62 - Das Gespräch

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„Du hast-"

„Das ist der Grund. Du fühlst dich zu dick. Deshalb distanzierst du dich so von mir. War dir eigentlich klar was alles passieren kann, wenn du diesen Trank einnimmst? Hast du dir mal die Nebenwirkungen durchgelesen? Du setzt sinnlos deine Gesundheit aufs Spiel!", sagte ich laut, aber versuchte ruhig zu klingen.

„Harry, es ist nicht sinnlos! Hast du mich eigentlich schon mal meinen Bauch nach der Geburt gesehen?"

„Ja, habe ich und es ist der schönste Bauch der ganzen Welt, weil in ihm zum vierten Mal ein wunderbares Leben herangewachsen ist", donnerte ich meine Frau an. „Und es gibt keinen Grund sich dafür zu schämen!"

Ginny zuckte zusammen und sagte nichts mehr. Sie blieb stumm. Sie starrte mich an bis sie sich aufs Bett zurücksinken ließ und die Decke über sich zog. Ich legte mich sofort neben sie. Langsam schlang ich meine Hände von hinten um sie herum und beugte mich nach vorn.

„Gin, was ist los? Bitte rede mit mir!"

„Lass es gut sein, Harry. Mach das Licht aus. Bitte"

Ohne mich nochmal anzusehen entriss sie sich meinem Griff und rutschte zehn Zentimeter von mir weg.

Ich seufzte und sah ein, dass es jetzt nichts mehr brachte und machte das Licht aus.

Doch ich konnte nicht einschlafen. In meinem Kopf bildete sich ein reinstes Gedankenchaos. Ich machte mir unglaubliche Sorgen. Zwar wusste ich jetzt woher die ständige Übelkeit und Appetitlosigkeit kam, aber nicht die Alpträume. Und warum distanzierte sie sich so von mir? Es gab keinen Grund auf dieser Welt warum sie sich wegen irgendetwas vor mir schämen müsste.
Ich seufzte müde, drehte mich auf die Seite und schloss die Augen. So hatte ich mir das definitiv nicht vorgestellt. Ich hatte mich so auf meinen Urlaub gefreut und auf die Dreisamkeit  mit Marie aber so wie Ginny sich in letzter Zeit aufführte, war es ein Horror und das Schlimmste war, dass ich nicht wusste, was los ist und dass ich ihr nicht helfen konnte.

Als ich fast eingeschlafen war, hörte ich ein leises Aufschluchzen. Ich öffnete meine Augen und sah sehr verschwommen aber deutlich, dass Ginny sich neben mich gesetzt hatte, das Gesicht in den Händen vergraben. Sie zitterte, weinte und zog die Decke über sich. Ohne darüber nachzudenken, umarmte ich sie fest. Ich würde sie festhalten; ihr den Halt geben, den sie brauchte. Und wenn sie sich versuchen würde mir zu entreißen, würde ich sie trotzdem festhalten.

„Wenn du bereit bist, kannst du ruhig mit mir reden", flüsterte ich und strich ihr über den Rücken. „Ich beiße nicht"

Ginny entfuhr ein leiser Lacher, welcher kurz anhielt und sich dann in einen Schluchzer verwandelte.

„Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll"

„Rede nicht um den heißen Brei. Sag es einfach, ich höre dir zu"

„Also...ich...ich fühle mich gerade nicht so wohl in meinem Körper. Deshalb nehme ich den Abnehmtrank. Es ist vollkommen lächerlich aber ich fühle mich irgendwie zu dick, auch wenn ich weiß, dass ich es nicht bin"

Ich sage nichts und sah sie an, weil ich nicht wusste, was ich darauf antworten sollte.

„Jetzt weißt du's"

„Das ist aber nicht alles, oder?"

Ginny seufzte, schüttelte den Kopf und ich beobachtete dabei, wie eine Tränen ihren linken Augenwinkel verließ.

„Ich glaube, dass ich die Geburt nicht richtig verarbeitet habe..."

„Was meinst du?"

„Naja, es ging sehr schnell und...ich hab...ich habe Angst, wenn du mich nackt siehst. Ich habe mich einmal nach der Geburt als du kurz weg warst vor den Spiegel gestellt und meinen Bauch angeschaut. Ich war mir sicher, dass er wieder flach werden würde, doch das ist er immer noch nicht. Außerdem bekomme Dehnungsstreifen an den Beinen. Aber das sind nicht die Gründe. Fakt ist, dass du du weißt schon was tun musstest und auch wenn du mir das schon hundert Mal gesagt hast, dass es für dich nicht schlimm war, kann ich einfach nicht aufhören an das und dieses Gefühl so vor dir zu liegen zu denken. Als es geschah, habe ich es nicht richtig wahrgenommen, doch im Nachhinein wenn ich versuche mich daran zu erinnern, ist es schlimm. Ich fühle mich nicht mehr wohl, wenn ich ohne Klamotten vor dir sitze, obwohl ich eigentlich keine Angst haben müsste, weil du mein Mann bist"

Sie hatte sich meiner Umarmung sanft entrissen, meidete meinen Blick und starrte stattdessen auf unsere Bettdecke.

„Es tut mir leid, dass ich so fühle"

„Das brauch es nicht. Ich kann zwar nicht nachvollziehen wie du dich gefühlt haben musstest, aber ich verstehe dich trotzdem. Manchmal ist es nicht so einfach manches so zu akzeptieren, wie es passiert ist. Ich kann dir viele Situationen aufzählen, wo ich mir gewünscht hätte, dass alles anders gewesen wäre. Aber es ist so passiert Gin, und ich finde, dass es eine wunderschöne Geburt war. Wir waren Zuhause, ungestört, wussten was auf uns zukommt und es entstand keine Hektik und auch wenn ich es schon bei James, Albus und auch teilweise bei Lily gesehen habe, fand ich es schön zu sehen, wie mein Kind auf die Welt kommt und was Frauen leisten, was du geleistet hast. Es brauch dir nicht peinlich zu sein, dass ich dich so gesehen habe. Mir geht es gut und ich bin froh, dass ich dabei sein durfte"

„Sicher?", fragte sie unsicher.

Ich lächelte, drückte ihre Hand und streichelte sie.

„Ja, du brauchst dir keine Sorgen machen und natürlich akzeptiere ich es auch, wenn du dich mal im Bad einschließen möchtest, aber es gibt keinen Grund warum du dich vor mir schämen müsstest. Ich liebe deinen Körper so wie er ist und das solltest du auch"

Sie lächelte nun auch.

„Danke", flüsterte sie. „Ich liebe dich"

„Ich dich auch", sagte ich und zog sie näher an mich. „Und ich glaube, dass du jetzt ein bisschen Schlaf vertragen könntest"

Being a fatherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt