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Carla.

Ich stehe wie angewurzelt vor der Haustür und weiß nicht, was ich jetzt machen soll. Es ist das zweite Mal, dass wir uns nun gestritten haben. So wirklich einen Streit hatten.

„Carla", vernehme ich Rosa's Stimme hinter mir und drehe mich zu ihr um. „Alles okay?"

„Nein", hauche ich und blicke wieder zur Tür. Ich muss ihm nachgehen, aber Dardan ist noch bei uns und ich kann ihn auch nicht einfach hier lassen. „Ich komme sofort wieder", sage ich dann entschlossen, ziehe sofort irgendwelche Schuhe an und stürme aus der Tür. Kaum habe ich die Tür unten geöffnet, stoße ich gegen jemanden und blicke zu der Person auf. Mein bester Freund. „Micah."

Dieser sieht mich einfach nur an und seufzt laut auf. „Okay, sorry Carla", sagt er dann und fährt sich durch seine Haare. „Ich hab vielleicht ein wenig überreagiert. Ich weiß, dass Dardan dich glücklich macht, aber er hat dich an diesem Tag echt verletzt und das hat mein Herz zerbrochen. Ich liebe dich und ich mags nicht, wenn man dir weh tut. Ich kann es überhaupt nicht leiden, wenn du vor mir weinst, diese Zeiten sollten wir schon hinter uns haben. Stattdessen wiederholt es sich wieder. Und dann sehe ich ihn dort sitzen und da ist auch schon das Fass übergelaufen." Ich schlucke leicht und nicke nur auf seine Worte. „Ich bin vielleicht auch ausgetickt, weil ich eifersüchtig bin. Ich habe dir schon mal gesagt, dass kein Kerl denken soll, das er die Nummer eins in deinem Leben ist, denn das bin ich. Ich bin immer an deiner Seite geblieben, egal was los war. In der Schule, als du von allen gemobbt wurdest, als dein Nonno gestorben ist, dein erster Liebeskummer wegen keine Ahnung wer es war, dann die Sache mit Riccardo und Dardan. Ich war immer da und du hast dich dazu entschieden, ihm zu erst zu schreiben, als du wieder zurück warst."

Während er so vor sich hinspricht, bekomme ich Tränen in den Augen. Ich würde niemals jemanden mehr lieben können als den Jungen vor mir. Er ist mein Herz und meine Seele. Er kennt mich besser als jeder andere und liebt mich mehr als jeder Junge es jemals in diesem Leben es tun könnte. Und das hat er mir jedes mal bewiesen.

„Nein, Carla. Nicht, hör auf zu weinen", spricht er leise und nimmt mich in den Arm. „Scheisse, es tut mir Leid, Tesoro. Ich will nicht, dass du weinst. Nicht wegen mir. Niemals wegen mir."

Ich vergrabe mein Gesicht in seinem Oberkörper und schluchze vor mich hin. Wie kann ich auch nicht weinen?

„Tesoro, bitte hör auf", flüstert er und drückt mir einen Kuss auf meinem Haaransatz. „Ich liebe dich, trotzdem bin ich eifersüchtig."

Weinend nicke ich nur und drücke mich näher an ihn. Es tut weh. Ich weine wegen ihm und seinen Gedanken, dass jemand anderes seinen Platz einnehmen könnte, aber das würde niemals passieren. Niemals.

„Hör zu, ich rede gleich mit Dardan, wenn es dich glücklich macht. Ich muss ihn ja nicht mögen, aber akzeptieren und ihn einreden, dass ich die eins bin", schlägt er vor und streicht mir durch die Haare. „Vielleicht gebe ich ihm trotzdem noch eine Faust und nehme mir seine Schuhe."

Lachend schaue ich zu ihm hoch und nicke. „Okay, aber nein. Du schlägst ihn nicht. Ich würde nicht mal wollen, das er dich schlägt, weil es mir das Herz zerbrechen würde. Genau so wie bei ihm."

„Ich liebe dich, baby."

Ich nicke und küsse seinen Kiefer. „Ich liebe dich auch, tesoro. So sehr. Du wirst immer die eins bleiben, egal welcher Junge in meinem Leben tritt, du warst und bist immer an meiner Seite und es tut mir Leid, dass ich mich gerade verändere. Aber ich will das mit ihm wirklich versuchen. Wenn du das aber nicht willst, dann lasse ich es sofort sein. Meine Freunde müssen sich mit dem Jungen verstehen können, mit dem ich was habe und wenn du es nicht kannst, aber die anderen schon, dann ist es schon ein Grund um-"

„Stopp, Carla. Du musst nichts beenden nur wegen mir", sagt er dann und lächelt mich an. „Du bist glücklich und wenn du glücklich bist, bin ich es auch. Da ist es mir egal, ob ich ihn nach der Sache leiden kann oder nicht." Micah streicht mir über meine Wange und lächelt mich sanft an. „Lass uns hochgehen, bevor die noch denken, wir würden uns umbringen oder so."

Zusammen machen wir uns dann wieder auf den Weg nach oben und Micah babbelt mich wieder über die Schuhe von Dardan voll. Als wir dann oben an der Haustür stehen, klingle ich einmal und schaue lächelnd zu meinem besten Freund.

„Danke Micah, wirklich."

„Für dich tue ich doch alles, tesoro", erwidere er das Lächeln und schaue dann wieder zur Tür, welche uns geöffnet sied. „Na endlich." Mein bester Freund quetscht sich an Rosa vorbei, streift sich seine Sneaker von den Schuhen, welche er sofort in eine Ecke kickt und läuft wieder in die Küche. „Ey Albo, du hattest dein Gespräch mit meiner Prinzessin. Jetzt bin ich dran."

Rosa und ich schauen uns mit einem amüsierten Blick an und schütteln den Kopf.

„Aller, Micah. Bisse schwul oder was willst du mit dem reden?", höre ich Egzona lachen.

„Das wird hier in einem Desaster enden", seufzt meine Schwester laut auf und nickt mich rein. „Ich bin froh, wenn die drei wieder weg sind. Und glaub mir, ich weiß wie du dich fühlst."

Ja, das tut sie. Denn wir hatten sie vor vier Jahren in so eine ähnliche Situation gebracht. Mit Tassilo. Und es war wirklich peinlich. Micah hat ihn so viele Fragen gestellt, das wir bis drei Uhr morgens im Wohnzimmer saßen und nur Micah zuhörten, während Egzona Tassilo eher nach seiner Zukunft ausgefragt hat.

„Stai zitta, Egzona", zischt Micah und klingt von der einen Sekunde auf die andere ernster denn je.

„Stai zitto dich selber, du Pussy", erwidert meine albanische Freundin und ich kann mir ihr Grinsen schon auf ihren Lippen vorstellen. Sie will unseren besten Freund provozieren. „Jetzt setzt dich doch einfach mal hin, ich mach dir einen Espresso, damit du dich beruhigen kannst und dann verlassen wir Weiber die Küche und ihr könnt reden, okay?"

Mittlerweile habe ich die Wohnung wieder betreten, aber bleibe mit Rosa noch im Flur um alles mit anzuhören. Und ich bin froh darüber, das Egzona sich so ruhig verhielt und versucht, dass es nicht eskaliert.

Micah's Antwort hören wir nicht mehr, jedoch die Espresso Maschine. Anscheint hat der Italiener zugestimmt.

„Lass ins Zimmer", flüstert Rosa mir zu und nickt auf meine Zimmertür, welche ich nach wenigen Sekunden auch betrete, jedoch mitten in der Tür stehen bleibe. „Was machen wir, wenn Mama und Papa kommen und die beiden Jungs in der Küche sind?"

„Lass das Mal meine Sorge sein", vernehme ich die Stimme meiner Freundin Egzona, welche mit Mariele gerade aus der Küche kommt.

Wir betreten alle mein Zimmer und lassen uns auf dem Bett oder den Stühlen bzw. den Sitzkissen nieder. „Was willst du dann bitte sagen? Meine Eltern kennen deine Brüder?"

Egzona macht eine abwinkende Handbewegung und lächelt mich breit an. „Es gibt noch Cousin, Schwager-"

„Mirlinda ist gerade mal 18 geworden", lache ich und schüttle den Kopf.

„Cousin ersten, zweiten, dritten bis keine Ahnung wie vielten Grades, irgendwelche Bekannte oder Verwandte oder eben ein Freund, weil er Albaner ist", zählt sie weiterhin auf.

„Deine Aufzählung hat mich gerade echt hungrig gemacht, alter", höre ich Mariele, welche auf dem Sitzkissen sitzt und zu Egzona blickt. „Wann kommt Mama?"

𝖸𝖫𝖫𝖨 𝖨𝖬. | 𝘿𝘼𝙍𝘿𝘼𝙉.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt