84. Alex

1.5K 118 32
                                    

Es ist so unglaublich schön, wieder in Tylers Armen wachzuwerden. Ich habe es wirklich unterschätzt, wie sehr ich ihn vermissen werde und wie sehr ich es tatsächlich brauche, mich abends mit ihm ins Bett zu legen, solange zu reden und zu kuschen oder einander anzulächeln, bis wir Arm in Arm einschlafen.

Ich kann gar nicht glauben, dass ich tatsächlich lächele am Morgen. Aber Tyler macht mich einfach so glücklich.

Unsere Schlafposition scheint sich ein wenig weiterentwickelt zu haben. Normalerweise stapele ich mich immer auf ihm oder er sich seltener auf mir, doch grade liegen wir beide auf der Seite, ich vor ihm und in seinem festen Griff.

Er atmet regelmäßig an meine nackte Schulter und löst dadurch eine Gänsehaut auf meinem Körper aus. Ich spüre die nackte Haut seines Oberkörpers an meinem Rücken und die seiner Beine an meinen und rücke vorsichtig etwas näher an ihn heran.

Er grummelt, drückt mich fester, rollt sich dann aber von mir weg und auf den Rücken. Toll. Das war nicht die Absicht. Trotzdem ist es wahrscheinlich besser so. Ich muss ohnehin auf Toilette.

Ich ziehe mir also eine Unterhose an und schleiche aus dem Zimmer aufs Klo. Mein Knöchel macht sich dabei bemerkbar, vor allem, weil ich immer, wenn ich damit auftrete, das Gefühl habe, mein Fuß sei ein schmaler Zahnstocher, der jeden Moment bricht.

Ich habe Tyler nicht angelogen, was die Schmerzen angeht. Es tut wirklich nicht weh. Ihm den Grund dafür zu verschweigen, ist nicht okay, das weiß ich selbst. Ich habe die Tabletten extra so versteckt, dass er sie nicht finden wird. Aber ich wollte einfach nicht Gefahr laufen, es ihm erklären zu müssen. Ich habe meiner Oma Medikamente gestohlen, ich bin da alles andere als stolz drauf.

Nachdem ich im Bad fertig bin, gehe ich zurück in mein Zimmer. Auf dem Weg dahin sehe ich ins Wohnzimmer und erkenne, dass Ace schon wach ist und über irgendetwas zu grübeln scheint. Er liegt einfach auf dem Sofa, die Arme verschränkt hinter dem Kopf, und schaut an die Zimmerdecke.

„Hei" Ich klopfe leise an und gehe dann rein. „Alles okay?" Ich stelle mich so vor ihn, dass er sich nicht groß verbiegen muss, um mich anzusehen.

„Jaja, alles bestens. Bei dir? Schön gefickt worden?"

Ich verdrehe die Augen.

Er lügt, das ist mehr als offensichtlich. Eigentlich dachte ich, wir könnten über unsere Gefühle miteinander reden. Aber er scheint dafür Alkohol oder Joints oder Tony zu brauchen.

Richtig übelnehmen kann ich ihm das nicht. Mir ging es total lange genauso und ich weiß nicht, ob das bis heute wirklich aufgehört hat. Um mit jemandem über meine Gefühle zu reden, brauche ich meistens jemanden, der mich gut genug kennt, dass ich nicht viel sagen muss.

Früher war Matt diese Person für mich. Der einzige, der mich gut genug kannte, um zu wissen, was ich grade brauche. Meistens war das Ruhe, Stille und Alleinsein. Hin und wieder unerwartete Umarmungen, über die wir dann aber nie geredet haben und ansonsten Ablenkung.

Dann kam Tyler. Er hat mit gezeigt, dass ich keine Belastung bin, wenn ich mich jemanden anvertraue und dass ich Gefühle haben und diese auch zeigen darf. Dass ich gut so bin wie ich es bin und das nicht überspielen muss.

Nachdem Tyler mir so wehgetan hat, war Tony die beste Option. Er hat mich verstanden, diesen Herzschmerz, die Verzweiflung, das Gefühl, keine Tränen zulassen zu dürfen, weil man sonst gefahrläuft, darin zu ertrinken. Also waren wir füreinander da. Und irgendwie war Ace erstaunlich oft auch einfach anwesend, hat zugehört, hin und wieder dumme Kommentare abgegeben, mitgekuschelt und für Ablenkung gesorgt.

Dass es ihm selbst nicht gut geht, ist doch eigentlich schon immer klar. Er hatte es noch nie einfach und mit den Jahren scheint es für ihn immer schwerer geworden zu sein. Was genau ihn so belastet, weiß ich nicht. Er erzählt mir unter den richtigen Umständen zwar von seinen Mädchenproblemen, aber sonst lässt er nicht wirklich einen Einblick in sein Leben oder seine Gefühlswelt zu.

Teach me LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt