120. Tyler

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Es ist kalt, mein Magen kribbelt die ganze Zeit vor Aufregung, die Schlange vor dem Club ist mittlerweile extrem lang und ich bin bis in alle Maßen angepisst.

Ich hasse Unpünktlichkeit, Nick weiß das ganz genau. Trotzdem kommt er jedes verdammte Mal zu spät. Sogar heute. Und ich Vollidiot habe echt gedacht, er könnte mir als emotionaler Beistand dienen.

„Hei, schau mal" Julian tippt mich an und nickt dann in Richtung Stadt, aus der mehrere Leute kommen. Natürlich sticht Alex sofort heraus. Er ist der größte und selbst wenn das nicht der Fall wäre, würde allein seine Aura meine Aufmerksamkeit nur auf ihn ziehen.

Innerlich fluche ich auf, nach außen hin versuche ich cool zu bleiben, reiße meinen Blick von Alex los und schaue runter auf mein Handy. So riskiere ich nicht, ihn anzustarren, kann so tun, als sei mir seine Anwesenheit egal und Nick in der Zeit eine Hassnachricht schreiben.

So als hätte ich ihn dadurch heraufbeschworen, höre ich nur ein paar Sekunden später sein Lachen. „Ist ja gut, ich bin doch schon da"

Ich sehe wieder auf, erkenne, wie er mich angrinst. Dann macht er einen Schritt auf mich zu, umarmt mich zur Begrüßung und drückt mir einen Kuss auf den Mundwinkel.

Das macht er immer, egal, wie oft ich ihm sage, dass er es lassen soll. Da er das aber aus reiner Provokation macht, habe ich aufgehört, ihn jedes Mal darauf anzusprechen. Vielleicht lässt er es ja dann irgendwann.

Zu John und Julian sagt er einfach nur schlicht „Hei Leute". Er lässt einen Arm um meine Schultern, während er sich neben mich stellt. „Dir ist ganz schön kalt, mh?"

Ich schnaube bitter. „Du Arsch hast uns eine dreiviertel Stunde hier warten lassen. Es hat 2 Grad und ich stehe im T-Shirt da. Ja, Nick. Ja, mir ist ‚ganz schön kalt'"

In der Schule sagt man ja immer ‚Es gibt keine dummen Fragen'. Und was Schüler angeht, stimmt das auch. Die fragen, weil sie etwas wissen wollen und daran kann nichts dumm oder falsch sein. Aber Nick gibt ‚dummen Fragen' wirklich eine neue Bedeutung.

„Sorry", brummt er dann leicht genervt. „Heute wieder eine Meckerziege zum Frühstück gegessen?"

Ich schaue ihn nur vielsagend an, was ihm verdeutlichen soll, dass er jetzt besser die Klappe hält, wenn er nicht riskieren will, dass ich nach 29 Jahren gewaltfrei durch die Welt gehen doch noch zuschlage.

Mein Blick fällt auf John, der Julian im Arm hat und ihn somit aufwärmt. John ist der einzige, der einen Pulli trägt und hat Julian quasi dazu gezwungen, seine Arme darunter zu schieben, damit ihm warm wird. Die zwei meinten zwar, ich darf dazukommen, aber darauf konnte ich gerne verzichten. Wir sind keine Pinguine im Schneesturm.

Als ich Alex' Lachen höre, glaube ich, die Kälte hat nun auch endgültig mein Herz erreicht und lässt es zu Eis gefrieren. Es scheint nicht mehr dazu im Stande zu sein zu schlagen und auch mein Atem stellt sich einfach ein. Ich bin tot... oder naja, ich wäre es gerne.

„Ich wusste gar nicht, dass wir uns draußen treffen", meint Lila leicht verwirrt, als ihre Gruppe uns erreicht hat.

Ich weiche nach wie vor allen Blicken aus, um Alex nicht ansehen zu müssen, bemerke dabei nicht, dass Nicks Arm noch immer um mich liegt.

„Wir müssten auf Nick warten und der hat sich beim Arschausspülen wohl ordentlich Zeit gelassen" John klingt genervt und reibt die gesamte Zeit über fest über Julians Rücken, um ihn warm zu machen.

Mein Blick schießt zu Nick, ich sehe ihn fragend an. „Also wirklich widersprechen kann ich da nicht"

Na super. Das war's schon wieder für heute. Ich will nachhause.

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