Sydney:
Regungslos lag ich auf dem kalten Boden. Kein Ton kam aus meinem Mund. Nicht weil ich mich beruhigt hatte sondern weil ich keine Kraft mehr hatte.
Mein Atem ging seit langem nur noch stoßweise und es war wirklich eine Frage der Zeit, wann mein Herz versagen würde, damit ich hier vollkommen zusammensackte.
Mir war übel.
Mir war schwindelig.
Und ich zitterte.Meine Gedanken waren leer.
Mein Blick war leer.
Ich war schon beinahe wie eine Tote.Nur schwach hörte ich, wie die Tür quietschend aufging. Ein wenig Licht drang rein und befreite mich von der Dunkelheit. Doch trotzdem konnte ich nicht aufstehen. Trotzdem lag ich regungslos da.
Ich spürte eine Hand die nach meinem Kopf griff und mich aufrichtete.
Ich sah aber alles vollkommen verschwommen. Ich konnte nicht erkennen, wer vor mir stand.Kraftlos ließ ich mich einfach von der Person dirigieren.
Ich wurde hochgezogen.
Und dann spürte ich den Boden unter meinen Füßen nicht mehr.
Ich merkte, wie mich jemand trug.
Nur ganz langsam verdeutlichte sich meine Sicht.
Ich sah ein mir fremdes Gesicht.Träge merkte ich, wie sich meine Atmung immer mehr verbesserte, wie sich meine Lungen immer besser mit Luft füllten.
Und damit bekam ich besser mit, was passierte.Ich wurde von einem Securitymann getragen. Wohin er mich brachte wusste ich nicht.
Ich war aber noch kraftlos, um mich aus seinen Armen zu lösen.Eine Tür wurde geöffnet, in die wir eintraten.
Ich wurde auf dem Boden abgelassen.
Ich fing an zu wackeln und griff schnell nach dem Arm von dem Mann.Er schob mich langsam mehr in das Zimmer rein.
Ich erblickte ein Bett, auf den er mich hinsetzen ließ.
Noch ziemlich benommen sah ich ein wenig umher.
Es sah aus wie ein Schlafzimmer.Ich schaute zu dem Mann. Einen Moment stand er da, dann verließ er das Zimmer und durch die Tür kam eine Frau rein.
Sie schloss die Tür und kam auf mich zu. Neben mir setzte sie sich hin.
,,Wie geht's dir, mein Kind? Du siehst ja ganz schön fertig aus.", äußerte sie.
Ich schloss die Augen, die sich mit Tränen füllten und langsam den Weg nach draußen fanden.Eine Hand legte sich auf mein Rücken, die langsam auf und ab fuhr.
,,Wein ruhig, mein Kind. Lass die Tränen raus", hörte ich die sanfte Stimme der Frau. Und durch ihre sanfte Stimme verstärkten sich meine Tränen. Wahrscheinlich weil es schon eine Ewigkeit her war, dass ich so eine sanfte Stimme gehört hatte.Ich wischte über meine nassen Wangen. Dann öffnete ich die Augen und sah die ältere Frau an.
Sie reichte mir ein volles Glas Wasser mit einer Tablette.
Zögernd nahm ich beides an.
,,Was ist das?", fragte ich leise und deutete auf die Tablette.
Nicht dass es irgendwelche Drogen waren! Bei einer Mafia wäre das kein Wunder.Anscheinend hatte die Frau meinen misstrauischen Blick bemerkt.
Sie lächelte mich an. ,,Keine Sorge, ist nichts gefährliches. Nur ein Medikament. Damit du dich wenigstens ein wenig fitter fühlst."
Trotzdem wollte ich es nicht riskieren.Die Frau seufzte. ,,Du kannst mir vertrauen. Es ist wirklich nichts schlimmes."
Zögernd nickte ich schließlich und nahm es in den Mund. Dann trank ich das Glas aus. Die Frau nahm sie mir ab und legte es auf die Kommode neben dem Bett ab.
Sie lief auf eine Tür zu und öffnete sie.
