Als Tyler mir erzählt hat, dass wir mit John essen gehen, nachdem wir ihn vom Krankenhaus geholt haben, habe ich mich auf vieles eingestellt, aber sicherlich nicht McDonalds. Von wegen er ernährt sich gesund. Er hat schon zwei große Packungen Pommes alleine gegessen und vernichtet jetzt noch einen von Johns Burgern, weil er wohl spontan beschlossen hat, dass er zwei doch nicht packt.
Ich sitze nur daneben und sehe zu. Ich tue meinem Körper dieses Fast Food sicherlich nicht an. Ich habe mir schon nach meinem letzten BurgerKing-Besuch mit Tony und Matt eingebildet, dass meine Kondition mindestens eine Woche lang darunter gelitten hat. Da gönne ich mir lieber später ein paar Nudeln von gestern, mit den Kohlenhydraten kann mein Körper wenigstens was anfangen und da kann ich mir relativ sicher sein, was ich mir genau zuführe.
Ich nutze die Gelegenheit, als John auf Toilette geht, um endlich mit Ty zu reden, ohne mir Gedanken machen zu müssen, ein falsches Wort zu sagen, das John irgendwie verletzten oder aufregen oder wie auch immer triggern könnte. Unterbewusst ist mir, denke ich, schon klar, dass er keinen Nervenzusammenbruch bekommen wird, wenn ich in seiner Anwesenheit mit seinem Exfreund spreche, aber ich gehe lieber auf Nummer sicher. Das alles hier MUSS funktionieren. Wie John auf mich reagiert, ist das wohl entscheidendste Kriterium dafür, ob ich hierbleiben darf oder nicht.
„Ich nehme an, heute Abend machen wir zwei ein kleines Pärchen-Workout?" Mein Grinsen soll Ty zeigen, was ich unter diesem Pärchen-Workout verstehe.
Er lutscht sich Soße vom Daumen, nichts ahnend, welches Bild er mir dadurch in den Kopf pflanzt und wischt sich dann mit einem Tuch nochmal darüber und über den Mund. Dabei schüttelt er den Kopf. „Keine gute Idee"
„Wieso?", lache ich. „Hast du dich überfressen?"
Er zieht die Augenbrauen hoch. „Du solltest doch eigentlich wissen, dass ich mich deutlich mehr reinpasst, als es zunächst den Anschein hat"
Ich muss noch breiter grinsen, doch das vergeht mir ganz schnell, als er weiterspricht.
„Aber ich will nicht Gefahr laufen, dass John was mitkriegen könnte..."
Ich lache unsicher. „Also, nur damit ich das richtig verstehe: Du willst nicht mehr mit mir schlafen?"
Er nickt. „Zumindest nicht so, dass er es mitbekommt"
„Ich bin nicht das Problem", schnaube ich, ohne wirklich nachzudenken.
Tyler kneift die Augen zusammen. Er wirkt zwar nicht so, als habe ihn das getroffen, aber trotzdem entschuldige ich mich sofort.
„John weiß, dass wir zusammen sind. Dann weiß er auch, dass wir miteinander schlafen... Klar muss er es nicht unbedingt mitkriegen, aber sein Zimmer ist am anderen Ende der Wohnung und ganz so laut bist du auch wieder nicht"
„Ich habe nein gesagt, Alexander. Das heißt dann auch nein"
Wie ich diese belehrende Stimme hasse. Er bildet sich nach wie vor ein, dass er einen auf autoritär bei mir machen kann, so als müsse er mich erziehen. Aber ich bin kein scheiß Kind mehr und ich lasse mich sicherlich nicht so behandeln.
„Das habe ich verstanden", gebe ich ebenso angepisst zurück wie er, obwohl er sich offensichtlich Mühe geben wollte, ruhig zu wirken. „Aber ich darf doch wohl versuchen zu verstehen wieso. Und da du das nicht mal erläutern kannst, weißt du wohl selbst, dass das Schwachsinn ist..." Schließlich zucke ich mit den Schultern. Ich werde jetzt sicherlich nicht in aller Öffentlichkeit mit ihm darüber diskutieren, dass es keinen Grund für ihn gibt, um nicht mit mir zu schlafen. Und wenn er nicht will, dann will er halt nicht. Er ist immerhin dann derjenige, der mich täglich sehen und sich zügeln muss. Das wird ohnehin nicht lange klappen. „Aber bitte, dann gibt es halt keinen Sex mehr."
Ty bemerkt, dass er mich verletzt hat. Ich weiß ja auch nicht wieso genau. Ich will ihn mit Sicherheit zu nichts drängen, das er nicht will oder ihm das Gefühl geben, dass er dazu verpflichtet ist, mit mir zu schlafen, aber er sollte schon wissen, dass ich mir seine Nähe wünsche und ich finde, es ist mein gutes Recht, ihm auch zu zeigen, dass ich traurig darüber bin, dass er sie mir verwehren will. Vor allem mit diesem Grund.
Er seufzt. „Ich finde die Vorstellung einfach nicht schön, dass er alleine in seinem Zimmer liegt und hören muss, wie ich mit einem anderen Mann schlafe..."
„Ich bin nicht ein anderer Mann" Langsam macht er mich echt sauer. „Ich bin dein Freund. Und außerdem kann er auch einfach Musik anmachen oder whatever... Ich verstehe ja wirklich, dass du Rücksicht auf ihn nehmen willst, ich versuche mein Bestes, um das zu tun, aber man kann es auch übertreiben"
„Lass uns das später besprechen, okay?" Tyler sieht mich bittend an und sieht in Richtung Toiletten, von wo aus John zu uns kommt.
Er merkt nichts von der leichten Spannung zwischen Ty und mir oder er ignoriert sie einfach. Jedenfalls fängt er sofort an zu reden, als er sich zu uns setzt. „Wieso hat mir keiner von euch gesagt, dass ich so scheiße aussehe? Ein Wunder, dass noch keiner einen Leichenwagen gerufen hat oder irgendein Einsatzteam für spontane Zombieauferstehungen" Er sieht uns total vorwurfsvoll an, vor allem Tyler.
„Du siehst nicht scheiße aus", beruhigt dieser ihn. „Höchstens ein bisschen müde"
John brummt nur abgeneigt. „Können wir nachhause? Ich brauche Zeit und Einsamkeit, um mein Spiegelbild zu verarbeiten"
Obwohl ich die ganze Zeit nur stumm daneben saß und halt einfach anwesend war, schaut Ty mich fragend an. Das regt mich grade irgendwie auf. Was glaubt er denn? Dass ich jetzt doch noch 5 Menüs bestelle und darauf bestehe, hierzubleiben und alles in mich reinzufressen?
Rein aus Provokation sollte ich das echt machen. Aber mittlerweile bin ich schon an den Punkt angekommen, wo ich gar keine Lust mehr auf diese Spielchen mit ihm habe.
Meine Antwort besteht daraus, dass ich aufstehe und Tylers Tablett nehme, um es wegzubringen. John folgt mir, schiebt seines dann unter meinem in die Schienen, bevor er weitergeht. Er hält uns die Tür auf und wir gehen zusammen zu Tylers Auto.
Mein Freund greift dabei nach meiner Hand, aber ich ziehe meine weg. Ich will seine Hand jetzt nicht halten. John könnte es doch sehen und sich direkt vor das nächste Auto werfen.
Mann, eigentlich will ich gar nicht so gemein sein. Ich hasse es, dass immer so verletzend werde, wenn ich selbst verletzt bin. Ich weiß doch, dass John nichts dafür kann und dass es ihm nicht gut geht, auch schon ohne, dass mein Unterbewusstsein ihn für Tylers Überforderung verantwortlich macht, aber ich bin einfach enttäuscht von Ty. Er tut zwar so, als könne uns nichts trennen, doch schiebt John bei jeder Gelegenheit zwischen uns. Mir ist klar, dass er nur alles richtigmachen will. Das will er doch immer. Aber das ändert nichts daran, dass ich viel zu oft der Leidtragende dabei bin.
Es geht nicht nur darum, dass er keinen Sex mehr will. Mir wird einfach klar, dass das alles nicht halb so schön wird, wie ich es mir vorgestellt habe. Für John bin ich wahrscheinlich einfach nur ein Störfaktor, ganz egal, wie nett er Smalltalk mit mir führt. Wer weiß, vielleicht will er nur so viel über mich wissen, um meine Schwachstellen herauszufinden. Wundern würde es mich nicht. John ist nicht dumm. Er hat es geschafft, einen Mann wie Tyler so abhängig von sich zu machen, dass er dazu bereit war, sein Leben lang unglücklich zu sein, nur um bei ihm bleiben zu können.
Ich habe Menschen noch nie leicht vertraut. Was Ty getan hat, beweist, dass das auch ziemlich richtig so war. Und ich werde jetzt sicherlich nicht anfangen, einem Fremden, den ich schon seit ich seinen Namen das erste Mal gehört habe, nicht leiden kann, einen Vertrauensbonus zu geben, nur, weil ich Mitleid mit ihm habe und Schuldgefühle.
Tyler hat sich zwar für mich entschieden, aber trotzdem fühlt es sich nach wie vor so an, als sei John ihm wichtiger als ich. Das tut verdammt weh und ich habe es langsam wirklich satt, mich ständig verletzen zu lassen. Also sehe ich es als einzige Möglichkeit, meine naiven, viel zu hohen Erwarten herunter zu schrauben und mir somit auch einzugestehen, dass ich für Ty wahrscheinlich einen viel geringeren Wert habe als bisher angenommen.
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Teach me Love
General Fiction..."Du hast mir das Herz gebrochen"... Alles, was zwischen Tyler und Lion stand, ist nun Vergangenheit und sie wollen ihre Chance auf eine gemeinsame Zukunft nutzen. Doch, nachdem für Lion mit seinem Schulabschluss ein bedeutendes, neues Kapitel in...