Missing part of Mine

89 | letting down

JENNA

So leise wie möglich versuchte ich, aus einem der Wandschränke in der Küche der Whites ein Glas rauszuholen und dieses mit Wasser aus dem Wasserhahn zu füllen. Die Kücken-Uhr verriet mir, dass es immer noch kurz nach acht Uhr morgens war.

Seufzend trank ich aus dem Glas und lehnte mich mit dem Steißbein gegen eine der Theken.

Okay, zusammengefasst: Gestern flohen Chloe und ich wiedermal gemeinsam vor all unseren Problemen. Wir liefen zu ihr nach Hause, um den Rest der Welt von uns abzuschirmen. Wir stöhnten, lachten, grübelten und redeten über alles mögliche. Aber nicht über die Sache, die wirklich wichtig war: Kiara.

Sobald wir zusammen aus Barbs Haustür sprinteten, fühlte ich jedes einzelne Augenpaar, das auf mich auf gerichtet war. Und von da an stellte ich mir ein duzend Fragen.

Was bedeutet dir mehr?

Für was wirst du dich entscheiden?

Kannst du es überhaupt schaffen?

Cindy oder Barb?

Chloe oder mein Ruf?

Akzeptanz oder Eifersucht?

Ich konnte nicht beides ausleben. Tagsüber die brave Jenna, die mit Barb und Abby ins Nagelstudio oder in die Mall geht, und Nachtsüber Shelly, die mit Chloe White stundenlang redete oder sie küsste.

Der Grund, warum ich mich so lange vor all diesen Ultimaten drückte, war schlichtweg der, dass ich mich nicht entscheiden konnte und wollte. Ich brauchte beides.

"Guten Morgen, Blondie", erschreckte mich Marcus' Stimme. Ich zuckte zusammen und ließ fast das Glas fallen.

"Erschreck mich doch nicht so!", schimpfte ich.

Mit einer Zigarette hinter seinem Ohr geklemmt, schlenderte er zu mir in die Küche und kicherte. "Sorry."

Schnell verschränkte ich meine Arme vor der Brust, da ich keinen BH trug, versuchte es aber wie eine lässige Geste wirken zu lassen.

"Wie geht's dir?", erkundigte er sich und lehnte sich gegenüber von mir ebenfalls mit dem Steißbein gegen die Theke.

"Gut", antwortete ich schlicht.

"Ist auch wieder alles in Ordnung wegen ... du weißt schon ... Kiara?"

Seufz. "Ja, denke schon." Lüge.

"Dir ist bewusst, dass Chloe dir niemals wehtun wollte, oder?"

Ich knirschte ungewollt mit meinen Zähnen. "Ja, ich weiß."

"Gut, weil ich glaube, dass sie das alles mehr mitnimmt, als du denkst."

"Ich kenne sie, Marcus. Und ich verstehe sie. Nur manchmal ... ist es einfach nur unfair, verstehst du?"

Er nickte. "Ab und zu muss man abseits der Fairness handeln. Nur durch sowas kann man Risiken eingehen."

Ich atmete tief durch. "Befürchtest du ... dass sie Kiara immer noch liebt?"