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Carla.

Den Abend am Montag schlief ich direkt um 22 Uhr ein. Nonna, Valeria und Chiara waren noch im Wohnzimmer und unterhielten sich, während Sergio mit seinen Freunden aus war. 

Dafür wache ich am nächsten Morgen früher auf und gehe, nachdem ich mich frisch und fertig gemacht habe, aus dem Haus um zu spazieren. Die kühle Morgenluft lässt mich klarer denken und das gefällt mir.

Man kann sagen, was man will, aber die Luft in einem anderen Land, ist immer anders. Vor allem im Heimatland.

Auch wenn ich mein Smartphone dabei habe, ist es immer noch auf Flugmodus. Ich will wirklich meine Zeit hier genießen und das tue ich auch.

Mit Bryson, Russ und G-Eazy. Ja, mittlerweile habe ich sogar eine kleine fangirl Phase für den Bay boy und ich bereue keine Sekunde.

Doch nach zwei Stunden laufe ich zurück nach Hause und komme rechtzeitig zum Frühstück an. Mit Nonna und Valeria. Chiara und Sergio sind arbeiten.

„Guten Morgen", rufe ich nun besser gelaunt und setze mich an den Tisch, nachdem ich mir meine Hände gewaschen habe.

„Morgen Carla, hast du gut geschlafen?", fragt Valeria mich und füllt eine Tasse mit Espresso für mich.

„Ja sehr gut sogar. Es tat gut mal früher ins Bett zu gehen", antworte ich ihr lächelnd und beginne mit meinem Frühstück. „Ich hoffe nur, dass ihr kein Problem damit habt, wenn ich nach demFrühstück wieder lerne?"

„Oh Valentina, Kind", lacht Nonna und legt eine Hand auf meine, welche auf dem Tisch liegt. „Du kannst hier so viel lernen, wie du willst, wir sind dir nicht sauer. Hauptsache du bist da, dass reicht uns."

Ich lächle beide Frauen an und esse schließlich weiter. Mehr als glücklich schätzen, kann und will ich mich nicht.



Nachdem ich bis zum Abend hin gelernt und an meiner Hausarbeit gearbeitet habe, gehe ich runter in das Wohnzimmer und entdecke dort meine Nonna, wie sie am Telefonieren ist. Sie redet ab und an auf Deutsch, aber mehr auf Italienisch. Mit wem spricht sie?

„Oh, da ist sie ja", lächelt sie mich an und redet einfach weiter. Das dauert ganze fünf Minuten, bis sie auflegt. „Das war deine Mutter, sie wollte wissen wie es dir geht."

„Mir geht's blendend, Nonna", sage ich und setze mich zu ihr.

Nonna mustert mich gründlich und schüttelt ihren Kopf. „Carla Valentina Di Santis, sei ehrlich. Wie geht es dir wirklich?"

Oh Mamma, was hast du ihr bloß gesagt?

„Nonna-"

„Nein Carla", unterbricht sie mich sofort. „Ich weiß, solche Gespräche führst du gerne nur mit deinem Nonno, aber er ist nicht mehr hier und ich habe viel von ihm gelernt. Ich habe ihn geliebt mit all seinen Ecken und Kanten. Ich habe jeden seiner noch so schlimmen Fehlern verziehen, weil ich wusste, dass er mich liebt. Und sieh mich an, ich bin eine Witwe und liebe deinen Nonno noch immer."

Das bringt mich zum Lächeln. Sie hat ihn wirklich vom ganzen Herzen geliebt und tut es immer noch.

„Deine Mutter hat mir schon erzählt, dass du Kummer wegen eines Jungen hast", spricht sie weiter und beugt sich zu mir. „Willst du mir erzählen wie er so ist?" Ich nicke kurz und sehe sie einfach nur an. „Und ich will nicht hören, was euer Streit war. Ich will einfach nur wissen, wer und wie der junge Mann ist, der meine Stellina glücklich macht."

Wieso glauben alle, dass er mich glücklich macht? Ich habe stundenlang wegen ihm geweint?

„Also, ich dachte zuerst er sei einer dieser typischen Kanacken, aber nach unserem ersten offiziellen Treffen hat es sich anders heraus gestellt. Er ist Albaner und 21 Jahre alt, hat ebenfalls im Oktober Geburtstag und wirklich einer der ersten Jungs, der Interesse an mir gezeigt hat. Wenn ich ihm etwas erzähle, fragt er mich zu dem Thema tausend mal aus, will jedes kleinste Detail darüber wissen. Wir haben auch mal darüber diskutiert, wer bezahlen soll, bis ich ihm dann erzählt habe, dass ich es nicht tue, um ihn zu beeindrucken, sondern weil ich mich selbst finanzieren kann", erzähle ich ihr von Dardan und lächle vor mich hin.

„Er bringt mich immer zum Lachen, egal ob ich möchte oder nicht. Wir telefonieren ständig, schicken uns gegenseitig Bilder von unserem Essen, wobei er es am Tag mehrmals macht als ich es getan habe. Er liebt Essen mehr als alles andere."

Bei meinem letzten Satz lächelt Nonna auf. Das würden alle Großmütter. Hauptsache die Enkelkinder essen mehr als sie Platz haben. „Er fragt mich immer wieder nach meinem Befinden, wie mein Tag war. Er wirkt oft beschützerisch und ich glaube, eifersüchtig wäre er auch. Ist zwar nicht gesund, aber ziemlich attraktiv, oder nicht?"

Nonna und ich lachen etwas, während ich mich zurück lehne und weiter über Dardan nachdenke. „Aber er ist auch stolz, denke ich. Du kennst ja Egzona oder nicht?", frage ich meine Großmutter, welche nickt. „Menschen aus dem Balkan sind eben sehr.. stolz. Genauso wie wir Südländer."

Und dann denke ich an den Abend zurück, als er mich mit Nachrichten und Anrufen bombardiert hat, weil ich wegen meinem Kater den ganzen Tag schlief. Es war viel zu süß. „Er hat mir mal gesagt, dass ich das einzige Mädchen bin, dem er hinterher rennt. An diesem Tag hat er mich mit Nachrichten und Anrufen auf dem Handy terrorisiert und mich aus dem Schlaf gerissen. Wir haben uns danach noch getroffen, ziemlich spät und du kennst Papa ja. Er hätte mich niemals rausgelassen, wenn Rosa nicht gewesen wäre. Wir waren zusammen unterwegs, haben etwas zu essen gekauft und geredet. Nonna, er ist schon fast perfekt. Ich weiß gar nicht, womit ich so einen tollen Menschen wie ihn verdient habe."

Nonna lächelt mich weiterhin an und nickt leicht. „Hör zu, Stellina", fängt sie an und streicht mir über meinen Arm. „Jeder deiner Freunde weiß was passiert ist, und weiß auch, dass dieser Junge dich glücklich macht. Ich habe nur gehört wie er ist und sehe es in deinen Augen. Du magst ihn, du magst ihn mehr als mögen. Du lächelst, wenn du über ihn sprichst und dieses Lächeln erreicht deine Augen. Sie funkeln. Und ich will nicht, dass dieses Funkeln ihren Glanz in deinen Augen verlieren. Mir ist egal, was dieser junge Mann verbrochen hat, und ich schätze mal, es tut ihm Leid und er sieht auch seinen Fehler ein. Aber er hat hunderte von Dingen bei dir erreicht, welche du ihn mit einem Fehler seinerseits bestrafst. Tu ihm das nicht an, okay?"

Und da ist mein Zeichen, welches mir mein geliebter Nonno geschickt hat. Sein Engel, welcher noch am Leben ist und mir einen Ratschlag gibt. Einen wirklich guten Rat.

„Danke Nonna."

𝖸𝖫𝖫𝖨 𝖨𝖬. | 𝘿𝘼𝙍𝘿𝘼𝙉.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt