE

"Ich warte oben auf dich", teilte Jenna mir mit.

"Kannst du nicht bleiben?", flehte ich. Ganz schön armselig. "Ich brauche dich, sonst schaffe ich das nicht."

In ihren Augen blitzte eine Emotion auf, die ich erst nicht deuten konnte. Ihr Blick wurde weicher, ihre Schultern entspannter und ihre Lippen spreizten sich einen Spalt breit.

Erst da merkte ich, was ich sagte. "So meinte ich das gar nicht." Ich versuchte mein angekratztes Ego zu verbergen, doch es war zu spät.

"Ach ja?", zog sie mich auf. Breit grinsend fuhren ihre Augen meinen Körper entlang. Sie durchschaute mich natürlich. "Ich gehe jetzt nach oben. Sei nett", befahl sie mir regelrecht.

Aus dem Flur hörte ich leichtes Geraschel und dann unsere knarzende Treppe.

Mit einem widerwilligen Schnauben ging ich ins Wohnzimmer.

Als meine Mutter hörte, wie ich auf sie zu kam, hob sie ihren Kopf. Sekunden davor las sie noch aus einer neuen Zeitschrift.

Mann, wie ich diese Dinger hasse.

"Chloe? Ist alles okay?", fragte sie besorgt.

"Ja ... Nein ... Ich weiß nicht." Ich setzte mich zu ihr ans andere Ende des Sofas. "Ich denke, dass ... dass du jetzt reden solltest. Über ... du weißt schon." Ich biss mir auf die Zunge, damit ich nett blieb.

"Bist du sicher?", fragte sie mich schockiert. Ihr Gesichtsausdruck war so intensiv, dass ich fast lachen musste, aber ich hielt es zurück.

"Ja. Ich gebe dir die einmalige Chance, es mir zu erklären. Fünf  Minuten. Mehr nicht."

"Chloe, Schatz. Du musst wissen, dass dein Onkel und ich ... Wir ..." Sie hielt inne um Worte zu finden für diese abgefuckte Situation.

"Deine Zeit läuft", erinnerte ich sie provokant.

Sie atmete tief durch. "Nachdem euer Vater starb, Nando zwei Wochen bei uns wohnte und danach plötzlich über Nacht verschwand, war er für Monate in Brasilien. Er hatte eine sehr schwere Zeit. Du weißt, wie nah beide sich standen. Ihn traf das alles viel zu sehr. Zu der Zeit telefonierten wir viel. Aber mehr nicht. Er hatte sein Leben, und ich meins. Nach diesen Monaten im Ausland, kam Nando wieder nach Amerika. Ich traf mich mit ihm. Er brauchte eine Unterkunft. Also lebte er wieder für ein paar weitere Monate bei uns."

Ich runzelte die Nase, da ich nicht ganz verstand, warum Mom das alles erzählte. Ich war selbst dabei und hatte das alles mitbekommen.

Auch wenn ich zu der Zeit schon mit den Drogen angefangen hatte ...

Onkel Nando summte immer morgens, wenn er uns Frühstück machte. Er liebe es mit uns Karten zu spielen. Vor Dads Tod besuchte er uns ein Mal pro Monat und brachte uns Geschenke von seinen Reisen. Ich behielt jedes einzelne beschissene Andenken, doch nachdem mein Dad starb, verfrachtete ich alles in Kisten unter mein Bett.

"Er erzählte mir, wie sehr er unter dem Verlust litt, so wie ich. Wir tauschten uns aus, erzählten uns die besten Geschichten über deinen Vater, lachten und trauerten gemeinsam. Wir verstanden uns. Wir teilten einen anderen und doch gleichen Schmerz. Wir wurden sehr enge Freunde."

"Mom, komm bitte zum Punkt", verlangte ich sanft von ihr. Okay, zugegeben, es war wahrscheinlich nicht sanft, aber es war auf jeden Fall sanfter als ich sonst nach Dingen verlangt hätte.

"Eines Abends, als wir essen gingen, erzählte er mir, dass er wieder fort möchte. Nach Argentinien. Ich flehte ihn an, nicht zu gehen. Wenn er gehen würde, würde ich meinen besten Freund verlieren. Er schenkte meinen Worten keine Beachtung." Ihre Stimme brach und sie räusperte sich. "Als er seine Sachen packte, versuchte ich ihn weiter aufzuhalten. Nichts half. Dann, zückte ich meine einzig wirkende Karte. Ich gestand ihm meine Gefühle. Völlig geschockt von meiner Aussage, starrte er mich an. Seine Augen ... ich kann mich noch ganz genau an die vielen Emotionen hinter ihnen erinnern. Ich nahm all meinen Mut zusammen und küsste ihn. Er erwidere den Kuss. Das eine führte zum anderen und wir–"

Missing part of MineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt