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Carla.

Nervös trommle ich meine Finger über das Lenkrad und warte darauf, dass Dardan seinen Koffer verstaut.

Es ist eine Woche vergangen, in welcher ich mich mit Vorlesungen, Arbeit und Lernen beschäftigt habe. Die meiste Zeit aber hatte ich immer wieder Kopfschmerzen, da ich so vertieft darin war, dass ich immer mit einem hämmernden Kopf eingeschlafen bin.

Nicht einmal Dardan's Stimme, welcher ich gelauscht habe, half mir dabei.

„Hast du es bald?", rufe ich und seufze genervt auf. Dass er sogar die Koffer perfekt positionieren muss, ist echt ein Fall für die Klapse.

„Beruhig dich mal", lacht er, als er auf dem Beifahrersitz Platz nimmt und sich anschnallt. „Es ist nicht mal acht Uhr und du nervst mich jetzt schon."

Sobald er angeschnallt ist, fahre ich los und folge meinem Navigationsgerät. Wir würden in zwei Stunden in Freiburg Rust ankommen, sofern der Verkehr mitmacht. „Okay, wie wär's, ich fahre und du schläfst? Ich kann nämlich wirklich keinen unausgeschlafenen, schlecht gelaunten Dardan ertragen."

„Du bist selbst schlecht gelaunt, amena", ruft er und versucht sich zu verteidigen. Dabei wirft er seine Arme in die Höhe und schaut mich mit einem ernsten Blick an. Ich würde diesen ja auch wirklich für voll nehmen, aber er sieht echt müde aus und das wirkt wiederum süß an ihm.

„Sprich nicht so mit mir. Ich bin keiner deiner Jungs, Mushkolaj."

„Sorry, ylli im", gähnt er und lehnt seinen Kopf mit einem harten Knall gegen das Fenster. „Gute Nacht, baby."

Und er schläft. Ziemlich lange. Fast anderthalb Stunden, in welcher ich der Navigationsstimme sowie dem Radio lausche. Immer wieder höre ich, wie er ein und ausatmet. Zudem weiß ich, dass er gestern noch ziemlich lange im Studio war, um an einigen Songs zu feilen. Das ist auch ein Grund, weshalb er ausgeknockt neben mir sitzt und friedlich vor sich hin schlummert.

Doch schon nach anderthalb Stunden steht er dann auf und streckt sich laut gähnend aus, sodass er mit seiner Hand meinen Kopf berührt. Naja, eher schlägt als berührt.

„Aua", rufe ich und lehne mich nach vorne - bedacht dabei - meine Konzentration nicht zu verlieren. „Was soll das, Dardan?"

Me fal, Vale", entschuldigt er sich leise lachend und legt seine Hand nun an meinen Hinterkopf um diesen zu kraulen. „War nicht mit Absicht."

Ich genieße seine Krauleinheiten, doch davon werde ich immer müde. Und sowas kann ich auf der Autobahn wirklich nicht gebrauchen.

„Dardan, wenn du willst, dass wir heil ankommen, musst du damit aufhören", sage ich und blicke kurz zu ihm. 

„Wir können auch tauschen?", schlägt er mir grinsend vor, doch ich schlage nur seine Hand von meinem Kopf weg. „Hey!"

„Du hast keinen Führerschein, du Lappen", zische ich schmunzelnd und tippe mit meinen Fingern auf dem Lenkrad herum. „Außerdem hast du mich damals angelogen, als du meintest, dass du dabei bist."

Dardan lacht kurz auf und schaltet das Radio ab. „Ja, ich wollte dich beeindrucken und vor allem wollte ich nicht, dass du denkst, ich sei ein Opfer, der mit 20 damals immer noch keinen Lappen hat."

Ich rolle mit den Augen und sage nichts dazu. Aber ich kann mir einfach keinen Kommentar verkneifen. „Macht ja nichts, dafür hab ich jetzt zwei Lappen."

„Autsch", lacht er auf und verbindet sich mit dem AUX Kabel. „Ich kann dir auch ein Auto schenken."

Genervt brumme ich auf und fahre aus der Autobahn heraus. Endlich, denn länger wollte ich nicht fahren. „Ich will nicht, dass du mir ständig etwas teures kaufst, Dardan", gebe ich zischend zurück und werfe ihm einen mürrischen Blick zu. „Wann hörst du denn endlich auf damit?"

„Sobald du meinen Nachnamen trägst, werde ich damit aufhören", erwidert er schmunzelnd und lässt mein Herz für einen Moment schneller schlagen. „Aber auch nur, weil ich dafür bin, unsere Konten zusammen zulegen."

Heftig schüttle ich mit dem Kopf und grinse. Ja, er kann süß sein. „Ich werde definitiv nicht mein Konto mit deinem zusammenführen. Am Ende weiß ich nicht mehr, wie viel wir drauf haben, weil es zu viel ist."

„Was wolltest du schon immer mal haben?", fragt er mich aus dem Nichts und lässt mich verwirrt auf die Straße gucken.

„Das was ich immer haben wollte, kann man nicht mit Geld bezahlen", antworte ich ihm darauf und sehe ihn kurz an. Dabei lächle ich auf und greife nach seiner Hand. „Ich hab meine Familie an meiner Seite, mein Studium fast beendet und noch ein Bonus fürs Leben bekommen."

„Ach ja? Was ist denn dieser Bonus fürs Leben?", will er wissen.

„Du."

Er legt seine Hand in meine und drückt diese kurz, ehe er sie anhebt und mir einen Kuss auf den Handrücken haucht. „Ich liebe dich, ylli im."

„Ich liebe dich auch, cuore mio."

Die restlichen zwanzig Minuten fahren wir noch immer redend weiter. Oder singend. Bis wir schließlich in der Einfahrt der ganzen Hotelanlagen ankommen. Der Parkplatz wurde ausgeschildert, weshalb ich auch in diesen hineinfahre und nach einer Lücke suche. Dardan ebenfalls.

Als ich einen Parkplatz finde, halte ich an und sehe zu Dardan. „Meinst du, ich passe da in die Lücke rein?"

„Du oder das Auto?"

Ich hole aus und schlage dem Albaner neben mir ziemlich fest gegen seine Schulter. Das ich ihn gerade noch süß genannt habe, nehme ich wieder zurück. „Was bist du jetzt so, aller?"

„Was denn?", grinst er mich unschuldig an und hebt seine Hände in die Höhe. „Du hast gefragt, und ich hab geantwortet."

„Am besten frage ich dich nie wieder, wenn es mit Autos zu tun hat. Steig aus."

„Steig du doch aus?", gibt er frech zurück.

„Dardan, dein Ernst? Wer soll dann bitte das Auto parken? Du ja nicht, weil du noch immer keinen Führerschein hast", zische ich genervt auf und drücke ihn in Richtung Tür. „Los."

Seufzend verlässt er den Wagen und stellt sich einige Schritte davon entfernt hin. Sofort konzentriere ich mich mein Auto in die Parklücke zu lenken und bin auch schon nach wenigen Minuten fertig. Frustriert steige ich aus und knalle die Tür hinter mir zu. Dardan applaudiert und kommt grinsend auf mich zu. „Mach dich nützlich und trag die Koffer", fauche ich ihn an, bevor er etwas sagen kann.

„Vale aller. Benimm dich nicht wie eine Bitch", sagt er und öffnet den Kofferraum um unser Gepäck herauszuholen. Auf seinen Kommentar erwidere ich nichts und schaue ihn einfach nur zu. Nachdem er die Koffer auf den Boden abgestellt und die Haube geschlossen hat, schließe ich den Wagen ab und greife nach meinem kleinen Koffer. „Okay, Vale. Warte mal", ruft er mir nach und joggt auf mich zu. „Prit!"

Jetzt fängt er auch noch an Albanisch zu sprechen? Sollte ich ihm mal langsam Italienisch beibringen?

Dardan packt mich am Arm und wirbelt mich zu ihm herum. „Ich sagte warte", fährt er mich an, wobei er die Worte eher zischend sagt. „Kannst du nicht einmal auf mich hören, wenn ich was sage?"

„Kannst du nicht einmal aufhören mich zu beleidigen?", schieße ich zurück und sehe ihn dabei funkelnd an. Ich mag es überhaupt nicht, wenn mich irgendjemand bitch nennt. Und schon gar nicht sollte es mein Freund tun.

„Das war nicht so gemeint, baby. Ehrlich nicht", lächelt er mich an. Doch ich bleibe standhaft und sehe ihn immer noch mit einem funkelnden Blick an. „Komm schon, Vale. Du kannst mir nicht lange sauer sein. Du liebst mich."

Er pickst mir in meine Wange, was mich langsam aber sicher zum Schmunzeln bringt.

Verdammt. Ja, ich liebe ihn und ja, ich kann nicht lange sauer auf ihn sein. Nicht, wenn es keinen richtigen Grund dazu gibt.

𝖸𝖫𝖫𝖨 𝖨𝖬. | 𝘿𝘼𝙍𝘿𝘼𝙉.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt