83. Tyler

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Autofahren ist so eine Sache. Man muss hochkonzentriert sein und immer dazu bereit, sich neuen Verkehrssituationen anzupassen, man muss jederzeit reagieren können und demnach immer aufmerksam und auf alles vorbereitet sein. Das bin ich. Trotzdem hat Autofahren auch eine beruhigende Wirkung auf mich. Ich kann nachdenken, aber ohne, dass es mich in die Verzweiflung treibt, fast so als sei mein Auto ein Schutzschild, das mich davor schützt, mich zu verlieren.

Heute, auf meinem Weg zu Alex, denke ich beispielsweise über John nach. Seine Späße, sein Lächeln und seine gesamte Art wirkt weniger aufgesetzt oder erzwungen. Zwar versteckt er so nicht mehr so krampfhaft, wie schlecht es ihm geht, aber das zeigt gleichzeitig auch, dass es etwas besser wird, finde ich.

Julian tut ihm gut. Meine Idee, ihn so quasi auf John anzusetzen war ein voller Erfolg. Für das Wochenende haben die zwei sich wieder verabredet, ohne, dass ich Julian bitten musste. Er trifft sich gern mit John und die beiden haben auch wirklich ihren Spaß.

Als ich von dem Ausflug nachhause gekommen bin, war Julian auch grade bei uns. Er hat so laut und so seltsam gelacht, dass ich mich erstmal gefragt habe, zu was für einem Irrenhaus meine Wohnung denn jetzt geworden ist, aber, als ich im Wohnzimmer geschaut habe, was da los ist, habe ich erkannt, wie Julian sich vor Lachen fast auf dem Boden gekugelt hat und John auf dem Sofa saß und Julian grinsend dabei zugesehen hat.

Wenn er mal nicht hysterisch lacht, ist es ziemlich ruhig, wenn er da ist. Natürlich habe ich meine Ohren gespitzt und versucht zu hören, ob sie miteinander schlafen. Wer kann es mir verübeln? Ich hätte doch nicht ahnen können, dass John es hinbekommt, sich so lange zurückzuhalten. Julian sieht wirklich gut aus und, wenn John Gefühle für ihn hat, wäre doch, zusammen im Bett zu landen, gar kein so abwegiger nächster Schritt. Aber meines Wissens nach ist das bisher noch nicht passiert.

Ich glaube auch, John würde es mir erzählen. Irgendwie sind wir ja doch unsere besten Freunde und nachdem er mir jetzt schon öfter von Julian vorgeschwärmt hat, würde es mich nicht wundern, wenn John mir auch das erzählen würde.

Es würde mich nicht stören. Ich würde mich für ihn freuen, wenn er glücklich mit ihm ist. Aber trotzdem finde ich es sehr gut, dass sie sich wohl Zeit lassen, falls es auf sowas wie eine Beziehung hinauslaufen soll, was auch immer da läuft.

Dinge zu überstürzen sind nie gut. Klar ist man in dem Moment total davon überzeugt, aber hinterher bereut man es viel zu oft sehr.

Mein Weg zu Alex kommt mir heute nicht so lange vor wie der Weg zurück von ihm. Liegt vielleicht daran, dass ich mich freue und in Gedanken tausendmal durchspiele, wie es sein wird, ihn wiederzustehen. Ich plane, wie ich ihn küssen will, wo ich ihn anfassen will und wie wir kuscheln werden.

Ich bin extra relativ spät losgefahren, damit ich bei ihm ankomme, wenn er auch schon da ist. Jetzt mit Ace in Alex' Wohnung zu chillen, fände ich absolut nicht schön.

Das mit Ace und mir wird nichts mehr werden. Ich habe einfach kein gutes Gefühl bei ihm. Er verkörpert einfach zu vieles von dem, was ich an Menschen ungern sehe. Egoismus, Gewalt, Empathielosigkeit, etc...

Zwar will er Alex jetzt helfen, aber allein schon wie er das tut, ist mal wieder sehr zweifelhaft. Ich finde, Ace ist wirklich kein guter Umgang, aber Alex ist erwachsen und er hat mir sehr deutlich gemacht, dass ich bei der Wahl seiner Freunde nicht wirklich mitzureden habe. Er meinte, er legt Wert auf meine Meinung, entscheidet schlussendlich aber selbst.

Einerseits gefällt mir das natürlich nicht. Ich will nur das Beste für Alex und ihn am liebsten vor der ganzen Welt beschützen. Aber ich weiß, dass ich das nicht kann und, dass ich das eigentlich auch nicht muss. Alex kann auf sich selbst aufpassen, eigene Entscheidungen treffen und dafür die Verantwortung übernehmen.

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