,,Hier ist das Bad. Dusch dich und pflege dich. Alles was du brauchst ist drin. Ich gehe jetzt. Wenn ich wieder komme solltest du fertig sein." Dabei verlor sie kein einziges Mal ihre sanfte Stimme.,,Warte", hielt ich sie auf. Fragend sah sie mich an.
,,Warum wird mir das alles so auf einmal angeboten?", wollte ich wissen.
Das war ja nicht normal.Die Frau zuckte mit den Schultern. ,,Du fragst mich zu viel. Ich mache nur das was man mir sagt. Mach dir jetzt keinen Kopf darüber und ab mit dir ins Bad", erklärte sie.
Dann ließ sie mich alleine.Ich blieb noch ein wenig sitzen. Schließlich stand ich auf und lief in das angrenzende Bad.
Tatsächlich stand da eine Dusche. Insgesamt war es schön hier. Sogar ein Spiegel war über dem Waschbecken angebracht worden.Jetzt sah ich einige Kosmetikartikel auf einer freien Fläche liegen.
Ich lief rüber, um zu schauen, was alles dabei. Jetzt wurde es klar, warum die Frau noch ausdrücklich das pflegen erwähnt hatte. Hier stand alles rum. Duschgel, Shampoo, verschieden Cremes, Enthaarungscremes, Wachsstreifen, Haarbürste, Nagelschere und alles mögliche Zeugs noch dazu.Und ob ihr es mir glaubt oder nicht, ich würde jetzt wirklich alles benutzen. Denn ich fühlte mich einfach ekelhaft dreckig wie noch nie zuvor.
Ich schloss die Badezimmertür ab und entledigte mich aus meiner jahrelangen alten Kleidungen. Dann stieg ich in die Dusche rein. Erst testete ich das Wasser, bevor ich ganz drunter stand. Wie ich dieses Gefühl vermisst hatte. Das herabprasslende Wasser tat mehr als nur gut.
Ich hatte gründlich meine Dusche genommen. Dreimal hatte ich mich eingeseift, um mich wirklich sauber zu fühlen. Und ich fühlte mich jetzt auf jeden Fall viel besser als zuvor.
Während ich meine Haare kämmte betrachtete ich mein Gesicht im Spiegel. Ein Kratzer zog sich über meine linke Wange. Das war wahrscheinlich von der Flucht durch den Zaun. Und natürlich war es nicht der einzige Kratzer. An meinem Bauch hatte ich auch noch eins und meine Beine hatte es auch paar Mal abbekommen. Das Wasser und das Duschgel hatten den Verletzungen nicht wirklich gut getan, aber so langsam ließ der brennende Schmerz nach.Ich fragte mich immernoch warum mir das alles angeboten wurde. Für mich ergab das kein Sinn.
Es klopfte an der Badezimmertür. Gleich darauf hörte ich die Stimme der Frau. Ich legte mein Kamm zur Seite und schloss auf.
Das Handtuch umschlang ich fester, damit auch ja nichts passierte.
Schmunzelnd kam sie rein.
,,Du siehst ja hübscher aus als ich mir gedacht hab", entgegnete sie.
Ein kleines Lächeln bildete sich auf meinen Lippen.,,Außerdem hast du dir ganz schön lange Zeit gelassen", sagte sie leicht lachend.
Mit großen Augen sah ich sie an. ,,Wie lange denn?"
,,Drei Stunden."Jetzt wurden meine Augen größer.
,,Echt jetzt?"
Grinsend nickte sie.
,,Naja, aber das ist natürlich nicht so schlimm. Du kannst dir gerne Zeit lassen. Ich hab dir frische Kleidung auf das Bett getan. Du kannst es anziehen. Ich bin wieder weg."
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Gib mir deine Seele
ChickLitFlucht für ein besseres Leben? Ohne Eltern, die einen erniedrigen? Das ist Sydneys Ziel. Ein freies, sorgloses, elternloses Leben. Nur deswegen entscheidet sie sich sogar, ihre zwei besten Freunde loszulassen und ihre kleine Schwester zu verlassen. ...