Kapitel 94

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Jills Sicht:

Ich konnte kaum etwas spüren, die Medikamente verschleierten jegliche Emotionen. Mein Körper und meine Seele fühlten sich taub an. Justin hatte mich unter seine Obhut genommen. Sie hatten alle wichtigen Medikamente zu ihm nach Hause gebracht und dort war ich nun. Ich lag in seinem Bett, mit Blick auf die unendlichen Weiten Hollywoods. Doch ich empfand nichts, weder Glück noch Trauer. Immer wenn sich nur der Ansatz einer Emotion zeigte, schraubten sie die Dosis Hoch und setzten mich wieder unter Drogen. Zu groß war die Angst, dass meine nächste Panikattacke meine letzte sein könnte. Ich war Justin dankbar für seine Hilfe, auch wenn ich nicht wusste was er genau getan hatte. Niemand hatte mir erzählt was sie wussten oder was passiert war, sie wollten auch nichts von mir hören. Vermutlich um mich zu schonen, aber stattdessen fraß ich alles in mich hinein. Ich konnte Justin ansehen wenn er nervös war oder es ihm nicht gut ging, dazu kannte ich ihn zu gut.

Doch er weihte mich nicht ein, was war das für ein Leben das ich hier führte? 

Wie jeden Morgen um kurz vor neun kam Justin herein und brachte mir ein Frühstück, ich tat immer so als wäre ich grade erst aufgewacht, dabei hatte ich die ganze Nacht kaum schlafen können. Auch wenn die Medikamente meine Emotionen verschleierten, konnten sie nicht die Bilder aus meinem Kopf waschen. Also lag ich jede Nacht wach und ließ die Bilder in meinen Kopf kriechen, ich überlegte was ich hätte anders machen können, damit es nicht so gekommen wäre. "Guten Morgen Jill, wie hast du geschlafen?" fragte er mit einem Lächeln im Gesicht, wie jeden Morgen. Doch ich wusste, dass dieses Lächeln voller Sorgen steckte. Auf dem Tablett lag ein Joghurt mit verschiedensten Früchten, Orangensaft und ein entkoffeinierter Kaffee. Es war süß wie gut Justin mich kannte, er wusste dass ich meinen morgendlichen Kaffee vermisste. Doch weil ich noch kein Koffein zu mir nehmen durfte, kaufte er mir extra entkoffeinierten. Ich musste tatsächlich ein wenig Lächeln bei dem Anblick des Kaffees, es waren die Kleinigkeiten die für mich momentan zählten. 

Meine Gefühle für Justin waren gemischt, einerseits war ich sauer auf ihn, sauer weil er mich in jener Nacht in den Wald getrieben hatte. Ich weiß wie viel er vermutlich für mich getan hatte, dass ich ohne ihn tot gewesen wäre. Vermutlich hätten sie mich früher oder später sowieso geschnappt, aber trotzdem war ich ihm irgendwie böse gewesen. Andererseits war er auch der einzige den ich überhaupt sehen wollte, ich wusste selber nicht wie ich fühlen sollte. 

"Wann erzählst du mir endlich was du weißt." fragte ich schließlich, mit einem gleichgültigen und kalten Unterton. Er sah mich erschreckt an, vermutlich weil ich die letzten Tage kaum etwas gesagt hatte. Ich nahm einen Schluck Kaffee und ließ den Geschmack auf mich wirken. "Jill, ruh dich noch etwas aus." sagte er schließlich und blickte nervös auf seine Hände. Ich rappelte mit langsam auf:"Bleib bloß liegen!" rief er förmlich und beugte sich zu mir. Ich blickte ihm in die Augen:"Ich hasse dich dafür, dass du mich in den Wald getrieben hast." sagte ich ruhig, während er nur wenige Zentimeter vor meinem Gesicht war. In seinem Blick war Leid zu erkennen:" Ich weiß." sagte er vorsichtig, "und es tut mir so leid." fuhr er fort und atmete tief aus. "Ich will dass du mit mir redest und mir alles erzählst, egal was die Ärzte sagen." erklärte ich ernst. "Diese Medikamente machen mich sowieso emotionslos." fügte ich als Rechtfertigung hinzu. 

Justin guckte mich unsicher an:" Na schön....." begann er und dann erzählte er mir alles, was er in den vergangenen zwei Wochen erlebt hatte. Und trotz der Medikamente empfand ich Dankbarkeit. Justin hatte wirklich alles menschen mögliche getan um mich zu retten. "Justin, meine Tante und Matt wollen an das Erbe heran. Deswegen haben sie mich umbringe wollen, damit ihnen das Drogenkartell gehört. Wenn sie erfahren, dass ich noch lebe, und das werden sie bald, dann werden sie es wieder versuchen." sagte ich so klar und deutlich wie es nur ging. Justin musste verstehen in welcher lüge ich mich befand:" Du bist der einzig dem ich traue." fügte ich hinzu und ein schimmern der Hoffnung erschien in seinen Augen. "Die Polizei bewacht dieses Haus. Solange du hier bist, bist du sicher." erklärte er und streichelte über meine Hand. 

"Danke." sagte ich knapp und unsere Blicke trafen sich erneut, trotz allem lieg dieses Knistern in der Luft. Diese Knistern, welches schon immer zwischen Justin und mir gewesen war. Man konnte es förmlich anfassen und ehe ich mich versah lagen Justins Lippen auf meinen. Unsere Ließen verschmolzen ineinander und unser Zungen tanzten. Er hielt mit seiner Hand meinen Kopf und ich fuhr ihm durch sein weiches Haar. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, als hätten unsere Körper weit auf diesen Moment gewartet. Ich wollte nicht das es aufhört, doch Justin beendete den Kuss und streichle mir eine Haarsträhne hinter die Ohren. "Es tut mir leid–" begann er doch ich schüttelte den Kopf und unterbrach ihn mit einem Lächeln, einem ernst gemeinten Lächeln. "Das war wundervoll." sagte ich ruhig und er nickte glücklich. "Ich habe dich vermisst." antwortete er und legte sich neben mich. "Erzähl mir etwas schönes." fuhr ich fort, als Justin meinen Arm streichelte. Er überlegte einen Moment:" Als ich in das Haus deiner Tante eingebrochen war, da schaute ich mir die Fotoalben von deiner Kindheit an." bang er und ich lauschte seiner beruhigenden Stimme. "man warst du ein festes Kind." fuhr er fort und ich musste losprusten vor Lachen. "Hey! Ich wette du hattest auch noch kein Sixpack mit drei." rechtfertigte ich mich und wir mussten Beide grinsen. "Na klar, ich war schon seit meiner Geburt ein Frauenmagnet." erklärte er und ich hob meine Augenbraue. Doch dann lachten wir Beide, in diesem Moment fühlten wir uns das erste mal seit langem unbeschwert, normal, wieso hatte es nicht ewig so bleiben können.

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