103. Alex

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Bis vor kurzer Zeit habe ich noch die Wochen und Tage bis zu meinem ersten Spiel gezählt. Das war mein größtes und wichtigstes Ziel, auf das hingearbeitet und hingefiebert habe. Jetzt läuft ein neuer Countdown. Vier Monate. Dann ist Mitte Dezember. Mein letztes Spiel der Hinrunde und der Tag, an dem ich Tyler wiedersehen werde.

Allein der Gedanke daran, dass ich ihm wieder in die Augen sehen werde und live seine Stimme hören, lässt mich bereits jetzt schon ganz ungeduldig werden. Die ganze Zeit dazwischen scheint plötzlich nur noch dazu da zu sein, um überdrückt zu werden.

Ich muss mich richtig zusammenreißen, als ich bei Sunny und Stella im Auto sitze, um all die Emotionen, die mich zu überfluten drohen zurückzudrängen.

Tylers Stimme hat mir beinahe einen Herzinfarkt verpasst. Ehrlich, ich glaube, so schnell hat das Teil noch nie geschlagen. Mir wurde heiß und kalt zugleich, ich war total überrumpelt, aber ich habe mich extrem gefreut und ich wollte unbedingt alles richtigmachen.

Ich war total peinlich, vor allem am Anfang, das ist mir klar. Cool und lässig ist definitiv was Anderes. Doch andererseits hat er wenigstens so merken können, dass es mich nicht kaltlässt, dass er mich anruft, wenn ich ihm das schon nicht sagen konnte in dieser Situation.

In mir sind wild Raketen umher gelogen, als er mich begrüßt hat. Doch, nachdem er dann meinte, er will mir meine Sachen zurückgeben, sind diese Raketen durch grobgezackte Messer ersetzt worden und haben alles in mir zerrissen.

Meine Sachen von ihm zu holen bedeutet, es endgültig zu beenden. Ich wollte ja, dass er weitermacht und jemand anderen findet und glücklich wird, aber etwas in mir weigert sich auch, ihn aufzugeben und zu verstehen, dass wir einfach keine Zukunft zusammen haben.

Mitten in der Nacht liege ich wach in meinem Bett und schaue aus dem Fenster. Der Mond strahlt hell in mein Zimmer und ich habe keine Lust, den Rollladen runterzumachen. Ist ja auch nicht so als wäre es der Mondschein, der mich wachhält. Der ist noch mein geringstes Problem.

Morgen habe ich frei. Ich muss nicht auf den Platz und kann einen Tag einfach entspannen. Sunny meinte, ich soll vorbeikommen, wenn ich Lust habe. Jederzeit. Ich soll einfach Bescheid geben, falls er mich abholen soll.

Wenn man ihn besser kennt, stellt man fest, dass er gar nicht so ein schlimmer Miesepeter ist wie anfangs angenommen. Er hat halt seine Macken, aber grade die machen ihn so sympathisch, finde ich.

Zu Sunny zu gehen wäre keine schlechte Idee. Dann muss ich schon nicht den ganzen Tag mit Ace in der Wohnung herumsitzen. Aber andererseits heißt trainingsfreier Tag ja nicht, dass ich nicht trainieren darf, sondern nur, dass ich nicht muss. Und ich will. Den Kopf freikriegen und das Gefühl haben, irgendwas in meinem Leben auf die Reihe zu bekommen.

Vielleicht schreibe ich Elias. Der trainiert bestimmt. Er macht doch den ganzen Tag nichts Anderes als Fußball zu spielen. Sein gesamtes Leben besteht aus diesem Sport. Ich wusste nicht wirklich, was ich davon halten sollte, nachdem Ace das rausgefunden hat, aber dann ist mir ziemlich schnell aufgefallen, dass es bei mir nicht anders ist.

Wenigstens hat Elias noch einen Lover im Gegensatz zu mir. Das lässt sich wahrscheinlich auch nur vereinbaren, weil dieser Lover so eng an den Fußball geknüpft ist. Wer nicht in dieser Szene ist, kann nicht verstehen, wie viel einem das bedeutet. Fußball ist Elias' oberste Priorität und Chris versteht das, weil es ihm genauso geht. Er hat seine Ehe dafür aufgegeben und verzichtet daher bis auf wenige Stunden in der Woche sogar auf seine Kinder. Seine Tochter will nichts mehr mit ihm zu tun haben, weil ihre Mutter ihr irgendwas über Chris einredet und sein Sohn ist noch zu klein, um dazu eine Meinung zu haben. Der ist, glaube ich, zufrieden, solange er was zu essen bekommt, er beschäftigt wird und ihm regelmäßig die Windeln gewechselt werden.

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