18 - Arzt?

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„Dad, bist du wach?", flüsterte eine Stimme leise neben mir. Ich rieb mir die Augen und griff blind nach meiner Brille. James stand an meinem Bett.

„Wie spät ist es?"

„Elf Uhr. Mum ist beim Arzt und ich sollte dich wecken"

„Sie ist beim Arzt?", fragte ich verwundert. Warum sollte Ginny jetzt beim Arzt sein?

„Bestimmt irgend so ein Frauen Ding", meinte James und zuckte mit den Schultern. Ich sah zu ihm auf; ich wusste nicht, ob er noch sauer auf mich war oder nicht. Seit dem „Streit" hatte ich nicht mehr mit ihm geredet.

„Dad, hör zu. Das, was ich gestern zu dir gesagt habe, habe ich nicht so gemeint. Ich war einfach nur naja...verzweifelt. Ich hatte Angst um Al und ich weiß, wie sehr ich dich damit verletzt habe. Du bist kein schlechter Vater, du hast Al das Leben gerettet. Es tut mir leid"

„Es tut mir auch leid", sagte ich und setzte mich auf.

„Bist du wirklich heute Nacht in diesen See gesprungen? Das muss doch wahnsinnig kalt gewesen sein"

„Ja, aber wenn das Leben von deinem Kind abhängt, dann ist dir das egal"

„Ich habe schon immer deinen Mut bewundert"

„Wirklich?"

„Ja, du hast Voldemort besiegt und arbeitest als Auror. Das ist doch ein gefährlicher Beruf, was ist eigentlich so toll daran?"

„Ehrlich gesagt gib es nur einen Grund, weshalb ich mir den Beruf ausgesucht habe. Ich möchte einfach das Böse aus der Welt schaffen und dass wir hier alle in Frieden leben können. Aber am Wichtigsten ist, dass Mum, Lily, Albus und du in Sicherheit seid. Wenn ich meinen Job als Auror mache, habe ich wenigstens das Gefühl euch beschützen zu können. Später, wenn du mal Kinder hast, wirst du das verstehen"

„Ich und Kinder? Dad...", sagte James und lachte.

„Denkst du, ich konnte mir vorstellen mal Kinder zu haben?", fragte ich ihn. „Ich habe in meiner Zukunft nur Voldemort und meinen Tod gesehen"

Ich ging zum Spiegel und James stellte sich hinter mich.

„Du solltest dich rasieren", sagte ich und grinste, als ich ihn im Spiegel sah. „Und du solltest mal deine Haare kämmen"

„Du weißt genau, dass ich die nicht bändigen kann"

„Und wie ich das weiß, schließlich hast sie ja von mir. Tut mir leid"

Ich drehte mich um und lächelte ihn an. Er sah wirklich so aus wie ich, außer, dass er Ginny's braune Augen geerbt hatte und seine Wangen mit ein paar kleinen Sommersprossen verziert waren, die man aber nur sehen konnte, wenn man genauer hinsah. Für mich war er perfekt; das war er schon immer gewesen.

„Dad, ich wollte dich noch was fragen", sagte er und knetete seine Hände.

„Ja?"

„Kann Abby an Silvester zu uns kommen? Ich würde sie euch gerne vorstellen und außerdem fahren ihre Eltern nach Schottland aus geschäftlichen Gründen, weshalb sie alleine Zuhause wäre. Ich weiß, dass es schon übermorgen ist und ich wollte auch Mum fragen, aber sie hat gesagt, dass ich dich fragen soll. Wenn es nicht geht, ist es auch ok, es ist ja nur eine Frage"

Er sah mich abwartend an.

„Also wir haben noch nichts weiter geplant, also warum nicht? Aber ich weiß nicht, ob deine Mutter es zulässt, dass Abby hier übernachtet. Ich hätte kein Problem damit"

„Mum hat gesagt, dass es ok wäre. Du weißt ja, weshalb sie Angst hat"

Ich schluckte. Der Gedanke jetzt Opa zu werden, würde mich abschrecken. Natürlich würde ich James in allem unterstützen, aber bevor ich Opa werden will, möchte ich erstmal meine eigenen Kinder großgezogen haben.

„Du wärst doch nicht so leichtsinnig, oder?"

„Nein! Was denkst du denn? Können wir über was Anderes reden?"

Ich grinste.

„Wir reden jetzt darüber, dass ich einen Bärenhunger habe und ich jetzt frühstücke. Hast du schon was gegessen?"

Er nickte.

„Und Lily?"

„Die schläft noch"

James ging auf sein Zimmer und ich weckte sie.

„Lily, aufstehen", flüsterte ich und machte das Rollo hoch.

„Noch fünf Minuten", murmelte sie.

Ich ging zu ihrem Bett und mit einem Ruck hatte ich sie aus dem Bett gehoben. Lily war nicht sonderlich schwer, da sie für ihr Alter auch ziemlich klein war, also konnte ich sie problemlos wie ein Baby auf den Arm nehmen.

„Dad, lass mich runter", sagte sie und lachte.

„Ja, Prinzessin"

„Oh Dad, ich bin kein Baby mehr. Kannst du das bitte lassen? Ich bin zwölf! Und außerdem: gestern wolltest du dich noch nicht mal von mir trösten lassen und stattdessen hast du mich angeschrien"

„Es tut mir leid, Lily. Ich war so verzweifelt wegen Albus"

„Warte, Albus? Haben sie ihn schon gefunden?"

Ich hatte vergessen, dass Lily die ganze Geschichte noch nicht kannte, also erzählte ich sie ihr. Sie fiel mir sofort um den Hals, als ich fertig war.

„Danke, dass du meinen Bruder gerettet hast"

Sie drückte mir einen Kuss auf die Stirn und verschwand ins Bad. Ich ging runter und frühstückte mit ihr, dann kam Ginny nach Hause. Sie hatte irgendwas in der Hand, doch sie versteckte es schnell in ihrer Tasche.

„Was ist das?", wollte ich wissen.

„Nicht so wichtig", sagte sie schnell. „Sind nur unwichtige Papiere, davon verstehst du nichts"

„Warum warst du eigentlich beim Arzt? Geht es dir gut? Ist es wegen gestern Abend?"

„Du weißt ja, dass mir gestern Abend schlecht war, ich Kreislaufprobleme und Unterleibschmerzen hatte. Es ist heute früh schlimmer geworden, kurz nachdem wir aus dem Krankenhaus zurück waren und du eingeschlafen warst"

„Von den Unterleibschmerzen hast du nie was gesagt"

„Oh"

Ginny sah mich alarmiert an.

„Ja...ähm, dann weißt du's jetzt. Ich hab einen Heiltrank verschrieben bekommen und jetzt ist alles gut"

Ich sah sie an und versuchte herauszufinden, was wirklich mit ihr los war.

„Sicher, dass alles gut ist, Ginny? Warte...wolltest du mir gestern nicht was sagen?"

Ginny sah mich erschrocken an. Offenbar hatte sie das vergessen. Sie drehte sich um und starrte aus dem Fenster, sodass ihr Rücken meinem Gesicht zugewandt war.

„Ich kann es dir jetzt nicht sagen...", meinte sie.

Ich ging vorsichtig zu ihr und legte meine Hand auf ihre Schulter.

„Schatz, ist wirklich alles in Ordnung mit dir? Du weißt doch, wir können über alles reden"

Ginny's Blick war pure Verzweiflung.

„Ja, mach dir keine Sorgen. Ich bin einfach nur so aufgewühlt wegen Albus. Ich hab mir solche Sorgen gemacht...wir hätten heute Nacht fast unseren Sohn für immer verloren, Harry. Denkst du...denkst du mir geht das nicht nah?"

„Ich weiß, Ginny. Ich weiß, wie du dich fühlst. Du kannst dir auch nicht vorstellen, was für Angst ich hatte"

Sie drehte sich vollständig zu mir und lächelte mich dankbar an.

„Komm, wir holen jetzt James und Lily und gehen zu Albus und dann ziehen wir einen Schlussstrich. Ich will, dass in dieser Familie endlich alles wieder gut ist"

Being a fatherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt