61

16.2K 441 19
                                    

Ein paar Tage später saß ich wie immer verfault auf meinem Bett und zog mir den frischen Oberteil an.
Heute war es ziemlich warm und mein Zimmerfenster stand durchgängig offen.
Das Duschen hatte mir sonderlich gut getan.

Ich trocknente meine gekämmten Haare nochmal ein wenig ab. Dann legte ich das Handtuch zurück ins Bad und fuhr mit dem Kamm nochmal über meine Haare.

Ich stellte mich ans Fenster und blickte raus.
Kein einziger Windzug war zu spüren. Keine einzigen Wolken bedeckten den Himmel.
Die ganzen Securities in den schwarzen Anzügen taten mir irgendwie Leid.
Bei solch einer Hitze, direkt unter der Sonne und dann auch noch mit einem Jackett.
Na viel Spaß.

Ich versuchte mir ein wenig Wind zuzufächern. Aber es brachte nicht viel.
Ich kniff die Augen ein wenig zusammen und blickte in den Himmel.
Ich streckte ein wenig meine Arme nach draußen. Vitamin D war schließlich wichtig und zurzeit bekam ich nicht genug davon.
Ich spürte die brennende Wärme auf meinen Armen.

Bei solch einer Hitze würde ich unter normalen Umständen keine lange Hose anziehen. Aber in dem kleinen Schrank befand sich nichts kurzes und selbst wenn, ich glaube nicht, dass ich es hier anziehen würde.
Ich könnte froh sein, dass ich ein bequemes, luftiges Tshirt anhatte.

Was Bella wohl machte? Und Liam.
Und meine kleine Schwester? Ob sie sich an meine Abwesenheit gewöhnt hatte? Sehr wahrscheinlich. Es waren schließlich schon Wochen um seit meiner Flucht.

Der wie vielte war heute überhaupt?
Wie lange hatte ich noch bis zu meinem Geburtstag?
Ich beschloss, beim nächsten Auftreffen auf Matteo ihn danach zu fragen.
Ungewollt musste ich bei den Gedanken an ihn schwach lächeln.
Keine Ahnung warum.
Ich machte mir ich nicht noch mehr Gedanken drum.
Seit ich hier war war ich sowieso nicht mehr normal.

Bei meinen eigenen Gedanken an mich musste ich die Augen verdrehen.
Ich sah seufzend runter. Keiner der Männer da unten schenkte mir die Aufmerksamkeit. Sie standen einfach nur da.
War das nicht langweilig? So stundenlang dazustehen?
Also mir wäre definitiv langweilig geworden.

Und außerdem fragte ich mich, wie viele Männer die Mafia überhaupt hatte.
Mehr als hundert waren sie sicher, oder?
300 waren es auch sicher.
Eine Mafia war schließlich nichts kleines.

Ich warf meine Haare über die Schulter zurück, die wegen der Hitze schon ein wenig trockener waren.
Dann wandte ich mich vom Fenster ab.

Im nächsten Moment bekam ich beinahe einen Herinfarkt, als ich plötzlich Matteo vor mir fand.
Erschrocken fasste ich mir ans Herz.
,,Seit wann stehst du hier?", fragte ich ihn schließlich als ich zu mir kam.
,,Lang genug", entgegnete er.
,,Ich frag mich wirklich, wo du dauernd mit den Gedanken bist."

Dann war es kurz still.
,,Du hast wohl geduscht", stellte er dann fest.
,,Bei so einem Wetter...", konterte ich.
,,Ich könnte gleich nochmal duschen.", fügte ich hinzu.
Matteo schmunzelt leicht.
Dann fuhr er sich mit einer flüssigen Bewegung durch die Haare.

Mir fiel ein, dass ich ihn ja nach dem Datum fragen wollte.
,,Wie vielter ist heute?", kam es aus meinem Mund.
,,Warum willst du das wissen?", stellte er die Gegenfrage.
,,Damit ich wieder ein Zeitgefühl bekomme", entgegnete ich ironisch.
Er zog daraufhin sein Handy hervor.
,,Der 14. August"

Das Datum schockiert mich.
Wie war das bitte möglich?
Ich hatte ernsthaft den ganzen Juli hier verbracht und noch dazu hatte ich nur noch zwei Tage bis zu meinem Geburtstag.
,,Hey, Sydney, hörst du mich?" Matteo fasste mich an der Schulter.
,,Was? Ähh ja.", stotterte ich.
,,Was ist los?", fragte er mich.
,,N.. nichts. Alles gut.", log ich.

Er schien es mir nicht zu glauben aber er fragte auch nicht nochmal nach.
Er lief an mir vorbei ans Fenster und sah raus.
,,Willst du raus?", fragte er mich schließlich.
Die Frage hatte ich ja schon lange nicht mehr gehört.
Als ich nicht antwortete blickte Matteo mich auffordernd an.
Ich nickte schließlich.
,,Gut dann komm", meinte er.

Im selben Moment klingelte sein Handy.
Er fischte es aus der Hosentasche, sah auf das Display und ging schließlich seufzend ran.
,,Was gibt's?", fragte er rein.
Ich beobachtete seine Gesichtszüge.
Ganz auf einmal wurde sein Blick düster und er wirkte kalt und emotionslos.
,,Wo?", war seine nächste Frage.
,,Warum passiert sowas!", rief er dann endgültig ins Telefon. Ich zuckte leicht zusammen.

Energisch legte er auf. Ohne mir noch mal ein Blick zu schenken lief er aus dem Zimmer.
Ernsthaft jetzt?
Er wollte doch raus mit mir!

Enttäuscht setzte ich mich an die Bettkante.
Ich hatte mich gerade wirklich gefreut gehabt.

Ungelogen 10 Minuten saß ich in der selben Position da. Ich wäre wahrscheinlich weitere 10 Minuten dagesessen, aber weil Matteo wieder im Zimmer erschien war ich jetzt aufgestanden.

,,Komm", forderte er mich auf.
Vor dem Telefonat hattw er ganz normal ausgesehen. Jetzt war er sichtlich genervt und gestresst.
Na danke auch an den jenigen, der dafür verantwortlich war.
Damit ich ihn nicht noch mehr nervte beeilte ich mich aus dem Zimmer zu gehen.

Zusammen verließen wir das Gebäude und verschwanden dann auch schließlich durch das Tor.
Ich lief wenige Schritte hinter Matteo her.
Wir liefen wieder völlig standarthaft in den Wald.
Ich kann mir sicher sein, dass ich nach zwei weiteren Besuchen den ganzen Wald auswendig kann.

Ich sah Matteo von der Seite an.
Was hatte er jetzt wohl für ein Problem?
Anscheinend war es nicht so leicht der Boss zu sein.

Naja, jetzt mal Spaß beiseite. Ich wollte wirklich zu gerne wissen was los war. Ich weiß, das hatte mich nicht zu interessieren. Aber es könnte ja gut sein, dass ich gerade einfach mit Matteo reden wollte.

,,Was ist los?", hörte ich mich im nächsten Moment fragen.
Er hielt es jedoch nicht einmal für nötig zu mir zu schauen.
,,Ich denke nicht, dass ich deine Laune verdorben hab. Also kannst du mich auch ansehen.", murrte ich.

Innerlich schlug ich mir jedoch gegen die Stirn.
Sei doch einmal leise!

Matteo blieb stehen und sah mich emotionslos an.
,,Ich bin sowieso genervt. Deswegen nerv mich nicht weiter und lauf, wenn du jetzt nicht wieder in dein Zimmer willst."

Sauer starrte ich ihn an. Jetzt würde ich wirklich nicht meine Klappe halten.
,,Deine Laune brauche ich mir nicht zu geben!", fuhr ich ihn an und drehte auf der Stelle wieder um.
Mit eiligen Schritten ging ich aus dem Wald.

Ruckartig griff Matteo nach meinem Arm und hinderte mich daran weiterzulaufen.
,,Beherrsch dich, Sydney", sagte er mit fester Stimme.
Ich entriss ihm mein Arm.
,,Nur weil ich hier in deinen Händen bin heißt das nicht, dass du andauernd deine schlechte Laune bei mir auslassen musst!", schnauzte ich ihn an.
Langsam reichte es mir auch.

,,Ich bin auch nur ein Mensch, weißt du? Irgendwo reicht es mir eben.", machte ich weiter.
Matteo blieb still.
Ich biss mir fest die Zähne zusammen.
Mit einem letzten finsteren Blick lief ich an ihm vorbei.

Gib mir deine SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt