Ich liege in meinem Bett, sehe an meine Zimmerdecke und denke nach.
Ein Teil von mir will Tyler anrufen und ihm erzählen, was ich gestern erfahren habe. Er würde bestimmt irgendwas sagen, das mich beruhigen würde und maßgeblich dazu beitragen, dass ich mich deutlich besser fühle. Aber ich will nicht mit ihm darüber reden, noch nicht. Erst muss ich wissen, was ich überhaupt zu sagen habe.
Lucy hat mir vieles erklärt, aber nur an ein paar Sätze davon kann ich mich richtig erinnern. Sätze wie: „Ich habe sie vor zwei Monaten bekommen", „Ich wusste bis zum siebten Monat nicht mal, dass ich schwanger bin", „Ich weiß nicht, von wem es ist. Du und Ace kommen in Frage."
Ich weiß auch nicht mehr genau, wie ich reagiert habe. Ob ich etwas gesagt habe oder sie einfach nur sprachlos angestarrt. Ich kann mich gerade nur noch an das Baby in ihrem Arm erinnern und muss versuchen zu verstehen, dass da meine Gene drinstecken könnten.
Die ganze Nacht lag ich wach. Zu wissen, dass ich vielleicht ein Kind gezeugt habe, hat mich richtig aus der Bahn geworfen.
Ich habe über meine Vaterqualitäten nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich ein scheiß Dad wäre. Ich meine, allein die Tatsache, dass ich Lucy nicht liebe, zeigt doch schon, dass ich als Vater dem Kind kein gutes Umfeld garantieren könnte. Außerdem weiß ich gar nichts über Babys außer, dass sie laut sind und stinken.
Ich will keine Kinder, daran hat sich nichts geändert. Aber ich weiß, dass ich Verantwortung übernehmen sollte, falls Luna meine Tochter ist... Gott, wie das klingt. Ich bin doch erst 18 Jahre alt. Ich kann kein Kind haben.
Bei der ganzen Sache und tief versunken in meiner Verzweiflung habe ich natürlich auch an Lucy gedacht. Daran, wie es für sie gewesen sein muss, herauszufinden, dass sie beinahe hochschwanger war und das nicht von ihrem festen Freund. Daran, dass sie ein kleines Wesen aus sich rausgepresst hat und ihr komplettes Leben und ihre Pläne hintenangestellt, um sich um es zu kümmern.
Und an Nico. Daran, dass er Lucy so sehr liebt, dass er das einfach akzeptiert und sie dabei auch noch unterstützt. Es muss doch scheiße sein, dass seine Freundin ein Kind von einem anderen bekommen hat und er sich jetzt den Arsch aufreißen muss, um es zu versorgen.
Ich glaube nicht, dass wirklich viele das durchgezogen hätten, ich rechne Nico das wirklich hoch an. Und auch Lucy bewundere ich dafür, dass sie all das geschafft hat. Sie ist Mama. Ist das zu glauben?
Lucy muss bemerkt haben, dass mein Hirn nicht dazu im Stande war zu verarbeiten, was ich da alles erfahren habe. Sie hat dafür gesorgt, dass Nico mich nachhause fährt und meinte, ich soll einfach spontan wiederkommen, wenn ich bereit bin. Sie sei eigentlich immer ‚zuhause'.
Sie war ruhig und wollte mir ein wenig Zeit geben. Aber egal, was ich mache, ich kann nicht aufhören darüber nachzudenken. Ich habe so viele Fragen und so viel zu sagen, ich kann nicht hier liegenbleiben und weiter grübeln. Ich muss was tun.
Ich beschließe, dass ich joggen gehen werde. Dann bin ich an der frischen Luft, bekomme meine Bewegung – und das wohl wichtigste: ich bleibe in Form.
Ich nehme mir nicht wirklich vor, einen bestimmten Weg zu laufen. Ich ziehe mich gut an, nehme Handy und Kopfhörer mit und laufe einfach los.
Das tut gut. Kein Ziel zu haben und jeden Weg gehen zu können, den ich gehen möchte. Wenn ich nach links laufen will, laufe ich nach links und wenn ich nach rechts laufen will, laufe ich nach rechts und wenn ich geradeaus laufen will, laufe ich eben geradeaus. Ich habe die volle Kontrolle darüber, keiner kann mir sagen, wohin ich gehen sollen oder erwarten, dass ich einen bestimmten Weg nehme.
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Teach me Love
General Fiction..."Du hast mir das Herz gebrochen"... Alles, was zwischen Tyler und Lion stand, ist nun Vergangenheit und sie wollen ihre Chance auf eine gemeinsame Zukunft nutzen. Doch, nachdem für Lion mit seinem Schulabschluss ein bedeutendes, neues Kapitel in...