68 - In der Hölle

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Ich rannte so schnell, dass ich fast über die Stufen gestolpert wäre. Da es von McGonagall's Büro nicht weit zum Gemeinschaftsraum ist, war ich innerhalb von drei Minuten da. Massen von Schülern schrieen und rannten in alle verschiedene Richtungen. In Hogwarts war ein einziges Chaos und Durcheinander.

Als ich zum Loch der fetten Dame kam, drehte sich mein Magen automatisch um und ich wusste woher der Aufruhr kam: Es brannte.
Starker Rauch kam mir in die Nase und ich konnte kaum noch atmen vor Gestank. Meine Angst wurde größer, als McGonagall aus der Tür hetzte und hustete.

„Was ist hier los?", fragte ich sie panisch.

„Der ganze Gemeinschaftsraum brennt, wir wissen nicht wie das passiert ist. Lily und James, sie sind die Einzigen, die noch..."

Ich hörte sie nicht weiter reden. Als sie die Namen meiner Kinder nannte, dachte ich mein Herzschlag würde für immer aussetzen.

„Sie sind da noch drin?", schrie ich sie an.

Doch ehe sie mir antworten konnte, machte mein Herz einen kleinen Sprung. James kam aus der Tür gehetzt und rannte mich fast um. Sein ganzes Gesicht war schwarz, nur seine Augen waren rot und Tränen liefen seine Wangen ununterbrochen herunter.

„Dad! Lily, sie ist noch da drin! Ich konnte nicht zum Mädchen Schlafsaal hoch wegen der Treppen, weil die zu Rutschen werden, wenn Jungs versuchen hochzugehen. Es tut mir so leid. Ich wollte sie retten"

Er schluchzte und weinte, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Sein Körper gab nach und er brach zusammen. Ich fing ihn schnell auf und drückte ihn an mich.

„Du gehst dort nicht nochmal rein, hörst du?"

Ich zog mein Umhang wie eine Art Schutzschild über meine Schulter.

„Ich hole deine Schwester"

„Was? Nein! Dad, du kommst dort nicht mehr raus!", schrie er ängstlich und wollte mich aufhalten, doch in diesem Moment war ich so entschlossen, wie ich es niemals in meinem Leben gewesen bin. Ich riss mich von ihm los und rannte durch das Loch ohne mit der Wimper zu zucken. McGonagall rief mir etwas hinterher, aber ich ignorierte alles um mich herum und blendete es aus. Das Einzige, was zählte, war meine Tochter. Auch wenn ich hier nicht mehr lebendig rauskommen würde und als ich die Flammen sah, war ich mir da schon fast sicher, aber auch das war mir egal. Damit zu leben, dass sie tot war... Nein, ich durfte diesen Gedanken nicht auch nur ansatzweise in meinen Kopf lassen! Mein Bauchgefühl sagte mir, dass sie noch lebte, noch irgendwo dortdrin war und vielleicht nach Hilfe schrie und ich würde sie holen. Ich musste sie holen. Ich würde mein Mädchen retten.

Die Flammen hinter dem Loch waren mindestens über einen Meter hoch. Sofort klebte mein T-Shirt und meine Hose an mir, meine Augen brannten vor Rauch und Hitze. Ich war noch nie in so einem heißen Raum gewesen, außer als der Raum der Wünsche gebrannt hatte. Doch das war weniger heftig gewesen. Es schien mir für eine kurze Zeit unmöglich dort durchzukommen, doch es musste einfach möglich sein. Ich zog meinen Umhang noch mehr um mich, zückte meinen Zauberstab und schrie „Aquamenti".

Die Flammen erloschen nicht. Es half nichts. Ehe ich überlegen konnte, was ich als Nächstes tun sollte, stürzte knapp zwei Zentimeter neben mich ein brennender Holzbalken.

Ich rannte in die Richtung der Schlafsäale und kämpfte mich durch das Feuer. Manchmal sprang ich oder ich ging schnell auf Zehenspitzen und als ich angekommen war, stand ich den nächsten Problem gegenüber: Die Rutsche. Eigentlich waren es Treppen, aber da James es vor mir schon versucht hatte, war es immer noch eine Rutsche geblieben. Ich versuchte zu klettern, doch es ging nicht. Sie war verzaubert. Ich hätte am liebsten gebrüllt vor Wut und Angst, aber ich musste stark bleiben und meine Nerven behalten.
Und noch nie zuvor war ich so froh, ein ausgebildeter Auror zu sein. Ich zauberte mir eine Leiter, die sich automatisch oben und unten festband und kletterte hoch. Meine Lunge wurde immer enger und ich wusste, dass ich sicherlich schon eine Rauchvergiftung haben musste.

Als ich oben angekommen war, stellte ich erleichtert fest, dass es dort nicht so sehr brannte und nur kleine Flammen im Flur waren. Jedoch war es schon gefährlich genug, dort durchzugehen.

„Lily, wo bist du? Hier ist Dad!", schrie ich, aber bekam nur ein Schweigen als Antwort. Mein Magen krampfte sich immer mehr zusammen. Ich musste jeden einzelnen Schlafsaal durchsuchen. Also rannte ich die glühenden Treppen zu den Schlafsäälen der Mädchen hoch und es blieb mir doch ein Haufen Arbeit erspart: Lily lag ohnmächtig neben einer riesen Flamme vor der Tür ihres Schlafsaals. Ich erschrak und schrie ihren Namen, stürzte mich neben sie auf den Boden und zog sie unsanft aus der Reichweite der Flammen. Ihre Haare stanken mächtig nach Feuer, da eine Strähne glühte. Sofort klopfte ich mit meinem Umhang darüber und konnte es verhindern, dass ihre Haare Feuer fingen.

„Lily, Lily, Süße, hörst du mich?"

Sie antwortete nicht und ich legte mein Ohr auf ihre linke Brust. Ihr Herz schlug noch, aber sehr schwach. Mir wurde schlecht. Wenn ich sie nicht bald hier raus brachte, würde sie sterben. Ich atmete tief durch. Mein ganzes Gesicht war nass, brannte und glühte. Alles tat weh. Ich hatte Schmerzen ohne Ende. Ich musste es tun. Sonst würden wir beide eines schmerzvollen Todes sterben.

Ich hiefte Lily auf meinen Arm und trug sie wie ein Baby die Treppen runter. Sie war nicht sonderlich schwer, aber auch nicht leicht wie ein Stück Butter. Deshalb musste ich mich anstrengen und einen kühlen Kopf bewahren.

Sie öffnete die Augen.

„Dad?", flüsterte sie mit krächzender Stimme.

„Ich bin hier, ich bringe uns hier raus", versprach ich ihr und drückte meinen Mund an ihre schwarze Stirn.

„Wir werden sterben", sagte sie mit der letzten Kraft, die sie hatte.

„Nein", sagte ich. „Wir werden nicht sterben. Halte durch, Prinzessin"

Doch sie schloss wieder die Augen und ihre Arme hingen kraftlos herunter. Ich musste mich beeilen.

Ich rannte das ganze Stück zurück und stöhnte auf, als ich sah, wie die Leiter brannte und Funken gegen mein Gesicht stachen. Ich schrie auf vor Schmerz und schleuderte mir mit meinem Zauberstab Wasser ins Gesicht. Zum Glück erlosch es und der Schmerz von Feuer verließ mich, aber ich würde verbleibende Narben haben. Ich hatte starke Schwierigkeiten meine Augen offen zu halten und mir war schwindelig und schlecht ohne Ende, aber es war nicht mehr weit. Die Hälfte hatte ich hinter mir. Jetzt kam das Schwierigste und ich stand vor einer Entscheidung.

Ich sah nach unten und alles brannte. Nirgends konnte ich durch. Ich musste rennen oder Riesensprünge machen und hoffen meine Füße würden kein Feuer fangen oder ich ließ es bleiben, ging das Risiko nicht ein und müsste so weit hochrennen, wo es noch nicht brannte und hoffen, dass die Flammen gelöscht wurden. McGonagall musste doch sicherlich schon Hilfe geholt haben...

Ich sah auf meine leblose Tochter in meinen Armen. Sie würde sterben, wenn ich hierblieb und warten würde. Wir hatten keine Zeit. Entweder sie starb, wir starben zusammen oder wir würden lebendig hier rauskommen. Eine Chance hatte ich noch. Ich musste dieses Risiko für sie eingehen.

Being a fatherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt