156. Alex

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Nur noch drei Tage, dann bin ich weg. Auf Reha, um genau zu sein. Ganz offiziell in einem Entzugsprogramm, wo sich mir intensiv angenommen wird. Dann muss ich mit Psychologen reden und Therapien machen und werde es dadurch schaffen, diesen Teil meines Lebens und auch von mir selbst, hinter mir zu lassen.

Ich weiß, dass das verdammt harte Arbeit wird. Aber für das Ziel vor meinen Augen, für meinen neuen Traum, lohnt es sich zu kämpfen. Ich will gesund und stark zu Ty zurückkommen und mir ein Leben mit ihm zusammen aufbauen. Ich will total langweilige Routine in unserem Alltag, ganz viel Kuscheln und Küssen und endlich ein Zuhause, in dem ich mich wohlfühlen und ich selbst sein kann.

Ty verbringt jeden einzelnen Tag mit mir. Manchmal gibt er mir ein paar Stunden mit Tony und/oder Matt alleine und geht Sachen erledigen und manchmal bleibt er mit meinen Freunden hier und wir chillen zusammen. Ich habe oft nur die Nächte für mich selbst, weiß aber nicht, ob ich das gut oder schlecht finde. Einerseits brauche ich ein bisschen Zeit allein, aber andererseits ist es nachts so dunkel und kalt und andererseits sind da all diese Schmerzen, diese Gedanken und Erinnerungen und dann merke ich erst, wie sehr ich die Ablenkung tagsüber brauche.

Ich weiß gar nicht, wie das ablaufen soll, wenn ich mich direkt mit dem ganzen Scheiß auseinandersetzen soll. Das kriege ich doch niemals hin. Mein letzter Nervenzusammenbruch hat mich hierhergebracht. Ich wäre fast verreckt! Das ist doch der beste Beweis dafür, dass ich mit alle dem, was da so in mir verborgen ist, einfach nicht umgehen kann.

Tyler will immer, wenn wir zu zweit sind und ich ruhig in seinen Armen liege, mit mir reden. Über all diese Dinge, an die ich nicht mal denken will. Er denkt, das würde mir helfen. Aber, alles was dann passiert, ist, dass ich mich schäme und hasse und vielleicht sogar dankbar bin für alles, was ich gerade durchmachen muss. Ich habe das verdient, das weiß ich. Ich bin selbst dafür verantwortlich und jetzt muss ich halt die Konsequenzen dafür tragen.

Es wird Zeit, dass, was ich tue, etwas Anderes als Einsamkeit und Verzweiflung nach sich zieht. Ty zu fragen, ob er wieder mit mir zusammen sein will und fest zu planen, wie, wann und wo ich mit dem Fußball aufhöre, war der erste Schritt in diese Richtung. Jetzt kann es doch nur noch besser werden, oder?

Heute ist Ty noch nicht da. Er will das ganze Zeug für meine Reha packen, damit alles rechtzeitig fertig ist und er in der Hektik nichts vergisst. Es ist richtig süß, wie genau er das alles geplant hat. Er hat jede Kleinigkeit mitgeschrieben, die ich dabeihaben sollte, zusätzlich zu der Liste, die ich ohnehin bekommen habe. Dann hat er sich überlegt, wann er was wo besorgen geht.

Ich wusste ja, dass er gerne Pläne macht und er super darauf steht, wenn alles so läuft, wie er das wollte, aber das ist echt einfach nur noch entzückend. Er macht all das nur für mich. Er kümmert sich und sorgt sich um mich und er gibt mir so viel Halt und Sicherheit, das kann er sich gar nicht vorstellen.

Mit ihm ist alles besser. Und egal, wie unsicher meine Zukunft gerade noch ist und wie wenig Ahnung ich habe, wie es nach dem Entzug weitergehen soll, solange ich weiß, dass Ty ein Teil davon ist, kann ich mich darauf freuen.

Als es an meine Tür klopft, freue ich mich schon auf ihn. Mit ihm zu schlafen, egal, wie unangemessen das hier gewesen sein mag, hat mir deutlich mehr geholfen als ich es jemals erwartet hätte. Nicht nur für den Moment und auch nicht nur, um dem körperlichen Schmerz durch all die Hormone entgegenzuwirken, sondern auch emotional. Ich fühle mich ihm so nahe wie schon lange nicht mehr. Und so absurd es auch ist, dafür zu sorgen, dass er guten Sex bekommt, hat mich auch irgendwie total motiviert. Dafür gesorgt, dass ich glaube, doch irgendwas richtigmachen und genauso für sein Glück sorgen zu können wie er für meines.

Ziemlich schnell muss ich aber feststellen, dass es nicht Ty ist, der reinkommt. Dass ich jetzt nicht mit Kuscheleinheiten rechnen kann und liebevollen Küssen und sanften Streicheleinheiten... Wenigstens kann ich das jetzt besser zulassen, denn Tyler bzw. der Arzt, auf den er sich berufen hat, hatte recht. Es wird besser mit der Zeit. Erträglicher.

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