105. Alex

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Seit Samstag ignoriere ich Ace. Anfangs hat er noch versucht, mir einzureden, dass er nur das Beste für mich will und mich vor mir selbst beschützen. Er glaubt, dass ich, sobald ich „clean" bin, einsehen werde, dass er das Richtige getan hat. Aber ich bin anderer Meinung. Er sieht einfach nur selbstgefällig dabei zu wie ich leide.

Mittlerweile hat er es aufgegeben, mit mir zu reden. Er schaut mich nur noch musternd an und wenn ich ihn auch anschaue, sehe ich, dass er sich Sorgen um mich macht, aber ich ignoriere das einfach und ziehe mein Ding durch.

Heute ist Montag. Training. Ich habe eine weitere unruhige, schlaflose Nacht hinter mir, voller Schweißausbrüchen und Angstzuständen.

Ein Blick in den Spiegel hat mich regelrecht schockiert. Ich sehe richtig fertig aus. So als hätte ich eine üble Grippe oder irgendwas Anderes, das mich zu einem halben Zombie macht.

Nach dem Duschen ist es zwar schon etwas besser, aber man könnte noch immer meinen, ich habe nächtelang durchgefeiert und jetzt einen heftigen Kater, der mich foltert. Ungefähr so ähnlich fühlt es sich auch an. Nur hundert Mal schlimmer.

Als ich bei Sunny im Auto sitze, fragt er mich, ob ich mein erstes Tor gebührend gefeiert habe, offensichtlich auch als Anspielung darauf, wie scheiße ich grade aussehe.

Ich brumme nur irgendwas, von dem ich selbst nicht weiß, was es heißen soll. Ich will jetzt keine Gespräche führen und ich kann auch nicht. Alles, woran ich denken kann, ist, dass ich mit Theo reden muss.

Sunny checkt ziemlich schnell, dass ich heute einfach nicht in Stimmung bin und konzentriert sich daher darauf, andere Verkehrsteilnehmer zu beleidigen und anzuhupen, während er ihnen die Vorfahrt nimmt.

Wir sind heute ziemlich früh dran. Es sind nur ein paar Leute da, unter anderem Elias, der auch nicht grade sehr viel besser aussieht als ich. Er wirkt müde und niedergeschlagen und noch distanzierter als sonst.

„Hier ist ja richtig Party-Stimmung", meint Sunny ironisch.

Es ist schwer zu übersehen, dass die Freude über unser Unentschieden ziemlich schnell verflogen ist. Auch alle anderen wirken genauso abgefuckt wie sonst auch.

Da ich Theo in der Kabine abfangen will, setze ich mich nach dem Umziehen auf die Bank und warte. Sunny tut es mir gleich.

Es nervt mich richtig, dass er mir in letzter Zeit so am Arsch klebt. Was hat der eigentlich getan, als ich noch nicht da war? Das kann ich mir grade gar nicht vorstellen.

Ihn jetzt unauffällig abzuwimmeln und vor allem ohne unfreundlich zu werden, ist so gut wie unmöglich. Ich muss also damit warten, mit Theo zu reden und gehe doch schon mal raus, Sunny im Schlepptau.

„Sag mal, hast du was am Fuß? Du läufst komisch"

Fuck.

„Geht schon. Nur meinen Schuh zu eng geschnürt grade", behaupte ich.

Ich muss mich zusammenreißen. Nur ein Training durchstehen und dann später in der Pause oder heute Abend die Pillen besorgen und dann wieder zu Höchstleistungen auflaufen. Bis dahin muss ich meine Schmerzen überspielen. Das sollte für mich kein großes Problem sein. In meinem Gesicht sollte keiner sehen können, wie schwer mir jeder einzelne Schritt fällt. Aber mein Körper versucht dem Schmerz von ganz alleine zu entgehen, indem ich humple. Ich muss richtig dagegen ankämpfen, um dafür zu sorgen, normal zu laufen.

Bevor Sunny auf die Idee kommt, darüber nachzudenken, was ich grade gesagt habe, frage ich ihn, wie es ihm mit seiner Verletzung vom Spiel geht.

„Passt schon, ich soll langsam machen und in zwei Wochen bin ich dann wieder fit, wenn's gut läuft"

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