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,,Sydney hier, Sydney da, Sydney mach dies, Sydney mach das, Sydney lass das, Sydney hör auf, Sydney, Sydney, Sydney!"

Genervt ließ ich mich auf das Bett meiner besten Freundin fallen, die mich belustigt ansah.
,,Ich hab deinen Namen noch nie sooft hintereinander gehört", hörte ich sie lachend sagen.
Ich drehte mich um und blickte sie an.
,,Ob du es mir glaubst oder nicht, ich kann diesen Namen nicht mehr hören!", beschwerte ich mich.

Bella stand vom Stuhl auf und gesellte sich zu mir auf das Bett.
,,Nein, ich verstehe nicht mal was ich falsch mache.", machte ich weiter und richtete mich auf.
Bella seufzte auf. ,,Also ich will ja nichts sagen, schließlich sind wir beste Freunde, aber warum muss ich andauernd dein Gemotze ertragen, wenn du dich mit deinen Eltern streitest?"

,,Also erstens komm ich nicht bei jedem Streit mit meinen Eltern zu dir, dass das mal klar ist. Sonst würde ich mehrmals jeden Tag hier erscheinen. Und zweitens, bei wem soll ich mich dann denn sonst ausreden?", erklärte ich.
,,Geh doch zu Liam, der hört dir ganz sicher gerne zu.", meinte sie.
Ich sah sie genervt an. ,,Als ob mich Liam verstehen würde. Der hat wahrscheinlich bis jetzt nicht einmal mit seinen Eltern auch nur eine kleine Auseinandersetzung gehabt."

Bella zuckte mit den Schultern. ,,Gut möglich. Aber als bester Freund kann er sich auch gerne mal um solche Probleme kümmern."
Ich antwortete nichts darauf, sondern ließ mich wieder rückwärts aufs Bett fallen.
,,Weißt du was Bella?"
,,Was denn?"
,,Was sagst du zu der Idee, dass ich einfach verschwinde?"

Meine beste Freundin riss ihre Augen auf. ,,Verschwinden? Wie Verschwinden?"
,,Na, einfach... flüchten. Von zu Hause weg."
Bella schüttelte eilig den Kopf. ,,Das kannst du nicht machen."
,, Und wie ich das machen kann. Ich halte es zu Hause wirklich nicht mehr aus. Wenn du nur wüsstest was genau ich jeden Tag zu Hause erleben muss."

Bedrückt sah mich meine beste Freundin an. ,,Du meinst es also ernst?"
Ich nickte. ,,Ehrlich gesagt habe ich diesen Gedanken schon seit 2 Jahren. Was denkst du denn, warum ich arbeiten gehe?"
,,Weil dich deine Eltern dazu zwingen."
,,Ja, das auch. Aber mein erster Gedanke dabei war, einfach Geld verdienen, sparen und dann einfach verschwinden. Die werden mich sowieso nicht vermissen."

,,Ich hätte niemals gedacht, dass du auf so einen Gedanken kommen würdest."
Ich zuckte mit den Schultern. Kurz war es still.
,,Ich bin sowieso bald 18. Dann kann ich einfach ausziehen ohne Probleme.", murmelte ich.

Seit Jahren Hatte ich schon diesem Gedanken, einfach von zu Hause zu flüchten. Es war einfach schrecklich, jeden Tag Geschrei und verletzende Worte zu ertragen. Und geschlagen wurde ich auch.

Ich mochte meine Eltern nicht. Sie mochten mich nicht. Wo war dann das Problem?
Das einzige was mir zu Hause Kraft gab war meine kleine Schwester.
Zwar ist sie 11 Jahre jünger als ich, aber ihre fröhliche Art muntert mich trotzdem auf.

Ich merkte, dass mich Bella mitleidig und gedankenverloren betrachtete.
Ich setzt mich aufrecht hin und schnippste erst vor ihrem Gesicht, damit sie wieder zu sich kam.
,,Hey, Hör auf so ein behindertes Gesicht zu machen. Ich verspreche dir, auch wenn ich weg bin werde ich noch sowohl mit dir als auch mit Liam in Kontakt bleiben."

Bella schaute mich nur an, bis sie die Stirn runzelte. ,,Weg? Wie weg? Ich dachte du meinst mit flüchten einfach von zu Hause weg. Willst du jetzt auch noch die Ortschaft verlassen oder wie."
Ich sah sie mit einem dein-ernst-Blick an.
,,Ist doch wohl klar, Bella. Ich versuche diese Menschen loszuwerden. Da gehe ich schon in die Ferne."

