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Sydney:

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Matteo versuchte, mir näher zu treten. Ich weiß nicht, warum genau mir jetzt dieser Gedanke gekommen war. Aber es kam mir so vor.

Vor allem nachdem er ins Bad geplatzt war hatte ich das Gefühl erst recht gehabt.
Und wenn ich ehrlich bin hätte ich jetzt sogar kein Problem damit, wenn er hier mit mir sitzen würde und wir einfach reden würden.

Er war mein Entführer, er war ein Mafia Boss. Aber ich empfand nicht mehr das selbe für ihn, was ich am Anfang empfunden hatte.
Ich hatte nicht mehr Angst, dass er mir was anrichten könnte.
Ich hatte keine Wut oder ähnliches mehr auf ihn.
Ich wurde nicht hibbelig, wenn er sich mir näherte.
Ganz im Gegenteil, es gefiel mir.

Das war so ein kranker, absurder Gedanke.
Wie kann den jemand so positiv über seinen Entführer denken?
Ich glaube ich war wirklich nicht mehr gesund im Kopf.

Zwischen so vielen Gedanken sah ich aus dem Fenster, auch wenn der Ausblick nicht gerade der hübscheste war.
Ich löste mein Blick von draußen, als ich hörte dass die Tür aufging.

Ich drehte mich um und erblickte Matteo. Ich wollte schon mein Mund aufmachen und ihn begrüßen, als ich seinen kalten, emotionslosen Blick sah.

Was war jetzt los?

Er kam direkt auf mich zu.
Und bevor ich auch nur denken konnte was passierte packte er mich plötzlich am Hals und stoß mich an die Wand.

Ich riss meine Augen auf und versuchte panisch seinen festen Griff loszuwerden, denn er nahm mir die ganze Luft weg.

,,Wegen dir passiert das alles! Nur wegen dir!", schrie er mich an.
Ich konnte mich aber gerade nicht wirklich auf seine Worte konzentrieten, weil ich versuchte hektisch seine Hand abzuschütteln. Vergebens rang ich nach Luft.

,,Du bist so ein Miststück!", schrie er.
Meine Augen waren schon nass und schwarze Punkte tanzten vor meinem Auge.
Dann wurde er plötzlich von mir weggezogen.

Ich stürzte auf meine Knie. Ich hustete und röchelte nach Luft.
Meine Wangen wurden nass.
Panisch fasste ich mir ans Herz.
Tief versuchte ich einzuatmen.

,,Was machst du!?", hörte ich währenddessen jemanden schreien. Ich glaube es war Carls Stimme.
,,Willst du sie umbringen!?"

Leicht sah ich auf.
Carl sah wütend zu Matteo, der sich energisch durch die Haare fuhr.
Dann glitt sein Blick zu mir.
Sofort sah ich weg.
Ich sah vom Augenwinkel wie er das Zimmer verließ.

Carl kniete sich zu mir. Er wollte seine Hand auf meine Schulter legen. Doch schnell rutschte ich etwas zurück.
Seufzend stand er auf und ging ebenfalls aus dem Zimmer.

Ich lehnte mich an die Wand.
Erst schluchzte ich nur.
Dann fing ich bitterlich an zu weinen.
Lange.
Ohne Ende.

Was war denn das jetzt gewesen?
Was hatte ich denn jetzt angestellt?
Noch vor paar Stunden war er nett gewesen. Wie konnte man sich so schnell um 180° drehen?

Ich spürte immernoch seine Hand an meinem Hals obwohl sie nicht mehr da war.

Nach mehreren Minuten stand ich langsam auf und schlurfte ins Bad.
Ich sah mich im Spiegel an.
Abgesehen von den Tränen und meinen nassen, angeschwollenen Augen zierten noch rote Abdrücke mein Hals.

Ich wusch mir mehrmals mein Gesicht.
Dann ging ich aus dem Bad und setzte mich auf das Bett.

Ich war auch selber dumm!
Wie konnte ich von ihm auch denken, dass er mich besser behandeln würde. Nur weil er die letzten paar Male nichts angetan hatte!
Er war ein Mafioso.
Kalt.
Emotionslos.
Mörder.

Er war ein Mörder!
Ich konnte doch nicht von ihm erwarten, dass er nett zu mir war!
Ich fuhr mir durch die Haare.
Ich war wirklich dumm und naiv.

●●●
Es war schon relativ spät abends.
Ich hatte zwar keine Uhr aber ich schätze mal, dass es um die 21 Uhr war.

Seit Stunden hatte ich nichts anderes gemacht als die Bettdecke anzustarren.
Das Essen was mir gebracht wurde hatte ich auch nicht gegessen.
Selbst wenn ich es essen wollen würde könnte ich es wahrscheinlich nicht tun.
Denn mein Hals schmerzte bei jedem Schlucken.

Wie viele Tränen ich inzwischen schon verloren hatte wusste ich auch nicht. Aber es waren viele gewesen.
Ich hatte versucht mit dem Weinen aufzuhören. Aber es hatte nicht geklappt.

Ich wischte zum tausendsten Mal über meine nasse Wange und strich mir die Haare zurück.
In dem Augenblick ging die Tür auf.
Sofort schreckte mein Kopf hoch und Panik kam auf.
Ich beruhigte mich aber ein wenig, als ich nur eine Security vor mir sah.
,,Du musst mitkommen", sagte er zu mir.
,,Wohin?", fragte ich unsicher.
,,Frag nicht und steh auf.", befahl er mir.

Ich atmete tief ein. Dann stand ich auf und lief auf ihn zu.
Er schob mich am Rücken aus dem Zimmer.
Dann griff er nach meinem Handgelenk und zog mich mit sich.
Wohin er mich wohl brachte?
Ich hoffe nicht zu Matteo.

Doch zu meinem Unglück blieb er an einer Tür stehen, klopfte an und schob mich dann ins Zimmer, wo ich mich jetzt ungern befinden würde.

Er saß am Tisch.
Aber Gott sei Dank war ich nicht alleine mit ihm. Carl und Alex waren auch hier.
Also könnten sie mich ja vor Matteo retten, falls wieder was passierte. Hoffte ich zumindest.

Ich sah überall hin, nur nicht zu ihm.
Bis er zumindest mir befahl, dass ich ihn ansehen sollte.
Und da ich nicht wollte dass mir nochmal was passierte sah ich ihn an. Doch sogleich wurden meine Augen glasig.
Ich merkte wie sein Blick kurz zu meinem Hals huschte.

Er deutete mit seiner Hand auf den Stuhl vor seinem Tisch.
,,Setz dich hin."
Darauf konnte ich jetzt wirklich verzichten. Ich wollte ihm nicht zu nahe sein.
Also schüttelte ich fast schon panisch mein Kopf.
Er seufzte und wiederholte sein Satz noch einmal. Diesmal klang es noch fordernder.

Ich hatte nicht den Mut mich wieder ihm zu widersetzen und ging dann verängstigt auf den Stuhl zu. Langsam ließ ich mich nieder.

Ich blickte zu Alex und Carl. Letzteres sah mir freundlich entgegen. Ich war aber gerade nicht in der Lage genauso freundlich zurückzuwirken.

,,Lasst uns mal kurz alleine", hörte ich dann schließlich Matteo sagen.
Und sofort ging mein Puls hoch.

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