13. Alex

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Ja, okay, ich schiebe Panik. Tyler hat mir heute Morgen eine Nachricht geschrieben und dann am Mittag nochmal, nachdem die Schule zu Ende war und er meinte, er fährt gleich los und ich soll in so vier Stunden mit ihm rechnen.

Das ist jetzt sieben Stunden her. Seitdem hat er sich nicht mehr gemeldet und hier aufgetaucht ist er auch nicht.

Eigentlich wollte ich ihn nicht anrufen, um zu fragen, wo er bleibt, weil ich dann wie ein ungeduldiges Kind rübergekommen wäre, aber ich habe es trotzdem getan und er ist nicht rangegangen.

Ich mache mir Sorgen. Vielleicht ist ja was passiert. Ein Stau? Ein Autounfall? Eine Zombieapokalypse? Letzteres schließe ich aus rationalen Gründen jetzt einfach mal aus. Da ich aber nicht weiß, welche Strecke er wohl fährt, kann ich nicht schauen, ob auf dem Weg und Stau liegt oder vielleicht wirklich ein Unfall passiert ist. Außerdem hätte er doch dann bescheid geben können. Langsam drehe ich durch.

Ein weiterer Versuch, Tyler zu erreichen schlägt fehl. Fluchend nehme ich das Handy wieder vom Ohr, als ich gerade in die Küche laufe. Ich muss Stressessen, sonst renne ich hier gleich die Wände hoch.

Wer weiß, vielleicht ghostet er mich auch, weil er einfach keinen Bock mehr auf mich hat. Kann doch sein. Er hat spontan beschlossen, einfach so zu tun, als existiere ich nicht und macht sich jetzt mit John ein schönes Leben.

Und da fliegt meine Faust auch schon gegen die Wand. Fuck tut das weh.

„Spinnst du?! Was ist denn in dich gefahren?!" Meine Mum reißt mich zu sich herum, sieht sich dabei meine Hand an. Sie zittert vor Schmerz und blutet bereits. „Was soll das?" Mum sieht mich vorwurfsvoll an, hält dabei mit einer Hand meine Hand und wühlt mit der anderen im Gefrierschrank herum, um Erbsen rauszuholen und sie mir auf die Hand zu legen.

Schmerzerfüllt verziehe ich mein Gesicht, da sie das nicht gerade sanft macht, aber sie scheint wenig Mitleid zu haben. „Jetzt rede! Warum verprügelst du meine Wand und dazu noch dich selbst?!"

„Willst du eh nicht wissen", murmele ich, ihrem strengen Blick ausweichend.

Sie schnaubt und sieht mich umso eindringlicher an. „Rede. Jetzt."

Als hätte ich eine Chance gegen sie!

„Tyler meldet sich nicht... Er wollte vor drei Stunden hier sein, aber er ist nicht aufgetaucht und er reagiert auf keinen meiner Versuche, ihn zu erreichen"

„Und deswegen musst du die Wand schlagen?" Sie schüttelt fassungslos den Kopf.

Natürlich versteht sie das nicht. Sie hat mich nie verstanden, es nicht mal versucht. Ich weiß doch selbst, dass es nichts bringt, sinnlos um mich zu schlagen, es bringt mich eher in noch mehr Schwierigkeiten. Aber Gewalt ist mein letztes Mittel zur Verteidigung, nach Lügen und dem Verstecken meiner Emotionen und meines Selbst. Wenn ich bei Ty bin, scheint es fast so, als existiere diese brutale, gewaltbereite, verletzende Seite von mir gar nicht. Doch ohne ihn bin ich dem schutzlos ausgeliefert.

Er meinte damals, ich brauche ein Ventil, um all den Druck in mir abbauen zu können, aber das bringt mir auch nichts, wenn ich innerlich konstant explodiere, solange, bis es sich dann durch das um-mich-Schlagen äußert. Und vielleicht, ja vielleicht genieße ich den Schmerz dabei ja auch. Er beweist, dass ich etwas getan habe, mich gewehrt und nicht nur tatenlos zugesehen. Dass ich kein hilfloser Schwächling bin, sondern, dass ich mich schützen kann.

Ich befürchte, so richtig habe ich selbst jetzt noch nicht ganz verstanden, dass ich mich vor meinen Gefühlen und Ängsten nicht schützen kann, indem ich Schläge austeile. Deshalb versuche ich es immer weiter.

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