Jetzt sah meine beste Freundin weg. Und schon fing sie an zu schluchzen.
Man! Einmal konnte sie doch ihre Emotionen einfach in den Hintern schieben!

Ich krabbelt zu ihr und drückte sie an mich.
,,Hey, alles gut. Da gibt's nichts zu weinen."
Sie schlug meine Arme weg. ,,Hätte ich gewusst, dass du nach jahrelanger Freundschaft mich verlassen wirst, hätte ich auf die Freundschaft verzichtet."
Feindselig sah ich sie an. ,,Und hätte ich gewusst, dass du bei jeder Scheiße direkt anfangen musst zu heulen hätte ich auch ganz klar darauf verzichtet!"

Einen Moment blieben wir ernst, bis ich lachte und sie mitmachte.
Lächelnd schlug ich mein Arm um sie und täschelte ihre Schulter.

,,Ich brauche dich doch hier", murmelte sie.
,,Glaub mir ich brauch dich auch, Bella. Ehrlich gesagt sind du und Liam die einzigen Personen in meinem Leben, die mir wichtig sind. Und meine kleine Schwester natürlich auch."

Ich hatte bis vor paar Jahren immer daran geglaubt, dass dieser Hass meiner Eltern auf mich irgendwann ein Ende haben würden. Aber da hatte ich mich wohl geirrt.
Und nur weil zwei verdammte Leute mein Leben ruinieren mussten, war ich auf den Gedanken gekommen, sie und noch dazu die wichtigen Personen aus meinem Leben zu verlassen.

Ich hatte nie eine schöne Kindheit gehabt. Ich hatte ich nie eine tolle Jungend gehabt. Und wenn ich noch weiterhin hier bleibe, wird der Rest meines Lebens wahrscheinlich auch nicht toll ablaufen.

●●●
Ich stand vor der Haustüre. Und selbst der Gedanke, in den nächsten Sekunde das Haus zu betreten bescherte mir eine Gänsehaut. Geschweige denn von dem Gelaber, den ich gleich anhören musste.

Seufzend betätigte ich die Klingel und bereitete mich schon seelisch auf die Stimmen meiner Eltern vor.
Keinen Augenblick später wurde die Tür von meinem Vater geöffnet. Er sah mich ausdruckslos an und verschwand einfach wieder.

Ich trat ein und schloss dann die Tür hinter mir.
Innerlich hoffte ich, dass ich einfach in meinem Zimmer verschwinden konnte, aber das würde wahrscheinlich nie möglich sein.
,,Sydney!", hielt mich die Stimme meiner Mutter auf.

Ich überlegte kurz.
Ach ja stimmt, das war ja mein Name gewesen.
Stöhnend lief ich ins Wohnzimmer, wo sich meine Eltern auf den Sofas gemütlich gemacht hatten.
Ich blieb mitten im Wohnzimmer stehen und schaute sie an.

Genervt legte sie ihr Handy zur Seite und sah zu mir.
,,Wann hast du deine nächste Klausur?"
,,Übermorgen", meinte ich desinteressiert.
Sie verdrehte ihre Augen und stand auf. ,,Und kann ich dann wissen, Madame, warum du nich direkt von der Arbeit nach Hause kommst, sondern erst noch zwei Stunden mit deiner Freundin abhängst?!"
Ich antwortete nicht, sondern sah sie einfach an. Was sollte ich denn auch sagen?

,,Geht da in dein Hirn denn nichts rein?! Wie oft soll ich dir denn noch sagen, dass du nicht deine Zeit mit unnötigen Sachen vergeuden sollst!? Ich warte hier hoffnungsvoll darauf, dass aus dir vielleicht doch was wird aber du bist immernoch das gleiche Mist wie immer!"
Innerlich verdrehte ich die Augen.

,,Auf dein Zimmer! Sofort!", rief mein Vater und sah mich hasserfüllt an.
Schnell verschwand ich die Treppen nach oben.
Es wäre auch sichtlich nett von den zwei gewesen, wenn sie ein wenig leiser gewesen wären. Immerhin schlief ja ihre Lieblingstochter schon.

Seufzend lief ich in mein Zimmer und legte mich aufs Bett.

Gib mir deine SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt