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Ich lief ein zwei Schritte in das Zimmer rein.
,,Warum hast du mich hierher gebracht?", fragte ich leise und drehte mich zu ihm um.
,,Damit du nicht wieder dein Verstand verlierst und rumschreist.", äußerte er.

Sehr witzig!

,,Und aufs Klo musst du auch nicht mehr betteln. Das Zimmer hat sein eigenes WC." Dann drehte er sich um und verließ das Zimmer.

Unsicher sah ich mich ein wenig um. Rechts stand ein normales Bett. An der gegenüberliegenden Wand gab es ein Tisch mit einem Stuhl davor. Und links gab es eine Tür. Wahrscheinlich das WC.
Ich ging rüber und öffnete sie.
Es war nicht wirklich groß. Eine Kloschüssel, ein Waschbecken. Nicht mal ein Spiegel gab es hier.

Dass er WC gesagt hatte und nicht Bad hatte wohl seinen Grund. Denn eine Dusche gab es hier nicht.
Seufzend verließ ich die Kabine.
In das Zimmer drang Sonnenlicht durch das Fenster. Schnell ging ich rüber. Es war wirklich ein stinknormales Fenster und als ich es versuchte zu öffnen ließ er es sogar zu.
Theoretisch konnte ich von hier flüchten. Wenn ich runterspringen würde würde ich im Garten landen. Das Problem aber war, dass überall Securitymänner standen.

Langsam ging ich auf das Bett zu und setzte mich hin.
Mir fielen allmögliche Sachen ein.
Was wohl Bella machte? Als ich im Taxi angerufen hatte konnte ich nicht daran denken. Aber sie war ja die einzige gewesen, die von meiner neuen Nummer Bescheid wusste. Also hatte sie angerufen. Was sie wohl gemacht hatte, als ich nicht angenommen hab. Wer weiß, wie oft sie mich danach noch angerufen hatte.

Und Liam? Mit ihm hatte ich mich garnicht in Kontakt gesetzt. Und dafür fühlte ich mich schlecht. Wer weiß, was für Sorgen er sich machte.

Amelia.
Jetzt erinnerte ich mich wieder daran, was Matteo mir gesagt hatte.
Ich wurde adoptiert.
Ich hatte jahrelang bei Leuten gelebt, die nicht meine eigenen Eltern waren.
Und Amelia war nicht meine eigene Schwester?
Ich hatte sie aber als meine eigene Schwester gesehen. Und ich hatte sie sehr geliebt. Ich liebte sie immernoch.
Es war wie ein Stich ins Herz, diese Tatsache zu hören.

Ich schreckte zusammen, als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte. Erschrocken fasste ich mir ans Herz und sah die Frau an, die vor mir stand.

,,Es tut mir leid, falls ich dich erschreckt habe. Du warst ganz schön in Gedanken versunken.", sprach sie.
,,Ähh, nein. Passt schon", sagte ich schnell.
Mein Blick fiel auf das Tablett in ihrer Hand.
Sie ging auf das Tisch zu und legte es dort ab.

,,Du sollst das Essen. Sonst kannst du mit Konsequenzen rechnen, soll ich dir sagen.", meinte sie und lächelte mich kurz an.
Dann griff sie in die Tasche ihrer Schürze, das sie sich umgebunden hatte. ,,Und das soll ich dir geben."
Sie reichte mir ein Zettel hin.

,,Was ist das?", wollte ich wissen.
Sie zuckte mit den Schultern. ,,Ich hab es nicht gelesen."
Mit diesen Worten ging sie wieder aus dem Zimmer.

Eilig faltete ich das Blatt auseinander.
Die Überschrift stach mir direkt ins Auge. Antrag auf Adoption

Ich schluckte und las weiter.
Sydney Davis wurde am 2.09.2004 von ihren Eltern Maria Davis und Michael Davis an das Ehepaar Clarissa Larson und Jacob Larson zur Adoption freigegeben.

Ich war noch nicht einmal ein Jahr alt gewesen?!
Warum? Warum hatten mich meine leiblichen Eltern nicht behalten?
Maria und Michael. Sie wären also meine Eltern gewesen.

Wütend und traurig knüllte ich das Papier zusammen und schmiss es in eine Ecke.
Von vorne bis hinten war mein Leben eine Lüge!
Ich blinzelte die aufkommenden Tränen weg.
Was hatte ich denn getan? Warum gab mein einfach ein nicht mal ein jähriges Kind zur Adotion frei?!
Ich konnte es einfach nicht verstehen.
Ich wollte es nicht verstehen!

Und warum erfuhr ich diese Tatsache von einem Mafia Boss!? Das war doch alles krank!
Ich wurde jahrelang geschlagen, beschumpfen, verletzt.
Aber diese Tatsache tat mehr weh als das Leid der ganzen Jahre.

Mein Blick huschte zu dem Essen, das auf dem Tisch stand.
Meine letzte Mahlzeit lag schon lange zurück, dementsprechend hatte ich auch mordsmäßig Hunger.
Mein Anfangsgedanke, dass ich wegen Hunger sterben wollte konnte ich mir abschminken. Denn der Geruch hatte sich im ganzen Zimmer ausgebreitet und bei Essen konnte ich mich nicht wirklich zurück halten.
Außerdem hatte ich keine Lust auf irgendwelche Konsequenzen. Also setzte ich mich an den Tisch und begann die Suppe aufzuessen.

Keine 2 Minuten nachdem ich fertig war wurde die Tür geöffnet. Doch weder die Frau noch der Mafia Boss kamen rein. Sondern eine Security. Oder wie ich es gerne sagte, ein Gorilla. Obwohl er nicht so breit war wie der andere.
,,Mitkommen", befahl er mir monoton.
Ich hob meine Augenbraue.
,,Das geht auch höflicher.", platzte es aus mir raus.
Der Mann sah mich finster an. ,,Streng mich nicht an und steh jetzt auf!"
Ich verdrehte die Augen und ging seinem Befehl nach.

Er packte mich am Handgelenk und zog mich aus dem Zimmer.
Ich versuchte seine Hand abzuschütteln. ,,Ich kann auch selber laufen!", schnauzte ich ihn an. Er schaute mich nicht mal an sondern lief einfach weiter.

Weil ich damit beschäftigt war, innerlich den Gorilla zu beschimpfen bekam ich gar nicht mit, durch welche Gänge wir gelaufen waren, um vor einer Tür stehen zu bleiben.
Er klopfte an. Mit einem Komm rein öffnete er die Tür und schob mich rein. Dann verschwand er wieder.

Ich sah direkt Matteo vor mir.
Er saß an einem Tisch und hatte die Hände hinter seinem Nacken verschränkt.
Mit seinen grünen Augen fuhr er meinen Körper auf und ab, was mich unwohl fühlen ließ.

Er stand von seinem Sessel auf und lief um den Tisch herum. Er lehnte sich dagegen und betrachtete mich.
,,Hast du es mir jetzt geglaubt?", hörte ich ihn.
Ich wollte ihn fragen was er meinte, als mir die Adoptionssache einfiel.
Ich sah weg und starrte die Skulptur auf seinem Tisch an.

,,Ich hab dich was gefragt!"
Sofort nickte ich ohne mein Blick von der Stelle zu lösen.
,,Gut. Hast du gegessen?"
Wieder nickte ich.
,,Auch gut."

Jetzt stoß er sich vom Tisch ab und kam auf mich zu. Ich rührte mich nicht von der Stelle.
Dicht vor mir blieb er stehen. Ich spürte plötzlich seine Finger an meinem Kinn. Er drückte mein Kopf hoch. Wiederwillig sah ich in sein Gesicht.
,,Hast du Angst vor mir?"

Was für eine Frage! Natürlich!

Sollte ich darauf jetzt auch ernsthaft antworten.
Abwartend sah er mir in die Augen. Okay, er erwartete eine Antwort.
Zögernd nickte ich leicht.
,,Gut. Was anderes hab ich auch nicht erwartet. Du solltest dich aber nicht so verkrampfen, sondern dich an meine Existenz gewöhnen. Immerhin bist du für immer hier."

Eine Gänsehaut durchfuhr meinen ganzen Körper.
Für immer.
Ich glaube ich wurde verrückt.
Er drehte sich um und setzte sich wieder hin.
,,Du wirst aus dem Zimmer gelassen, wenn du dich benimmst. Ansonsten kannst du dein Leben lang da drin stecken."

Ich schluckte.
Das war doch nicht sein ernst!
,,Du kannst gehen", erklärte er und machte eine kurze Bewegung mit seinen Fingern.

Gib mir deine SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt