84 | lost reality

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CHLOE

"Mal angenommen, es wäre möglich ein gerades Loch durch die gesamte Erde zu buddeln ... Was würde passieren, wenn man in dieses Loch springt? Würde man einfach durchfallen und somit im Weltall umherirren?"

Mit zusammen gezogenen Augenbrauen starrten Marcus und ich Kyle an. Er lehnte mit einer Schulter an der Wand und wartete, bis ich aus dem Kühlschrank drei Wasserflaschen rausfischte. "Alter, was redest du da? Keine Ahnung", warf ich als Antwort zurück.

"Bist du high? Ohne mich?", fügte mein Bruder, der am kleinen Küchentisch saß, hinzu.

Kyle lachte bloß. "Sorry, musste darüber einfach nur nachdenken."

"Zum einen; man würde so unfassbar schnell fallen, dass deine gesamte Haut wegätzt und dir die Haare abfallen. Und zum anderen; wer wäre so gestört und würde freiwillig springen?", fragte ich.

"Es war nur eine theoretische Frage", meckerte er und verdrehte seine dunklen Augen.

"Natürlich", sagte ich mit einem gespielten herablassenden Ton. "Ich bin mir sicher, dass–" Das Summen der Haustür schallte aus meinem Flur. Ich rümpfte verwirrt die Nase, schloss den Kühlschrank wieder, und stellte die drei kleinen Flaschen auf dem Tisch ab.

"Es ist ..." Kyle sah zur kleinen Kücken-Uhr. "... kurz vor Neun. Wer will um diese Uhrzeit noch mit den Whites in Kontakt kommen?", neckte er uns.

"Ha-ha-ha", machten Marcus und ich sarkastisch im Chor. Ich verpasste ihm noch einen Stoß in seine Seite. "Unsere Mom hat vielleicht nur ihren Schlüssel vergessen."

Das Summen verdreifachte sich.

Seufzend huschte ich durch die Küche und den Flur bis ich genervt den Knauf drehte. Rote Haare, Sommersprossen, genervte Miene. "White. Hast du eine Minute?", fragte sie.

Irritiert schaute ich hinter mich, wo Kyle und Marcus erschienen, welche beide noch tiefere Falten auf der Stirn hatten, als ich.

"Auch schön dich zusehen, Cindy", grüßte ich sie ironisch. "Warum verdammt stehst du vor meinem Haus und willst mit mir reden?" Ich lehnte mich mit verschränkten Armen vor der Brust gegen die offene Tür.

"Ich muss mit dir sprechen. Dringend. Also ... darf ich rein?", fragte sie mit steifem Gesicht.

"Äh, klar." Ich öffnete die Tür für sie noch weiter. Daraufhin nickte sie und trat über die Türschwelle. Dabei kam mir ein Gedanke. "Moment mal, woher weißt du überhaupt, wo ich wohne?"

"Weil, nachdem ich vor etwa einem Jahr mit deinem Bruder geschlafen habe, er mir eure Adresse verriet, damit ich mir ein Taxi rufen konnte."

Ich sah zu Marcus, der mit offenem Mund hinter uns stand. Neben ihm prustete Kyle los. "Alter, wer noch alles?", fragte er meinen Bruder belustigt.

"Ich bin nicht stolz drauf, aber diese Adresse konnte ich nie aus meinem Gedächtnis löschen", keifte Cindy.

"Ah! Bestimmt weil es dir so sehr gefallen hat ... Nicht wahr?", tat Marcus auf cool.

Cindy drehte sich zu ihm um und knurrte fast schon. "Nein, eher weil ich mich danach so unfassbar dreckig gefühlt habe."

Kyle hielt sich den Bauch und lachte noch stärker. "Mann, die Weiber lieben dich ja!"

Marcus verpasste ihm einen Tritt ins Schienbein. "Halt die Klappe", schnauzte er mit finsterem Blick.

"Genug in der Vergangenheit geschwellt. Lass uns reden, White", erinnerte mich Cindy.

"Sollte ich mir vor unserem Gespräch noch 'ne Knarre besorgen?", scherzte ich wegen ihres harschen Tonfalls.

"Sehr witzig. Kommst jetzt, oder nicht?" Sie deutete ins Wohnzimmer und durchbohrte mich förmlich mit ihrem kalten Augen, was mich wirklich einschüchterte, denn sonst strahlten ihre Augen immer voller Fröhlichkeit.

Missing part of MineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt