Teach me Love

153. Tyler

Es überrascht mich, um ehrlich zu sein, dass Alex möchte, dass ich bei ihm bleibe und alles erfahre, was der Arzt ihm zu sagen hat. Doch gleichzeitig ist das auch der beste Beweis dafür, dass die Zeit der Heimlichtuerei nun vorbei ist und wir, egal, was jetzt noch kommt, zusammen durchstehen werden. Es ist ein Zeichen des Vertrauens und der Liebe und ich werde alles tun, aber Alex sicherlich nicht enttäuschen.

„Warum Du hier bist, steht nicht zur Debatte", beginnt der Arzt und sieht Alex dabei relativ neutral, aber ernst an. Er wirkt jedoch nicht wertend dabei und ich denke, das ist es, was Alex dazu veranlasst, nicht sofort zuzumachen, sondern nur verstehend zu nicken.

„Nachdem das Naloxon, das Dir bereits der Rettungsdienst verabreicht hat, Wirkung gezeigt hat, war für uns klar, dass Du die Reaktion auf eine Überdosis eines Opiats gezeigt hast. Ein Bluttest hat uns dann darüber aufgeklärt, dass wir es mit Fentanyl zu tun haben."

Wieder nickt Alex nur. Ich dagegen ziehe scharf die Luft ein und merke selbst nicht, wie heftig sich mein Griff um Alex' Hand verstärkt, bis er mir einen kurzen, unsicheren Blick zuwirft. Doch ich sage nichts.

Der einzige Grund, warum ich weiß, was Fentanyl genau ist, ist Logan. Er hat das damals bekommen, als sein Tumor gestreut hat und er dadurch extreme Schmerzen hatte, die nur durch das Fentanyl halbwegs erträglich wurden, da kein anderes Schmerzmittel angeschlagen hat. Er hat sich damals einen Spaß daraus gemacht, sich darüber zu freuen, dass er legal die stärksten Drogen bekommt, die es derzeit auf dem Markt, sowohl im medizinischen Bereich, als auch im Schwarzhandel gibt.

Es gibt keine Möglichkeit für Alex, an so einen Stoff legal rangekommen zu sein... ich kann mir nicht mal vorstellen, wie überhaupt darankam. Wie er auch nur auf die Idee kam, sowas einzunehmen. Entweder er war sich der Gefahren nicht bewusst oder – noch schlimmer – sie waren ihm einfach egal.

„Dein kurzzeitiges Koma wurde primär durch den Atemstillstand aufgrund der Überdosis ausgelöst. Ich möchte, dass Du Dir dessen bewusst bist, dass Du dem Tod wirklich nur haarscharf von der Schippe gesprungen bist, Lion. Der einzige Grund für Dich, das zu überleben, lag in der hohen Toleranz, die Du über Monate, wenn sich sogar Jahre aufgebaut haben musst. Sehr bald wirst Du starke Entzugserscheinungen haben, aber es ist wichtig für Dich zu wissen, dass Dich selbst ein kalter Entzug nicht umbringen könnte. Er kann extrem schmerzhaft und qualvoll sein, aber nicht tödlich. Ich möchte Dich gerne darüber aufklären, wie ein stationärer Entzug für Dich ablaufen könnte und was mit Dir passiert, falls Du diese Möglichkeit jetzt nicht ergreifst"

„Sie tun so als sei ich total der Junkie", lacht Alex unsicher. „Ich bin nicht abhängig, ich habe meine Gründe, das Zeug zu nehmen und ich bin mir auch der Gefahren bewusst. Ich hab's letztens nur etwas übertrieben, weil es mir nicht so gut ging. Aber jetzt ist alles bestens" Alex schaut mich an, er lächelt und erwartet offensichtlich, dass ich erfreut zustimme, aber das kann ich nicht.

„Alex", hauche ich flehend. „Hör Dir bitte an, was der Arzt zu sagen hat. Er weiß, wovon der spricht"

„Ich glaube Dir, dass du deine Gründe hast, warum Dir die Einnahme dieser Mittel für sinnvoll erscheint.", spricht der Arzt weiter, sodass wir beide wieder zu ihm sehen. „Aber Dir muss klar sein, dass das nicht ewig so weitergehen kann. Du nimmst das Fentanyl illegal und ohne jegliche medizinische Rechtfertigung oder Notwendigkeit ein, darüber müssen wir gar nicht diskutieren. Allein die Gefahr, auf dem Markt irgendetwas untergejubelt zu bekommen, ist schon groß genug, dann die Tatsache, sich überhaupt in solche Kreise zu begeben und was das mit deinem Körper und Geist anrichtet... Du bist gerade mal 18 Jahre alt. Dass Du die letzten Tage überhaupt überlebt hast, beweist, wie stark Du bist. Die Chancen, nach einem kontrollierten Entzug normal weiterleben zu können, stehen für Dich jetzt noch sehr gut. In ein paar Jahren kann das schon ganz anders aussehen. Ich kann Dir versichern, dass ich nicht übertreibe, wenn ich sage, dass eine Fentanyl-Anhängigkeit ein Spiel mit dem Tod ist."