158. Alex

1.8K 125 42
                                    

Kennt ihr das, wenn ihr aus einem Traum aufwacht und euch fragt: „Alter, wie konnte ich ernsthaft glauben, dass das echt war?"

Ungefähr so fühle ich mich. Noch ein bisschen verschlafen, noch nicht ganz in der Wirklichkeit angekommen, aber doch schon genug, um sagen zu können, was wahr ist und was nur eine Illusion.

Träume sind eine gefährliche Sache, gerade, wenn wir sie mit der Realität verwechseln. An sich mag es vielleicht gut sein, Dinge so verarbeiten zu können, aber das Unterbewusstsein nutzt diese Chance auch oft, um uns Streiche zu spielen und so werden aus Träumen sehr schnell gefährliche Alpträume.

Sowas Ähnliches ist mir auch passiert, nur, dass ich dazu nicht schlafen musste. Das war mein Leben. Und mein beinahe-Tod hat mich aufgeweckt.

Rückblickend kann ich sagen, dass bei weitem nicht alles schlecht war. Aber trotzdem bin ich froh, guten Gewissens sagen zu können, diesen Teil meines Lebens nun hinter mir zu lassen.

Fußball sowie ich mir das vorgestellt habe, war eine Utopie. Der Wunsch nach etwas, das nichts mit der Realität zu tun hat. Vielleicht wäre es besser geworden, ja. Vielleicht hätte sich das alles irgendwann ausgezahlt und es wäre so gekommen wie ich es immer wollte. Aber dieser Traum von damals bedeutet einfach nicht mehr dasselbe für mich. Und die Opfer, die ich dafür bringen musste, waren letztendlich viel zu groß.

Wenn ich jetzt in meine Zukunft blicke, sehe ich mich nicht mehr auf einem Fußballplatz, mit tausenden von Menschen um mich, die meinen Namen jubeln, sondern mit Ty zuhause auf dem Sofa, kuschelnd und grinsend. Das will ich. Das erfüllt mich. Und dafür muss ich mich nicht verstellen und keine Angst haben. Bei Ty darf ich ich selbst sein und bin trotzdem sicher, weil er immer auf mich aufpasst und für mich da ist. Er hört mir zu, er hält mich fest, er gibt mir Tipps, er versteht mich und er ist alles, was ich will und brauche.

Fußball ist mir nach wie vor wichtig und, wenn es einen anderen Weg gäbe, einen vertretbaren Weg, dann würde ich diesen auch gerne gehen, um professionell zu spielen, aber sowas ist nun mal momentan nicht in Sicht. Ich werde heute damit abschließen und mich die nächste Zeit nur um mich selbst kümmern, mir so viel Zeit nehmen, wie ich brauche, um ganz gesund zu werden und dann einen neuen Abschnitt in meinem Leben beginnen.

Ich gehe heute einen verdammt großen Schritt, doch obwohl Tyler nicht hier ist, um meine Hand dabei zu halten, weiß ich, dass ich das kann. Ich mache das nicht nur für ihn oder für uns, sondern für mich und jeden einzelnen Menschen, der sich so fühlt wie ich.

Mein Blick schweift über die Menge an Journalisten, die mich später alle anschauen werden, über die aufgebauten Kameras, die später alle mein Bild übertragen werden, über die Mikros, die später alle meine Stimme aufnehmen werden und zu dem Platz, auf dem ich später sitzen werde.

Die Pressekonferenz war Sunnys Idee. Anfangs war ich davon auch noch total begeistert und konnte es kaum erwarten, an so einem Event teilzunehmen, aber nun wäre es mir lieber gewesen, ich hätte auf meinen großen Auftritt verzichtet. Ich habe mir zwar genau aufgeschrieben, was ich sagen will, aber gerade glaube ich, ich verliere meine Fähigkeit zu lesen ohnehin jeden Moment.

Und was ist, wenn ich später bei den paar Stufen stolpere und es mich live im Fernsehen vor tausenden von Zuschauern auf die Fresse legt? Alter, wäre das peinlich. Dann kann ich mir gleich einen Kopfschuss geben.

Ich will nicht, dass man mir ansieht, wie nervös ich bin, aber so wie ich gerade schwitze, wird das kaum zu übersehen sein.

Sunny merkt mir auch an, dass ich kurz vorm Durchdrehen bin und zieht mich etwas zurück, dass ich nicht mehr aus dem Backstage-Bereich rausgucken kann. „Jetzt mach dich nicht verrückt, das wird schon. Wir haben doch alles durchgesprochen. Es kann gar nichts schiefgehen"

Teach me LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt