Sydney:
Am nächsten Momgen betrat ich die Küche als wäre heute Nacht nichts passiert.
Zumindest versuchte ich es auszublenden.
Aber es klappte nicht wirklich.
Denn wenn ich daran dachte, dass Matteo mich umarmt hatte musste ich unwillkürlich lächeln.
So wie jetzt auch.Ich fuhr mir durch die Haare.
Komm zu dir Sydney! Später wird er dich wieder beschissen behandeln. Und dann wirst du wieder rumheulen, dass er doch am Tag zuvor ganz nett war und Blablabla....
Ja, meine innere Stime harte wahrscheinlich Recht.
Deswegen hörte ich jetzt auf, so dämlich zu grinsen und öffnete die Schränke, um mir ein Glas zu holen.
Ich ging etwas zurück, um weiter nach hinten in die Schränke zu sehen.
Die Gläser waren wohl alle in der Spülmaschine, denn nur zwei ganz hinten in der Ecke waren im Schrank zu sehen.
Ich stellte mich auf Zehenspitzen hin und stützte mich mit der linken Hand auf der Theke ab.
Mit der rechten Hand griff ich in den Schrank, um mir das Glas vorzuschieben.Als ich aber vom Augenwinkel jemanden erkannte hielt ich inne und sah hin.
Matteo stand in voller Präsens an der Türschwelle und schmunzelte leicht.
Sofort stellte ich mich ordentlich hin und strich mir eine Strähne hinter mein Ohr.Er stoß sich ab und kam auf mich zu.
Dicht vor mir blieb er stehen.
,,Du renkst dir gleich irgendwelche Knochen aus", machte er sich über mich lustig.
Ohne sein Blick von mir zu lösen griff er nach dem Glas und zeigte es mir hin.,,Wolltest du das hier nehmen?"
Ich nickte und sah ihn dankend an.
Ich wollte das Glas greifen doch er hielt es hoch und legte es schließlich ein Regal weiter hoch.
Empört sah ich ihn an.
,,Was soll das!"Er betrachtete mich intensiv.
,,Du bist ganz schön klein. Na dann, viel Spaß. Vielleicht kommst du ja da oben ran. Ach, und bevor ich es vergesse..."
Er griff nach dem zweiten Glas und legte es ebenfalls auf das höhere Regal.
Dann drehte er sich um und ging.,,Matteo!", rief ich ihm empört nach.
Er wandte sich zu mir, zuckte mit den Schultern und verschwand dann aus der Küche.
,,Arschloch", fluchte ich leise.Vielleicht war es auch nicht leise genug, denn schon sah ich Matteo wieder in die Küche kommen.
Diesmal hatte er einen ernsten Blick auf.
,,Was hast du gesagt?"
Hektisch sah ich ihn an.
,,Nichts", sagte ich schnell.Er beugte sich leicht zu mir.
,,Ich will das nicht nochmal hören", raunte er mir zu.
,,Sei dir bewusst, mit wem du redest.", war sein nächster Satz.
Ich nickte eilig.Er drehte sich weg.
,,Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, dich nochmal bisschen frische Luft schnappen zu lassen. Aber nach dem Wort hab ich mich wohl umentschieden.", entgegnete er.Ich starrte sein Rücken an.
Dann lief ich ihm schnell hinterher und stellte mich vor ihm hin.
,,Nein. Bitte. Es tut mir wirklich leid. Ich wollte es wirklich nicht sagen. Es... ist mir nur ausgerutscht.", ratterte ich runter und sah ihn bittend an.
Ich wollte raus. Ich wollte dieses Zimmer verlassen. Ich wollte wieder diesen Sommer spüren.Matteo blickte mich uninteressiert an.
,,Bitte.", hauchte ich.
Er schien als würde er überlegen.
,,Bitte, Matteo", hauchte ich jetzt noch leiser.
Er hob kurz die Augenbrauen. Seine Mundwinkel zuckten kurz. Dann schob er mich zur Seite und lief an mir vorbei ohne ein Wort zu sagen.,,V.."
Klappe!
