71. Alex

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Ich bin so aufgeregt.

Gestern Abend habe ich noch mit Tyler telefoniert. Obwohl er heute arbeiten muss, meinte er, er bleibt dran, bis ich eingeschlafen bin, einfach, um bei mir zu sein und mich zu beruhigen. Irgendwann habe ich dann so getan als würde ich schlafen, damit er auflegt und selbst schlafen kann. Ich lag weiterhin wach und habe mich hin und her gewälzt.

Es ist der erste Tag meiner Traumkarriere - Klar bin ich da nervös. Morgen kann ich bestimmt besser schlafen, davon bin ich überzeugt.

Ich bin früh auf den Beinen, um mich fertig zu machen. Ich mache morgens nach dem Aufstehen sofort meine Salbe auf meinen Knöchel, frühstücke, ziehe mich um und mache meine Schiene hin, während ich meine Sachen richte. Schienbeinschoner, Fußballschuhe, Stutzen, Hose, Oberteil, Duschzeugs, Handtuch.

Dann binde ich meinen Fuß so ein, wie Tyler es mir erklärt hat, und laufe die feste Bandage ein. Ich merke sofort, dass sie mir deutlich Halt liefert, habe aber ein paar Bewegungseinschränkungen, die aber zurückgehen werden, wenn ich sie ein bisschen getragen habe.

Ich bin bereit.

Ich stehe schon eine halbe Stunde, bevor der Typ, der mich abholen soll, auf den Hof und warte. Er kommt schließlich zehn Minuten zu spät, hält vor mir, lässt die Scheibe runter, beugt sich rüber und fragt: „Braun?"

Ich nicke.

„Steig ein, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!"

Der ist ja freundlich. Da freut man sich gleich richtig darauf, Zeit mit ihm zu verbringen.

Gestern, als ich meinen Vertrag unterschrieben habe, habe ich eine Menge mit dem Trainer und dem Vereinsvorstand besprochen. Wir haben nochmal über mein Aggressionsproblem geredet, meinen Vertrag im Allgemeinen, meine Bezahlung, die sich wie zu erwarten an meiner Einsatzzeit und meinen Toren, etc. orientieren wird, ausgehend von einem Grundgehalt von 2000 Euro netto im Monat. Und das nur dafür, dass ich unter Vertrag stehe. Ich muss nicht mal spielen.

Mein Grinsen darüber habe ich mir verkniffen. Das wäre total unprofessionell rübergekommen. Stattdessen habe ich so getan, als sei das viel zu wenig und die meinten, sie lassen mit sich verhandeln, wenn sie sich ein Bild davon gemacht haben, wie ich mich integriere und verhalte, wenn ich auf dem Spielfeld stehe.

Als ich gefragt habe, wann ich wo sein soll, damit ich mich um eine Fahrgelegenheit wie Bus oder Taxi kümmern kann, war mein Trainer total schockiert darüber, dass ich noch keinen Führerschein habe und meinte, sobald ich richtig angekommen bin, wird er einen Weg finden, dass ich den nebenbei machen kann. Solange sorgt er dafür, dass einer der Spieler, der in der Nähe wohnt, mich mitnimmt. Eigentlich ganz entspannt. Wäre der nur nicht so schlecht gelaunt.

„Mann, sind das verschissene Pisser hier, Alter!" Er schüttelt den Kopf über die anderen Autofahrer und knallt dann drei Mal auf die Hupe. „Fahr doch! Die scheiß Ampel ist grün, du Fotze!"

Ich muss mir ein Lachen verkneifen, da er den alten Mann vor uns im Auto als Fotze betitelt und allgemein alles andere als entspannt auf mich wirkt. Nicht mal ich benehme mich so.

Als wir auf der Bundesstraße ankommen und er überholen kann, macht er das Fenster auf meiner Seite runter und streckt sich während dem Fahren über mich, um dem Typen den Mittelfinger zu zeigen. Dass er ihn dabei mit dem Auto fast wegrammt, interessiert ihn nicht.

„So ein Wichser!" Fassungslos schüttelt er den Kopf, lehnt sich wieder zurück und macht das Fenster zu. „Da könnte ich schon wieder ausrasten, echt"

„War das grade nicht ausgerastet?", hake ich belustigt nach.

Ich glaube, jeder ändere in meiner Lage hätte sich vor Angst in die Hose geschissen. Ich kann einfach nur lachen.

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