Carla.
„Wieso spricht er dich überhaupt an?", schnaubt er genervt auf.
Dardan und ich telefonieren nun seit fast zwei Stunden miteinander. Ich kam vor zwei Stunden nach Hause, habe gegessen und dann hat er mich auch schon angerufen, mit der Begründung, dass er meine Stimme vermissen würde.
Nach anderthalb Stunden, in denen wir über belangloses Zeug sprachen, fragte er mich nach meinem Tag und ich erzählte ihm alles ausführlich. Jetzt reden wir über Poyraz, aber ich kam nicht mal dazu, weiter zu sprechen.
„Darf ich weiter erzählen oder willst du dich weiter über ihn aufregen", frage ich ihn lachend und lege mich quer auf das Bett hin.
„Carla, ich mag ihn nicht", zischt er laut vor sich hin, aber seufzt dann schließlich. „Aber okay, rede weiter."
„Danke", grinse ich vor mich hin und erzähle dann schließlich weiter, was der junge Student mir gesagt hat. Nachdem ich es Dardan dann auch gesagt habe, schweigt er für ein paar Sekunden. „Was ist? Bist du noch dran?"
„Du kannst keinen Kiffer aus dieser Szene holen, wenn es ihr gefällt", antwortet er mir dann. „Selbst wenn sie für Wochen oder Monate aufhören würde. Sie wird es vermissen und wieder irgendwie da dran kommen."
„Und was mache ich jetzt?", frage ich ihn und seufze verzweifelt auf.
„Schick sie in Therapie", meint er völlig ernst.
„Dardan", mahne ich und rolle mit den Augen.
„Tut mir leid, shpirt", sagt er dann und atmet hörbar auf. „Versuch sie einfach mal mit deinen Freunden anzufreunden. Ich weiß, ihr seid eher die Alkoholiker und so. Und Kiffer sind total dagegen. Aber versucht sie dann erstmal mit normalen non-alcoholic treffen zu ziehen. Danach kannst du ja mal schauen."
Er spricht davon, als hätte er so eine Phase auch mal hinter sich gehabt. „Hast du mal gekifft?", frage ich ihn neugierig und setze mich auf.
„Ja, wer denn nicht?", lacht er. „Man sollte sowas in seinem Leben einmal probiert haben."
„Aha", gebe ich trocken zurück und schließe meine Augen. Ich bin dann wohl eine von dieser Sorte, die nicht mal probiert hat.
„Wow, sag nicht, du hast noch nie", sagt er überrascht und hört mitten im Satz auf. „Willst du mal?"
„Um ehrlich zu sein, nein. Ich hab Angst davor."
„Vale, das ist wirklich keine Einstiegsdroge, wie jeder es sagt. Wenn dann ist es Alkohol und Zigaretten. Davon wird man eher süchtiger als von Gras, weil du an sowas schwer ran kommst", erklärt er mir. „Und wenn du es dann doch noch irgendwann machen willst, dann bitte mit mir, ja?"
„Mit dir?", lache ich und bekomme plötzlich Schluckauf.
„Ich denk an dich", höre ich ihn lachen und schüttle den Kopf.
„Und küsst wahrscheinlich eine andere", gebe ich zurück und japse wieder.
„Nein, in Gedanken küss dich nur dich. Jetzt gerade chille ich mit meinen Jungs im Studio und nah, ich will keinen von denen küssen", lacht er erneut auf. „Ich leg auf und melde mich später, okay baby?"
„Okay baby", grinse ich auf und lasse ihn wieder einmal lachen. Ich liebe es, wenn er lacht. Es gibt nichts schöneres.
„Ich liebe dich", sagt er dann, bevor er auflegt und mich mit einem geschocktem Gesicht an der Leitung hängen lässt.
Er hat mir gesagt, dass er mich liebt und dann aufgelegt. Einfach so. Wieso macht er bitte sowas? Er soll das nicht machen. Jetzt werde ich die ganze Zeit darüber nachdenken und ich weiß nicht, ob ich ihn darauf ansprechen kann oder nicht.
Ich muss ihn darauf ansprechen. Was anderes bleibt mir ja nicht übrig.
Aber was tue ich jetzt mit der restlichen Zeit, die ich noch habe, bis ich schlafen gehe? Soll ich was für die Uni tun, oder einfach mit einer Serie weiter machen?
Was überlege ich da bitte noch. Ich hab die letzten zwei Monate des letzten Jahres nur mit lernen verbracht, dass ich nicht mal mehr daran denken sollte. Also schalte ich meinen Fernseher an und zappe auf Netflix. Sofort schalte ich Friends ein und lasse die Serie über mich ergehen. Ich liebe die Serie, das habe ich schon mal erwähnt, aber ich bekomme auch kaum genug davon.
Nach mehreren Folgen, an denen ich hier einfach nur in meinem Bett liege, vibriert mein Handy wieder auf. Ich stoppe die Folge und greife nach meinem Smartphone, wo ich den Anruf gleich annehme.
„Ja", sage ich einfach nur und schaue auf meine Uhr. Es ist kurz vor zehn Uhr abends. Ich habe fast drei Stunden lang Friends geguckt.
„Hi", meldet sich die Person hinter der Leitung und lässt mich lächeln. Mein Freund.
„Cuore mio", lächle ich vor mich hin und lege mich auf die Seite. „Du hältst dich wirklich an deine Worte."
Er lacht leise auf. „Ja. Ein Mann, ein Wort." Ich rolle mit den Augen, obwohl er recht hat. Immer wenn er sagt, er würde sich später melden, dann hält er es auch ein. „Ich wollte dir nur sagen, das ich dir dieses Mal jemanden vorstellen will."
Mein Lächeln verblasst. Wen will er mir bitte vorstellen? Oh nein nein nein. Dafür bin ich noch nicht bereit.
„Dardan, ich weiß nicht, ob ich das schon kann", nuschle ich und schließe meine Augen.
„Komm schon", ermutigt er mich. „Hey, du hast Tomi und Mirlind kennengelernt und hast dich gut mit ihnen verstanden. Mit Tomi sogar noch mehr, weil ihr beide miteinander getrunken habt und mich es wirklich abgefu-"
„Komm zum Punkt", lache ich und unterbreche ihn.
„Mein Bruder will dich kennenlernen."
Sein Bruder? Wenn es nur sein Bruder ist, dann sollte es ja klappen?
„Okay, und für wann?", frage ich dann und setze mich in meinem Bett auf. „Warte kurz, ich muss eben in meinen Kalender gucken, wegen den Vorlesungen."
Er atmet aus und sagt dann, das er warten würde. Währenddessen schaue ich in meinen Kalender für diese Woche und sehe, dass ich Gottseidank für diese Woche nur noch Mittwoch und Freitag Vorlesungen habe. Aber dafür muss ich am Dienstag und Donnerstag arbeiten.
Das würde jetzt das restliche vierte Semester so verlaufen. Danach habe ich mein Master und kann mich noch immer entscheiden ob ich zwei Semster dran hänge oder nicht.
„Ich würde sagen, am Donnerstag oder Freitag", schlage ich vor. „Ich arbeite Donnerstag nicht lange und Freitag hab ich nur bis zum frühen Nachmittag Vorlesungen."
„Wie lange arbeitest du am Donnerstag?", höre ich meinen Freund fragen und schaue wieder in den Kalender.
„Bis 15 Uhr", erwidere ich.
Er ist für einen Moment still, bis er mit jemanden auf Albanisch spricht und dann laut los lacht. „Ani", lacht er noch immer und atmet dann tief durch. „Wir treffen uns dann um 17 Uhr, ja? Ich schick dir die Adresse, ylli im."
„Ist gut. Dann sehen wir uns am Donnerstag."
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𝖸𝖫𝖫𝖨 𝖨𝖬. | 𝘿𝘼𝙍𝘿𝘼𝙉.
Fanfiction„Ich fick mein Leben." „Während du dein Leben fickst, ficke ich dich." *** Carla Valentina Di Santis ist eine zwanzig jährige BWL Studentin. Seitdem sie 14 ist, hat sie ihr komplettes Leben durchgeplant...