Am nächsten Morgen stand ich noch rechtzeitig auf, um am Frühstück des Motels teilzunehmen.
Um 12 Uhr musste ich das Hotel verlassen. Eigentlich. Aber ich nahm mir noch eine Nacht zur Verfügung, die die Frau sofort in den Bildschirm eintippte.Vormittags verließ ich schließlich das Zimmer, um mich ein wenig in der Stadt umzusehen.
Viel Geld blieb mir nicht wirklich übrig, ich musste es sparsam benutzen. Immerhin wusste ich nicht, wann ich eine Arbeit finden konnte und wann ich in eine Wohnung einziehen konnte.Diesmal würde ich mit einem Taxi fahren. Schnell stoppte ich eins am Straßenrand und ließ mich schließlich in die Innenstadt bringen.
20 Minuten später stieg ich aus.
Kurz sah ich mir die Gegend an, ehe ich loslief.So genau wusste ich nicht, nach was ich suchte, aber hauptsächlich einfach nach einer Arbeit, das gut belohnte.
Ich trottete einfach ziellos umher.
Hier war ganz schön was los. Die Gegend war voll von Leuten.
Der Standort von dem Motel wo ich mich aufhielt war ein ruhiges Plätzchen. Genau das Gegenteil von hier.Und ich glaube, ich suchte gerade an einem sehr falschen Ort nach Arbeit. Ich sollte glaube ich eher in anderen etwas ruhigeren Vierteln nach Arbeit suchen. Hier würde ich nichts finden.
Nach knapp 2 Stunden herumgehen bekam ich Hunger. Also kaufte ich mir was kleines zu essen und setzte mich irgendwo auf eine Bank.
Es war irgendwie anders, in Houston zu sein und nicht in San Antonio.
Da hatte ich meine Gegend gekannt. Aber hier kannte ich nichts und dadurch wirkten die Menschen sogar fremder auf mich.Ich wollte gerade in mein Hamburger beißen, als mein Handy klingelte.
Stirnrunzelnd legte ich die Papiertüte zur Seite und holte mein Handy aus der Handtasche. Ich hatte eine neue Nummer, wer konnte mich denn also anrufen?Ein Blick auf das Display zeigte mir, dass Bella anrief. Stimmt, mit ihr hatte ich ja gestern telefoniert.
Schnell nahm ich ab.
,,Hey Bella", meldete ich mich.
,,Hey Syd", ertönte ihre Stimme. Sehr fröhlich war sie dabei nicht. Das konnte ich auch nicht von ihr erwarten.
,,Wie geht's dir?", fragte ich sie. Die Frage war aber absurd. Es war nämlich klar, wie es ihr ging.
,,Wie soll es mir denn gehen, wenn du weg bist.", kam es von ihr.Eine Stille legte sich in die Leitung.
,,Sydney, ich muss dir was sagen. Deswegen hab ich angerufen."
Sofort hörte ich konzentriert hin.
,,Was?", fragte ich.
,,Ähm, naja. Du wirst gesucht."
Verdutzt schüttelte ich den Kopf.
,,Wie, ich werde gesucht? Was hab ich denn gemacht?"
,,Was wohl. Von zu Hause geflüchtet... Deine Eltern haben eine Vermisstenanzeige erstattet, bei der Polizei. Und weil du noch keine 18 bist haben sie sich auf die Suche nach dir gemacht."Ich seufzte. ,,Warum lassen die mich suchen, wenn die mich sowieso nicht vermissen werden und mich nicht mögen."
,,Das dachte ich mir auch. Ich wollte dir einfach mal Bescheid geben."
,,Danke", meinte ich ehrlich.
,,Ich warte aber immenoch darauf, dass du wieder zurück kommst.", ertönte es von ihr.
,,Lösch das aus deinem Hirn, Bella. Dazu wird es nicht mehr kommen...
Ach, du hast der Polizei aber nichts gesagt, oder?"
