61 - Fragen über Fragen

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Drei Wochen später hatte sich nicht viel verändert. Marie weinte jede Nacht aller drei Stunden, aber es wurde besser, da sie sich langsam an die Tropfen gewöhnte.
Inzwischen waren auch Lily, James und Albus wieder in Hogwarts. Wir schrieben jeden Tag mit Albus um zu sehen, wie es ihm ging und zum Glück kam er mit seiner Situation immer besser zurecht und hatte mir auch schon erzählt, dass er mit einem Jungen ausgehen würde. Jedoch war er noch nicht dazu bereit gewesen, es uns zu verraten wer er war. Er brauchte Zeit und vor allem Freiraum und ich wollte ihm das geben und ließ ihn deshalb in Ruhe.

Es war wieder mitten in der Nacht als ich aus meinem Schlaf gerissen wurde. Marie quengelte leise und strampelte unruhig. Als ich aufstand und sie aus dem Bett gehoben hatte, sah ich, dass sie ganz verschwitzt und zittrig war. Langsam legte ich sie über meine Schulter und drückte sie sanft an mich.

„Alles ist gut, meine Süße. Daddy ist da", flüsterte ich und wiegte sie langsam hin und her.

Es dauerte nicht lange und nach fünf Minuten schlief sie wieder. Sie lag noch über meine Schulter und hatte sich in meine Brust gekuschelt. Ich brachte es nicht fertig, sie in ihr Bett zu legen, weswegen ich mich auf mein Eigenes setzte.

„Sie hatte bestimmt bloß einen Traum", murmelte Ginny und gähnte. „Danke, dass du sie genommen hast. Ich hab sie gar nicht gehört"

Ich lächelte zufrieden.

„Und das ist auch gut so. Du sollst so viel Schlaf bekommen wie du kannst"

„Jetzt komm nicht wieder mit der Ausrede, dass ich vor vier Wochen ein Baby geboren habe"

„Das kommt dazu", meinte ich und grinste. „Aber du weißt was ich meine. Der Heiler hat gesagt, du sollst dich schonen. Du weißt warum"

Sie sah mich an und ich erkannte, wie ihre Ohren einen roten Farbton annahmen.

„Es ist immer noch nicht besser geworden, oder?", wollte ich wissen.

Sie schüttelte den Kopf. Ich nahm ihre Hand.

„Das wird schon wieder, Schatz", versuchte ich sie zu beruhigen. Ihr stiegen Tränen in die Augen.

„Und was ist, wenn es für immer so bleibt? Wenn ich für immer diese schrecklichen Träume habe. Wenn ich nie wieder Appetit bekomme?"

Seit zwei Wochen konnte Ginny kaum noch schlafen. Wenn ich nachts aufwachte, saß sie immer neben mir, schweißnass und zitternd. Sie hatte immer wieder Alpträume bekommen, konnte schlechter einschlafen und wenn sie etwas essen wollte, wurde ihr immer schlecht. Dazu übergab sie sich fast jeden Tag. Ich hatte sie sehr schnell davon überzeugen können das Krankenhaus aufzusuchen und die Heiler hatten gemeint, dass das Symptome einer Depression sein könnten. Warum ihr es aber so schlecht ging, hatte sie mir noch nicht erzählt. Ich war froh, wenn Ginny überhaupt mit mir redete.
Um ihr zu helfen und sie zu schonen, hatten wir uns darauf geeinigt, dass ich mich immer nachts um Marie kümmere, wenn sie einfach nur weinte, Nähe suchte oder eine neue Windel brauchte. Auch tagsüber übernahm ich fast alles, bis auf das Stillen, denn Ginny hatte weiter darauf bestanden. Sie wollte ihr nicht die Flasche angewöhnen.

„Gin, es wird wieder aufhören. Es wird dir wieder besser gehen. Du brauchst bloß ein bisschen Ruhe und Schlaf. Die letzten Wochen waren sehr stressig und wir hatten beide unsere Probleme uns an den neuen Alltag anzupassen"

Sie schluckte und wischte sich mit dem Ellenbogen über ihr Gesicht.

„Wenn Marie weint, denke ich mir manchmal, wie wir uns das antun konnten. Warum ich einfach nicht an den Verhütungstrank gedacht habe. Doch wenn sie lacht, schläft oder einfach nur zufrieden ist und sie mich anlächelt, dann weiß ich, dass alles gut ist. Ich fühle mich schrecklich, dass ich so viel darüber nachdenke"

„Hey, das ist ganz normal, Gin"

„Nein, nichts ist normal! Immer wenn sie weint bekomme ich Panik oder Angst. Dann könnte ich sofort mitheulen"

„Sie merkt es eben, wenn du unruhig bist, Schatz"

„Ich bin nicht unruhig", meinte sie stur und setzte sich auf. „Mir geht es nur nicht so gut"

„Aber warum?", fragte ich. „Was ist denn mit dir los? Du willst nichts essen, nur schlafen, du hast Alpträume und du schließt dich im Badezimmer ein-"

„Schonmal was von Privatsphäre gehört?", donnerte sie mir zornig entgegen, wobei Marie wach wurde. Sie fing an zu weinen und ich stand auf. Langsam ging ich im ganzen Zimmer auf und ab und tätschelte sanft ihren Rücken, bis sie wieder eingeschlafen war. Mit ihr auf dem Arm setzte ich mich wieder neben meine Frau und nahm vorsichtig ihre Hand.

„Ja, das habe ich. Aber du bist doch sonst nicht so. Du versteckst irgendwas vor mir"

Sie drehte sich weg.

„Mach das Licht aus"

„Gin, ich bin dein Mann. Du kannst mit mir reden. Ich liebe dich und es gibt nichts auf dieser Welt wofür du dich vor mir schämen müsstest!"

Sie ignorierte mich ebenso, wie ich sie ignoriert hatte.

„Mach das Licht aus"

„Gin-"

„Mach jetzt dieses gottverdammte scheiß Licht aus, sonst mach ich-"

Sie hielt inne und sprang auf. Zwei Sekunden später hörte ich die Tür zum Badezimmer zuknallen. Ich legte Marie in ihr Bett zurück und war erleichtert, als ich sah, dass sie wieder tief und fest schlief. Dann ging ich Ginny hinterher und klopfte.

„Ginny?", fragte ich sanft. „Kann ich bitte reinkommen?"

Sie antwortete nicht.

Ich seufzte, trat einen Schritt vor und erschrak. Ginny würgte und übergab sich über der Toilette, sodass sie fast keine Luft bekam. Ich hockte mich neben sie und fasste ihre Haare, um sie aus dem Weg zu halten.

„Harry, geh rüber. Seh dir das nicht an", flüsterte sie zwischendurch, als sie Luft holte.

Ich jedoch blieb bei ihr und wartete bis es besser wurde. Ohne auf mich zu achten ging zu wieder zurück ins Schlafzimmer. Da sie die Toilette nicht richtig gespült hatte, wiederholte ich dies nochmal und dabei fiel mir etwas Merkwürdiges auf. An der einen Seite klebte eine neongrüne leuchtfarbene Flüssigkeit und ich erkannte sofort, dass es ein Zaubertrank war. Doch was für einer?
Ich stellte mich wieder hin, ging zum Schrank und durchsuchte Ginny's Schublade, wo sie ihre persönlichen Heiltränke lagerte. Schneller als gedacht, entdeckte ich eine halbvolle Packung mit derselben Flüssigkeit. Es war eine große glänzende Flasche mit der Aufschrift:

Heilserum zum Abnehmen nach der Schwangerschaft

Misstrauisch laß ich die Aufschrift noch einmal und entfaltete den Zettel der Packungsbeilage und laß mir die Nebenwirkungen durch:

Erbrechen, Übelkeit, Schwindel, Fieber, Magenkrämpfe, Appetitlosigkeit, ...

Geschockt stellte ich die Flasche zurück in die Schublade und schloss die Tür. Ich machte das Licht aus und ging zurück ins Schlafzimmer. Ginny war gerade aufgestanden um das Fenster zu öffnen.

„Kommst du wieder ins Bett?", fragte sie.

Ich starrte sie an und versuchte mit Mühe mich zu beherrschen.

„Ist alles gut?"

„Nein", sagte ich. „Warum nimmst du einen Trank zum Abnehmen?"

Being a fatherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt