Kapitel 79

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Entspannt löffelte ich meine Suppe, was wirklich eine Wohltat war. Ich hatte dabei auch kein Würgegefühl, was einfach nur schön war. Diese Medikamente hatten wirklich angeschlagen und ich konnte wieder etwas essen und trinken.

"Soll ich das Training einschalten?", Jos sah mich fragend an. Ohne zu überlegen, nickte ich, da ich sehen wollte, was Max so trieb, während ich auf die letzten Ergebnisse warten musste. So lange hatte Jos sich dazu bereiterklärt 'Wache' zu halten, damit mein Freund beruhigt Runden auf der Strecke drehen konnte.

"Da haben wir RedBull", kam es von dem Kommentator des Kanadischen Fernsehsenders, "Sie und Max haben gestern ein ganz schön hartes Statement rausgebracht. In dem gefordert wird, dass die Journalisten sich von Max Freundin fernhalten sollen. Sie soll gestern unter Schmerzen auf dem Paddock zusammengebrochen sein und nun im Krankenhaus liegen. Weder Sky noch Max haben sich bis jetzt zu ihrem Zustand geäussert, da kann man nur hoffen, dass es ihr und den Babys gut geht."

Sein Kollege mischte sich nun auch ein: "Aber auch verständlich, dass Max und RedBull dies verlangen. Das war ja fast schon eine Jagd, was schon für normale Umständen schlimm gewesen wäre, doch als Schwangere auch gefährlich. Hoffen wir mal, das Beste für Hanna und die Babys."

Es war schön zu hören, dass es auch Menschen gab, die normal im Kopf waren. Nur hoffte ich, dass sich die Journalisten auch an die Aufforderung von Max und RedBull hielten und mich in Ruhe liessen. Wobei ich mich dank den Medikamenten schon viel besser fühlte, da ich auch wieder essen und trinken konnte.

"Soll ich doch Abschalten? Du solltest dich immer noch ausruhen und nicht aufregen oder stressen lassen", wollte Jos von mir wissen. Ich schüttelte bloss den Kopf, da ich mich entspannt fühlte und keinen Grund sah nicht weiter zu schauen.

Skeptisch sah er mich an: "Sollte es dich aber stressen, dann gib bitte Bescheid und ich schalte sofort ab." Augenverdrehend sah ich den Vater meines Freundes an, da mir die Art und Weise wie ich nun wie ein rohes Ei behandelt wurde nicht gefiel.

"Das Einzige was mich gerade stresst ist, dass ihr mir nicht einmal zutraut ein Training anzuschauen. Behandelt mich doch bitte einfach ganz normal, ich kann euere Bevormundung nicht mehr hören!" Dabei regte ich mich sichtlich auf. Was Jos dazu brachte die Arme zu haben und still zu bleiben, da er wollte, dass ich mich wieder beruhigte.

Da ich nun meinem Ärger Luft gemacht hatte, konnte ich entspannt zuschauen, wie mein Freund und die anderen in ihre Autos stiegen: "Was hat Ferrari gemacht, dass die so schnell sind? Sonst ist es doch immer eine Sache zwischen Max und den Mercedes."

"Keine Ahnung, doch es ist nur Training. Im Qualifying wird das schon wieder sich normalisieren, hoffe ich zumindest", dabei starrten wir beide weiter auf den Fernseher. All unsere Aufmerksamkeit lag auf dem Screen, so dass wir uns erschraken als die Zimmertür sich öffnete.

Mit grossen Augen sahen wir beide den Arzt an, der heute für mich zuständig war: "Wir haben gute und schlechte Neuigkeiten für sie, Miss Gasser. Die Blutwerte sind besser, doch noch nicht so gut, dass sie raus können. Wir werden morgen noch einmal Blut nehmen und dann schauen. Bis dahin, können sie aber noch nicht zurück ins Hotel oder nach Hause."

Enttäuscht und frustriert liess ich mich ins Kissen fallen: "Deine und die Gesundheit der Babys kommt an erster Stelle, Hanna. Du wirst noch viele Rennen kommentieren, dafür sorge ich persönlich, doch jetzt musst du das Wochenende passen."

"Und wie willst du dafür sorgen, dass ich nicht entlassen werde?" Gab ich bissig zurück. Jos tat mir leid, er meinte es nur gut. Meine Laune war aber im Keller, da ich nur aus dem blöden, sterilen Zimmer raus wollte.

"Du wirst nicht entlassen", entkam es Jos, "und ich werde nach der Geburt die Kinder nehmen während den Rennwochenenden, damit du weiterarbeiten kannst wie jetzt. Also entspann dich und geniess es ein Rennen nur schauen und nicht kommentieren zu müssen."

"Ich kommentiere aber lieber, als nur zu schauen", dabei sah ich ihn wie ein Kleinkind an.

Bevor Jos noch was sagen konnte, räusperte sich der Arzt: "Bevor ich sie in Ruhe lassen kann, müsste ich noch einige Untersuchungen machen. Dafür müssten Sie aber kurz den Raum verlassen." Beim letzten Teil sah er zu meinem Schwiegervater in Spe.

Etwas widerwillig stand er auf und verliess nach einem prüfenden Blick zu mir das Zimmer. Damit war ich allein mit dem Arzt, der unter anderem ein Ultraschall auf meinem Bauch machte und den Blutdruck mass. Nach einigen Fragen hatte ich es auch geschafft und die ältere Version von meinem Freund durfte wieder zu mir rein.

"Es ist alles in Ordnung und doch darf ich nicht aus dem scheiss Krankenhaus raus! Das ergibt doch keinen Sinn", maulte ich sogleich. Ich mochte Krankenhäuser einfach nicht, was wohl daran lag, dass meine Mama mit einer Hirnhautentzündung in einem war, als ich gerade mal 7 Jahre alt war. Sie war tagelang auf der Intensivstation und ich sah sie erst nach einer Woche als sie auf der normalen Station war. Doch gut ging es ihr sicher nicht, denn man hatte ihr die Krankheit stark ansehen können.

Jos setzte sich neben mich ans Bett: "Die Blutwerte sind nicht okay und niemand will, dass während dem Flug zum Beispiel etwas passiert. Also bleibst du hier, bis der Arzt seine Erlaubnis zur Entlassung gibt." Bockig sah ich mit verschränkten Armen zum Fernseher, auf dem gerade nur Werbung lief, da das Training vorbei war.

"Max", sagte Jos als sein Handy klingelte, "Hey mein Junge, lief nicht so gut, was." Ich verdrehte die Augen, da es mehr als offensichtlich gewesen war, dass Max' Leistung nicht die Gewesen war die er sich vorgestellt hatte.

Kurz blieb es still, da wohl mein Freund etwas sagte: "Sie darf nicht raus, die Blutergebnisse von heute früh waren noch nicht so wie sie sein sollten. Morgen wiederholen sie das Ganze, mal schauen, wie es dann aussieht. Die anderen Untersuchungen waren aber in Ordnung und so schlecht geht es ihr wohl nicht mehr. Sie kann sich schon wieder beschweren darüber, dass sie noch nicht auf das Paddock darf." Mit zusammengekniffenen Augen sah ich neben mich, was das fixierte Objekt zum Lachen brachte.

"Darf ich auch mal mit meinem Freund sprechen?", wollte ich wissen. Mir war langweilig und da er schon anrief, konnte ich doch wenigstens mit ihm sprechen, wenn ich schon nicht persönlich zu ihm konnte. Etwas Aufmunterung konnte er wohl vor dem Qualifying gebrauchen.

Ohne ein Wort zu verlieren, hielt er mir das Handy hin: "Na Champ, tut mir leid, dass ich nicht an der Strecke sein kann. Morgen beim Rennen werde ich bei dir sein, versprochen. Die Kleinen müssen doch mitbekommen, wie ihr Vater Mercedes schlägt."

"In erster Linie müssen sie und du aber gesund sein. Dazu müsst ihr euch aber ausruhen, während ich die Pole für euch hole und dann zu euch komme", entgegnete mir Max. Auch wenn er natürlich recht hatte, wollte ich einfach nur zu ihm. Ich verstand mich zwar gut mit Jos, doch lieber würde ich in den Armen meines Freundes entspannen und mich vor Ort versichern, dass er keinen Mist anstellte.

Ich seufzte laut auf: "Hier ist es aber scheisse, ständig kommt jemand rein, um Infusionen oder sonst was zu wechseln und das Bett ist so unbequem." Das schlimmste war das allein sein in der Nacht und nicht schlafen können. Ich war mir so gewohnt Max neben mir zu haben, dass es sich falsch anfühlte, nur schon eine Nacht von ihm getrennt zu sein.

"Du bist bald wieder im Hotel und dann fliegen wir auch schon fast nach Hause. Entspann dich und schau mir einfach zu wie, ich für dich die Pole hole und morgen gewinne. Ich muss jetzt leider auflegen, ich liebe dich", schnell erwiderte ich die letzten Worte. Dann hatte er auch schon aufgelegt und ich mich in mein Kissen fallen lassen. Dabei hielt ich Jos sein Handy wieder hin.

Er steckte sein Handy in seine Hosentasche und sah wie ich auf die Nachrichtensendung im Fernseher: "Willst du noch etwas zu essen oder trinken?" Ich schüttelte den Kopf, da ich nach dem Teller voller Suppe genug hatte. So machte sich Jos auf nur etwas für sich selbst zu holen, während ich gedankenverloren auf den Screen starrte und auf ein Wunder hoffte, um entlassen zu werden.

Die Zeit bis zum Qualifying überbrückten Jos und ich in dem wir ein Kartenspiel gegeneinander spielten: "Einmal Rennfahrer wohl immer Rennfahrer, du kannst nicht einmal in einem Kartenspiel verlieren. Was machst du denn, wenn du gegen deine Enkel spielst?" Genervt hatte er seine Karten auf den Boden geschmissen, als ich ihn erneut besiegt hatte.

"Kinder müssen auch lernen zu verlieren", gab er mir zurück, "Max und seinen Geschwistern hat es auch nicht geschadet." Ich musste lachen, als ich mir vorstellte wie Jos gegen Max als drei Jährigen in einem Spiel gewonnen hatte. So wie ich meinen Freund kannte, hatte ihn dies wohl ziemlich sauer gemacht.

Nach einem Klopfen kam eine Schwester mit einem neuen Beutel an Infusion ins Zimmer: "Ich wechsle schnell dein Tropf, dann könnt ihr in Ruhe das Qualifying gleich schauen. Hoffen wir doch, dass dein Freund ein gutes Ausgangsergebnis für morgen rausfährt."

Ich nickte bloss, da ich keine Lust hatte mich mit einer Fremden über meinen Freund zu reden. Unser Privatleben ging niemanden etwas an, auch wenn sie wohl nur freundlich sein wollte. Still machte sie ihren Job und verliess sogleich auch wieder das Zimmer.

"Willkommen zurück hier in Montreal zum Qualifying des Grand Prix von Kanada", nahm der Kommentator meine Aufmerksamkeit wieder in Anspruch. Gespannt sahen Jos und ich dem Ganzen zu. Leider dauerte es nicht so lange wie gewünscht, bis Max seine Arbeit vollendet hatte. Nachdem Magnussen sein Auto am Ende von Q2 gegen die Pitlinewand fuhr, musste Max die Runde abbrechen und blieb damit auf Platz 11 und war somit draussen.

Ich liess mich ins Bett zurückfallen: "Wenn man denkt es könnte nicht mehr schlimmer kommen, muss das Schicksal einem Beweisen, dass es geht. Was für eine Scheisse!" Jos war zuvor schon fluchend von seinem Stuhl aufgestanden und war genauso enttäuscht wie ich von dem Ausscheiden seines Sohnes.

"Max, was für ein Tag. Ist nicht nach Plan für dich gegangen", kam sogleich ein Interview mit Max. Dem konnte man deutlich ansehen, wie unglücklich er über seinen frühen Feierabend war. Auch demnach nur kurze Antworten im Interview gab und nicht wirklich über sein Ergebnis sprechen wollte, was ich gut verstehen konnte.

Ein letztes Mal hielt der Journalist im das Mikrofon entgegen: "Jetzt zu deiner Freundin ins Krankenhaus? Wie geht es ihr und den Babys?" Seit ich gestern im Sky eigenen Interview die Mehrzahl benutzt hatte, war allen klar, dass es mindestens zwei Babys werden würden.

"Kein Kommentar dazu", damit ging er einfach. Ich konnte nur lachen, da dies wirklich typisch für meinen Freund war und wohl jeden Journalisten zweifeln liess. Wobei ich auf der einen Seite dankbar war, dass er nichts gesagt hatte. Dennoch wäre es nicht schlimm gewesen, wenn er die Öffentlichkeit über meine Besserung informiert hätte. Es gab wirklich schlimme Spekulationen über meinen Zustand und der unserer Kinder in meinem Bauch. Nur hatte ich keine Kraft und Lust bis jetzt gehabt, die Wahrheit nach aussen zu tragen, dass wir alle drei noch am Leben waren.

Jos und ich sahen uns noch das Q3 an, während wir auf Max warteten, der eine halbe Stunde nach Ende der Session bei uns ankam: "Komm her, das wird morgen schon wieder. Das war einfach Pech." Max liess sich dies nicht zwei Mal sagen, er kam sofort zu mir und liess sich in meine Armen fallen.

"Ich lasse euch dann mal in Ruhe, Kopf hoch Junge. Bis Morgen, Hanna", verabschiedete sich Jos von uns. Dankbar lächelte ich ihn an, denn ohne ihn hätte ich es niemals hier ausgehalten. Jetzt aber wollte ich Zeit allein mit dem Holländer in meinen Armen verbringen und ihn etwas von dem Misserfolg von heute Ablenken.


Mit Max auf meiner Brust lag ich in meinem Bett und starrte stumm an die Decke. Keiner von uns hatte ein Wort gesagt, wir genossen einfach die Nähe des anderen. Meine Hand liess ich dabei immer wieder durch die Haare von Max streichen. Der seine Augen geschlossen hatte und wohl fast schon am Schlafen war, was mich zum Lächeln brachte.

"Was hältst du davon, wenn Daniel und Lando Paten werden?" Wollte ich von meinem Freund wissen. Sofort hob er seinen Kopf und sah mich mit grossen Augen an, daran hatte er wohl noch nicht gedacht. Ich hingegen hatte in den letzten 24 Stunden genügend Zeit, um über alles Mögliche nachzudenken so auch die Paten für die beiden Würmer in mir.

"Willst du uns das wirklich antun?" Fragte er, "die beiden sind pures Chaos." Da musste ich ihm recht geben, soweit hatte ich noch nicht gedacht. Doch sie waren beide gute Freunde von uns beiden, weswegen sie für mich als Paten in Frage kamen. Während meine Freunde abgesehen von Jessi selbst noch auf dem Weg nach oben waren und somit für mich noch nicht reif genug, um als Paten in Frage zu kommen.

"War nur ein Gedanke, wir haben aber noch 32 Wochen Zeit, um uns zu entscheiden. Wir finden schon noch die perfekten Patenonkel für die beiden. Denke aber die Patentanten stehen mit Jessi und Vic schon fest, oder?" Als Bestätigung bekam ich nur einen Kuss. Doch das Genügte mir fürs erste.

Glaubst du an für immer?  (Max Verstappen FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt