135. Alex

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Tony, Matt und ich sitzen schon eine Weile in Tonys Zimmer und hören Musik, während wir dabei eigentlich nur in unseren eigenen Handys vertieft sind.

Es ist bereits Abend. Den gesamten Nachmittag haben wir mit Essen verbracht. Die typischen 5 Gänge, die Tonys Eltern an Feiertagen servieren, nehmen eben gut Zeit in Anspruch.

Währenddessen haben wir unten im Restaurant auch Musik gehört, nur eben so richtig dämliche Weihnachtsmusik, Sara und Aurora haben ein bisschen getanzt und Tonys Eltern dann dazu angeregt mitzumachen, ich habe mich mit meinem Onkel und meinem Tantchen unterhalten und versucht beim Essen nicht daran zu denken, dass nichts davon, was mir da vorgesetzt wurde, auf meinem Diätplan steht. Zu meiner eigenen Sicherheit. Hätte ich auch nur die kleinste Kleinigkeit abgelehnt, hätte Tonys Mamma mich wohl einfach damit vollgestopft oder es mit dem Kochlöffel in mich reingeprügelt. Mit ihr ist echt nicht zu spaßen, wenn es ums Essen geht. Da ist auch total egal, dass sie drei Köpfe kleiner ist als ich, vor der Frau muss man einfach Respekt, wenn nicht sogar Angst, haben.

Janett und Thomas sind dann irgendwann mit vollen Bäuchen gegangen, weil sie sich abends noch mit Janetts Schwester treffen wollten. Tonys Eltern haben uns entlassen und seine Schwestern mussten beim Aufräumen helfen. Die haben uns richtig böse angeschaut, weil wir nichts machen mussten, aber ganz ehrlich, ihnen schadet es nichts, wenn sie auch mal was tun müssen. Seit ich Tony kenne, reißt er sich den Arsch für seine Familie auf, ohne irgendwas dafür zu verlangen. Ist doch wohl nicht zu viel erwartet, dass er auch mal frei bekommt. Okay, er hatte das letzte halbe Jahr frei, aber das hat er sich ja auch verdient. Ich fühle mich jedenfalls keineswegs schlecht, weil wir uns vorm Aufräumen drücken konnten.

Ich fühle mich eher schlecht, weil Matt und Tony mich richtig auf die Folter spannen. Sie wollten doch unbedingt ein ernstes Gespräch mit mir führen, aber stattdessen reden wir kein Wort, ich sitze auf dem Schreibtischsstuhl und chille mit meinen Füßen auf Tonys Bett, während er mit Matt darauf liegt und ihm beim Zocken zuschaut.

Vielleicht habe ich es mir ja nur eingebildet und alles ist gut. Vielleicht hat Matt es nicht so gemeint, wie es rübergekommen ist. Wenn ich schon emotionsbehindert bin, dann habe ich keine Worte für ihn und seine Unfähigkeit, mit Gefühlen umzugehen oder sie zu übermitteln. Kommt schon mal öfter vor, dass man da was missinterpretiert.

Langsam gibt Social Media mir aber nichts mehr her und wirklich Lust, mich wie das dritte Rad am Wagen zu fühlen habe ich auch nicht mehr. Still der Musik lauschen kann ich auch alleine zuhause, ohne einem glücklichen Paar beim Kuscheln zuschauen zu müssen.

„Wollt ihr eigentlich was aus eurem letzten halben Jahr erzählen oder bin ich nur hier, um euch die Luft wegzuatmen?"

Matt kriegt, glaube ich, gar nicht mit, dass ich was sage, so versessen schaut er in sein Handy.

Tony dagegen hebt den Kopf und sieht mich an. „Ne, klar gerne. Komm her, ich zeig dir Bilder." Er schiebt Matt etwas zur Seite, was dieser auch nicht registriert, setzt sich in die Mitte des Betts und klopft dann neben sich, während er mich auffordernd ansieht.

Toll, so war das nicht geplant. Egal, besser als mir weiter den Arsch auf diesem Stuhl platt zu sitzen.

Schon, als ich mich neben ihn setze, lehnt Tony im nächsten Moment an meiner Seite und hält mir sein Handy vors Gesicht. „Also das war in Paris..."

Er erzählt mir von ihrer Reise und ein paar Erlebnissen, zeigt mit Bilder und Videos und wirkt dabei so glücklich, dass ich sogar lächeln muss, obwohl mir danach eigentlich gar nicht zu Mute ist. Es ist einfach nur schön, dass zwei Menschen, die ich sehr lieb habe, einander so perfekt ergänzen, und dass sie zusammen viele tolle Dinge erlebt haben.

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