,,Nein, nein. Keine Sorge.Obwohl ich es doch lieber getan hätte", murmelte sie gegen Ende, aber ich ignorierte es.,,Und Liam. Hast du ihm schon gesagt, dass ich mit dir Kontakt aufgebaut hab?"
Wieder verneinte sie. ,,Aber soll ich dir was sagen? Der Junge vermisst dich übelst. Es wäre gut, wenn du ihn anrufst, wenigstens."
Ich schüttelte den Kopf, obwohl sie es nicht sehen konnte.
,,Das geht nicht. Du hast doch selber gesagt, dass er direkt zur Polizei rennen würde. Ich kann das nicht riskieren. Noch nicht.",,Ich will dich auch nicht dazu zwingen."
,,Ich weiß. Willst du noch was sagen?", fragte ich.
,,Nein."
,,Okay, dann... mach ich zu. Machs gut.'
,,Du auch."Und schon hatte sie aufgelegt.
Kopfschüttelnd ließ ich mein Handy verschwinden.
Warum ließen meine Eltern mich suchen, wenn ich ihnen sowieso nicht wichtig war? Was war deren Problem? Wollten sie mich zurückhaben, um mich weiter zu schlagen, anzuschreien und mit Worten zu verletzen?
Ich konnte ganz klar und deutlich darauf verzichten.Sollten sie mich ruhig suchen. So einfach würden sie mich nicht finden.
Außerdem, wo wollten sie denn mit der Suche beginnen? Vielleicht war ich gerade in Florida, oder vielleicht war ich irgendwo in Mexico. Das wussten sie ja schließlich nicht.Ganz zufrieden biss ich hungrig in mein Brot rein.
Selbst wenn man mich finden würde und zurückbringen würde. Ich würde nochmal flüchten. Zur Not würde ich mich vielleicht als letzte Wahl selber umbringen. Aber noch einmal würde ich die ganze Qual ganz sicher nicht durchmachen.Ich stand von der Bank auf und lief zum Mülleimer, um das Papier in meiner Hand geschwind wegzuschmeißen. Dann machte ich mich auf den Weg ins Einkaufszentrum.
Kaufen würde ich höchstwahrscheinlich nichts. Ich wollte einfach Zeit vergeuden, anstatt in meinem Motelzimmer rumzugammeln.Also trat ich wenig später in das riesige Gebäude.
Okay, ehrlich gesagt zogen mich die ganzen Kleidungen an den Schaufenstern an, aber ich beherrschte mich, nichts zu kaufen.
Erstens musste ich Geld sparen und zweitens war ich immernoch in einem Motelzimmer und nicht in einer eigenen Wohnung. Wo sollte ich dort die Kleidungen lagern, die ich kaufen würde.Apropos Motel, ich glaube ich musste noch eine dritte Nacht dort bleiben.
Das ganze war ja schwerer als gedacht.
Ich hatte mir es immer einfach vorgestellt. Flüchten, eine Arbeit finden, eine Wohnung finden und ganz simpel mein Leben genießen. Ich hatte mich wohl drastisch geirrt.Spät abends machte ich mich auf die Suche nach einem Taxi.
Ich wusste selber nicht, wie schnell es Abend geworden war. Wenn ich so zurückdachte hatte ich heute rein gar nichts gemacht.Wenige Minuten später wurde ich fündig. Schnell stieg ich in das Auto ein und nannte dem Fahrer mein Ziel. Er sah kurz durch den Innenspiegel zu mir und fuhr dann mit einem Nicken los.
Seufzend sah ich raus in die beleuchtete Stadt.Hätte ich von Anfang an gewusst, was mir in diesem Taxi zustoßen wird, hätte ich vielleicht darauf verzichtet und den nächsten genommen.
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Gib mir deine Seele
ChickLitFlucht für ein besseres Leben? Ohne Eltern, die einen erniedrigen? Das ist Sydneys Ziel. Ein freies, sorgloses, elternloses Leben. Nur deswegen entscheidet sie sich sogar, ihre zwei besten Freunde loszulassen und ihre kleine Schwester zu verlassen. ...