Okay, mit den zwei Stunden war ich nicht nur optimistisch, sondern einfach nur realitätsfern. Ich sitze vier Stunden am Schreibtisch, als ich das erste Mal auf die Uhr sehe und nicht glauben kann, wo die ganze Zeit hin ist.
Es ist Mittag. Alex ist wahrscheinlich noch draußen Fußball spielen. Hoffentlich denkt er ans Trinken. Hat er Geld dabei, um sich was zu essen zu kaufen oder kommt er dafür nachhause? Ich sollte ihn fragen. Dann habe ich eine Ausrede, eine Pause zu machen, wenn ich ihm etwas koche.
Mein Anruf bleibt irgendwo in der Leitung hängen. Alex nimmt nicht ab. Wenigstens drückt er mich nicht wieder weg, sowie beim letzten Mal. Ich bin mir wie eine totale Nervensäge vorgekommen und konnte quasi vor Augen sehen, wie er genervt aufstöhnt, wenn er meinen Namen auf dem Display sieht, obwohl ich weiß, dass das mit der Realität nichts zu tun hat...
Da ich selbst keinen Hunger habe oder vielleicht auch einfach nicht in Stimmung bin, etwas zu essen, arbeite ich einfach weiter. Die nächsten zwei Wochen sollte ich schon noch richtig Stoff machen, vor allem in den oberen Klassen. In der letzten schauen wir dann einfach Filme, von denen ich behaupten kann, dass sie irgendeinen pädagogischen Wert haben. In Deutsch ist das sehr einfach, Sozialkunde geht so und Bio ist schon fast unmöglich. Vor allem Bio in der Sechsten. Da kann ich nicht mal was mit Zombies anschauen. Vielleicht lasse ich sie einfach Spiele spielen oder was malen oder so. Die Kleinen sind so redebedürftig, es könnte auch die ganze Stunde füllen, wenn ich einfach mal in die Runde frage, was sie in den Ferien so vorhaben...
So in meinen Planungen versunken, schrecke ich auf, als es für mich total plötzlich an den Türrahmen klopft.
John lacht leicht und seufzt: „Ach, dich zu erschrecken wird niemals aufhören Spaß zu machen"
„Willst du mich umbringen?" Ich halte mir die Hand aufs Herz und sehe ihn vorwurfsvoll an.
„Ja klar, wenn ich dich nicht haben kann, kann dich keiner haben" Er sagt das total ernst, sodass ich es ihm für eine Millisekunde sogar glaube, bevor er wieder zu grinsen anfängt und ich erleichtert die Augen verdrehe.
„Was willst du, John? Ich bin am Arbeiten"
„Es ist Sonntag", gibt er zurück, so als sei das die Antwort aller Fragen.
„Ja und? Du arbeitest offensichtlich gar nicht mehr, dann muss ich halt auch am Wochenende arbeiten" Dass das eigentlich so gar nichts miteinander zu tun hat, ignoriere ich jetzt einfach mal. Er soll ruhig wissen, was ich davon halte, dass er sich von mir durchfüttern lässt.
„Ist halt schwer, was zu finden", meint er, kommt in den Raum und setzt sich auf das Sofa, das wir nur hier reingestellt haben, damit ich in Ruhe lesen kann, ohne, dass er mir dabei auf den Sack geht.
„Was ist mit deinem Job? Der lief doch gut?" Ich lege meine Unterlagen zur Seite und sehe dabei fragend zu John.
Er schnaubt belustigt, aber nicht wirklich amüsiert. „Der lief beschissen. Dieser Arsch von Schneider hat die Beförderung bekommen und gar nicht mehr aufgehört, mir alles Mögliche auf den Schreibtisch zu knallen, nur um mir unter die Nase zu reiben, dass er jetzt mein Vorgesetzter ist. Ich bin nicht mehr hinterhergekommen und ich hab's irgendwann dann auch gar nicht mehr versucht. Dann hatte ich noch eine kleine Auseinandersetzung mit ihm, die die halbe Belegschaft mitbekommen hat und... Ja, den Rest kannst du dir ja denken"
„Wieso erfahre ich das jetzt erst?", frage ich ihn fassungslos. Das muss immerhin schon vor Monaten gewesen sein, da er seitdem die Wohnung kaum mehr verlassen hat.
John zuckt mit den Schultern. „Das hat alles angefangen kurz nachdem du ausgezogen bist und ging zu ende, als du Schluss gemacht hast. Mich über meinen Job auszukotzen war da nicht wirklich meine größte Sorge."
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Teach me Love
Aktuelle Literatur..."Du hast mir das Herz gebrochen"... Alles, was zwischen Tyler und Lion stand, ist nun Vergangenheit und sie wollen ihre Chance auf eine gemeinsame Zukunft nutzen. Doch, nachdem für Lion mit seinem Schulabschluss ein bedeutendes, neues Kapitel in...