Seufzend ging ich zum Schrank und machte die Schranktür zu.
Dann verließ ich ebenfalls die Küche.
Von dem Gorilla begleitet lief ich in mein Zimmer und sah dort aus dem Fenster.
,,Nur weil du deine zu große Klappe nicht halten kannst", schimpfte ich mit mir selber.
Was hätte ich denn von ihm erwarten sollen? Dass er wieder ganz normal okay sagt vielleicht?
Sehr witzig.Sehnsüchtig sah ich hoch in de Himmel.
●●●
Gelangweilt lief ich mit ein wenig Abstand dem Security hinterher.
Wir waren tatsächlich wieder draußen im Wald.
Matteo hatte es mir doch erlaubt.
Doch diesmal war er nicht selber gekommen, sondern hatte jemand anderen zugeteilt, um mich zu begleiten.Und deswegen war mir jetzt langweilig.
Als ich mit Matteo draußen gewesen war war es viel schöner gewesen.
Wir hatten zwar nicht geredet oder ansatzweise was miteinander zu tun gehabt, aber seine Präsens hatte mir irgendwie gereicht.
Und ich hatte gewollt, noch länger draußen zu bleiben.Jetzt aber schlürfte ich dem Mann hinterher und wollte nicht mehr länger hier rum weilen.
Er blieb stehen und drehte sich dann zu mir.
Er sah kurz auf seine Uhr.
,,Wir müssen wieder umdrehen", sagte er schließlich und schob mich am Rücken wieder den Weg zurück.Ich schloss die Augen und hob leicht mein Kopf an, um die letzten Sonnenstrahlen noch zu genießen, bevor wir im Gebäude ankamen.
Doch urplötzlich knickte ich ein.
Erschrocken öffnete ich meine Augen und wollte schon mit dem Boden Bekanntschaft machen, aber der Gorilla hielt mich noch rechtzeitig auf.Ich zischte auf und machte ihm klar, dass er mich loslassen sollte.
Ich setzte mich auf den Boden und rieb mir schmerzvoll den Fuß.
Der Mann betrachtete mich dabei einfach.
Ich hatte eindeutig das Laufen verlernt!Ich stand wieder auf. Er griff sofort nach meinem Arm.
,,Tut es weh?", wollte er von mir wissen.
,,Geht schon", säuselte ich und lief dann weiter.
Es schmerzte ein wenig und veranlasste mich dazu zu humpeln.
Was lief ich auch blind durch die Gegend!Wir verließen den Wald und kamen dem Gebäude näher, als plötzlich ein Schuss ertönte. Erschrocken zuckte ich zusammen und sah zu dem Mann. Er machte eine abwinkende Handbewegung.
,,Das sind nur Schussübungen.", meinte er einfach.
Ach ja, dann war es ja ganz normal. Ich hörte sowas ja ständig.Augenverdrehend setzte ich dann mein Weg fort.
Im Gebäude angekommen lief ich auf die Treppen zu, die ich humpelnd hochstieg.
,,Sydney?", hörte ich augenblicklich meinen Namen.
Matteo stand oben an der Treppe und sah mich stirnrunzelnd an.
,,Was ist los?",,Nichts", sagte ich bloß und blieb vor ihm stehen.
,,Sie ist umgeknickt, Boss", erklärte der Mann.
Matteo hob die Augenbraue und sah runter zu meinem Fuß.
,,Es geht schon. So schlimm ist es nicht", sagte ich schnell.,,Wenn es anschwellt sagst du Bescheid", befahl er mir.
Ich nickte einfach nur.
Dann lief er an mir vorbei die Treppen runter, zusammen mit weiteren zwei Männern.
Ich verschwand im Zimmer.
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Gib mir deine Seele
ChickLitFlucht für ein besseres Leben? Ohne Eltern, die einen erniedrigen? Das ist Sydneys Ziel. Ein freies, sorgloses, elternloses Leben. Nur deswegen entscheidet sie sich sogar, ihre zwei besten Freunde loszulassen und ihre kleine Schwester zu verlassen. ...