Gerade hatte ich die letzte Zusammenfassung des Tages fertig und verliess das Tonstudio des Gebäudes. Es war schon nach zehn Uhr abends und ich hatte noch eine lange Heimfahrt vor mir. Müde war ich aber noch nicht, da sich mein Körper bereits daran gewöhnt hatte.
In meinem Büro holte ich meine Jacke und meine Tasche. Bevor ich mich bei dem wenigen Mitarbeiter, die noch da waren, verabschieden konnte, stand mein gestresster Chef vor mir. Als wäre ich seine Rettung kam er eilig auf mich zu und war sichtlich ausser Puste.
"Gut, dass du noch da bist, hast du schon mal ein Formel-1-Rennen gesehen?", verwirrt über die Fragen sah ich zu ihm. Langsam fing ich an zu nicken, denn ich hatte irgendwie Angst vor dem was kommen würde. Da mein Vater und Bruder kein Rennen verpassten, hatte ich auch schon mal so hereingeschaut, wobei ich dem Sport nichts abgewinnen konnte. Dies schob ich auch gleich hinterher, doch mein Chef hörte mir gar nicht zu. Glücklich und erleichtert klatschte er seine Hände zusammen und schickte ein Stossgebet in den Himmel.
Überfordert versuchte ich Herr Schmidt zu folgen: "Du fliegst morgen von Zürich aus nach Melbourne zum Saisonauftakt der Formel 1. Vorübergehend wirst du Interviews machen müssen und Kommentieren. Am Flughafen wird jemand vom Team warten und dich ins Hotel und an den Paddock bringen. Gott hat dich uns wohl geschickt, ohne dich wäre ich aufgeschmissen." Ohne auch nur mir die Möglichkeit zu geben etwas zu sagen, hatte er mich umarmt und war verschwunden.
Völlig neben den Schuhen stand ich nun vor meinen Arbeitskollegen und hatte keine Ahnung was gerade geschehen war: "Gratuliere, du darfst kommentieren. Das wolltest du doch." Mechanisch setzte ich ein Lächeln auf, obwohl ich innerlich noch mich versuchte zu ordnen. Recht hatte aber mein Kollege, ich hatte immer gesagt, dass ich kommentierte und nicht nur die blöden Zusammenfassungen machen wollte. Nur war es definitiv die falsche Sportart, denn ich hatte keine Ahnung von den Regeln. Nicht einmal die Namen der Fahrer hatte ich darauf.
"Ich sollte dann mal packen gehen", eilig rannte ich zu meinem Auto. Wie immer verband ich mein Handy mit dem Auto, doch ich würde diesmal keine Lieder hören. Stattdessen wählte ich die Nummer meines Bruders. Leider schien dieser ausgerechnet an diesem Abend früh schlafen gegangen zu sein oder er war mit Freunden noch unterwegs.
Hektisch wählte ich die Nummer meines Vaters, doch auch nicht er ging ran, so blieb nur noch die drei Chaoten von Kloten. Greg war dabei der einzige, der sich auch für Motorsport interessiert, weswegen ich seine Nummer wählte.
"Du bist meine Rettung! Keiner ist sonst ran gegangen. Erzähl mir alles was ich über die Formel 1 wissen muss. Die Teams, Fahrer, Regeln einfach alles!", damit hatte ich wohl meinen besten Freund überfordert.
Dann erklang ein Lachen: "Dir auch einen schönen Abend. Mir geht's gut und dir? Immer schön wieder einmal etwas von dir zu hören." Ich verdrehte die Augen und startete den Motor, um mich auf den Weg nach Hause zu machen. Im Hintergrund hatte ich noch viele Stimmen hören können, sie waren wohl auch gerade auf dem Heimweg nach einem Auswärtsspiel. Dies war mir aber sowas von Egal, denn ich brauchte die Hilfe von meinem besten Freund.
"Ja ja, ich dich auch und jetzt erzähl schon", drängte ich ihn weiter. Was ihn wohl etwas amüsierte, doch er kam meiner Aufforderungen nach. Als erstes versuchte er mir die zehn Teams beizubringen, was ich einigermassen schnell draufhatte. Beiden Fahrern hingegen hätte ich am liebsten den Wagen gegen die Leitplanke gefahren.
Mitten in unsere Lernphase mussten natürlich die anderen sich auch mal einmischen: "Mit wem telefonierst du eigentlich? Hast du eine Affäre, von der du uns nichts erzählt hast?" Die erste Frage konnte ich noch Laurent zu ordnen, die zweite konnte ich auch nur gerade so noch hören. Darauf deckte Greg das Mikrofon kurz ab, bevor er sich mir wieder zu wandte.
"Wieso musst du das überhaupt wissen?", wollte nun Gian wissen. Was mich nervte, da ich meiner Meinung nach keine Zeit für Fragen hatte. Damit ich nicht noch einmal gefragt werde, würde ich wohl oder übel ihnen die Frage nun beantworten.
Nachdem ich überholt hatte, wandte ich mich dem Gespräch wieder zu: "Weil ich gerade von meinem Chef nach Melbourne zum Saisonauftakt geschickt wurde. Ich soll Interviews machen und den verbliebenen Kommentator Ralf Schumacher unterstützten." Die Luft wurde auf der anderen Leitung eingezogen und dann ertönte lautes Lachen. Gerne hätte ich meine Wut nun an den Eishockeyidioten ausgelassen, doch ich musste mich auf den Verkehr konzentrieren.
"Von allen Mitarbeitern haben sie dich ausgesucht? Die Person, die wohl den Motorsport am wenigsten interessiert. Du weisst doch nicht einmal was Safty Car ist, geschweige denn wo das Heck ist", konnte ich von Laurent hören. Wobei er sich anstrengen musste nicht zu sterben, was mich nur noch mehr nervte.
"Ja sie haben mich ausgesucht. Seit wann nehmen Schiffe bei einem Rennen mit, dass es ein Heck gibt?", da nur noch mehr Gelächter erklang, hatte ich wohl etwas ziemlich Dummes gefragt. Leider hatte ich aber wirklich keine Ahnung, was mich nur noch mehr stresste. Dann auch noch diese lahmen Autofahrer, denen sollte man den Führerschein einziehen und nie wieder geben!
Greg versuchte mit tiefen Atemzügen sich zu beruhigen: "Das hintere Ende des Autos wird auch Heck genannt, nichts mit Schiffen." Wenigstens er versuchte mir nun weiterzuhelfen, während man im Hintergrund nur weitere dumme Kommentare hören konnte. So gut ich konnte blendete ich die anderen aus und hörte nur auf meinen besten Freund. Der in der zwischen Zeit auch noch seine Freundin informiert hatte, die wiederum meine beste Freundin war. Sie würde vor dem Block auf mich warten und beim Packen helfen. Das hiess, sie packte und ich würde weiter versuchen mir alles nötige einzuprägen.
Dankend legte ich auf, als ich zu Hause angekommen war. Die Fahrer, Teams und deren Teamchefs hatte nun von den Namen her darauf, fehlte nur noch das Gesicht zu den Namen. Darum würde ich mich wohl gleich kümmern, sobald Jessica und ich in meinem Zimmer waren. Ungeduldig hatte die Blondine vor unserem Block gewartete, kein Wunder es war weit nach Mitternacht und nicht gerade warm. Entschuldigend sah ich sie an, als ich sie umarmte.
"Endlich, weisst du wie kalt es ist. Ich spüre meine Füsse kaum noch", meckerte sie mich sogleich an. Kurz entschuldigte ich mich, öffnete aber sogleich die Tür ins Gebäude. Ungeduldig drückte ich mehrfach auf den Knopf für den Aufzug, so als würde er so schneller kommen. Jessica blieb ruhig und beobachtete mich grinsend.
Fragend sah ich zu meiner besten Freundin: "So hektisch, nervös und aufgekratzt habe ich dich nicht einmal bei der Abschlussprüfung gesehen. Komm runter, ich packe deinen Koffer und du machst den Rest. Zudem hast du noch einen 23 Stunden Flug vor dir und soviel ich weiss sind erst am Mittwoch die ersten Pressetermine, somit hast du noch einen Tag vor Ort. Wann fliegst du?" Anders als ich war Jessica an solchem Sport interessiert. Wobei ihr Interesse sich mehr ADAC GT Masters als sonstiges richtete.
"Um 8 Uhr morgen", bis dahin waren es noch gut 6 Stunden. Dies bedeute wenig schlaf für mich und so wie ich Jessica kannte auch für sie. Sie würde wohl nicht mehr nach Hause gehen, sondern bei mir bleiben. Zudem wird sie sicher auch darauf bestehen, dass sie mich fährt. Wobei der Flughafen keine zehn Minuten mit dem Auto entfernt war.
Ohne mich zu fragen, öffnete sie einfach meinen Kleiderschrank und fing an die Sachen raus zu suchen: "Wo hast du die Bikinis? Schliesslich sollst du dir einen hübschen Australier angeln, wenn ich es schon nicht kann, dann wenigstens meine beste Freundin." Ich konnte nur den Kopf schütteln. Sie und Greg waren schon seit der Oberstufe ein Paar, also seit gut 7 Jahren. Dabei waren sie so glücklich wie damals. Manchmal beneidete ich die beiden um ihr Glück, da ich nicht wirklich Glück in dieser Angelegenheit hatte.
Schnell deute ich auf die unterste Schublade meines Nachtkästchen, wandte mich dann wieder meinem Laptop zu. Dort hatte ich schon eine Seite mit den Gesichtern aller Fahrer gefunden, die ich zur Sicherheit downloadete und dann noch die Wikipedia Seite von den Formel 1 Regeln. So könnte ich diese Dinge auch ohne Internet weiter lesen, schliesslich konnte man bei einem Flugzeug nie wissen.
Ich sah mir einige Videos von früheren Rennen auf der Strecke an, damit ich auch etwas Ahnung von der Strecke bekam. In meinen Laptop vertieft hatte ich gar nicht mitbekommen, wie meine Freundin nach einer Stunde und zwei Nervenzusammenbrüche so gut sie konnte gepackt hatte.
Erschrocken war ich fast vom Stuhl gefallen, als sie mich antippte: "Fehlte nur noch die Sachen, die du noch brauchst. Wir sollten noch etwas schlafen, wenn wir sicher an den Flughafen kommen wollen."
Keine vier Stunden später hatten wir gemütlich zusammen gefrühstückt, bevor ich auch noch die letzten Sachen wie Zahnbürste, Shampoo und Co. eingepackt. Jessica hatte mir diesmal nicht mehr geholfen, sondern war in der zwischen Zeit kurz nach Hause gegangen, um frische Sachen zu holen und ihr Auto. Sie hatte den Tick, nur bei ihrem eigenen Auto hinter dem Steuer sitzen zu wollen, sonst bei keinem.
In meinen Rucksack packte ich neben Handy und Laptop auch noch die Aufladekabeln und noch ein Buch, man konnte ja nie wissen. Zudem würde es auch noch einen Rückflug geben. Gerade als ich dachte, ich hätte alles, fiel mir die Farbe aus dem Gesicht. Ich hatte meinen Pass noch nicht eingepackt. Erst öffnete ich die ersten Schubladen von meinem Schreibtisch noch entspannt. Doch als nur noch eine übrig war und der Pass noch nirgends war, stieg eine Nervosität in mir auf.
Hektisch leerte ich jedes Fach in meinem Zimmer aus, sodass alles auf dem Boden lag. Selbst meinen Kleiderschrank hatte ich auf der Suche nach meinem Pass komplett ausgeräumt. Verzweifelt fasste ich mir in die Haare, in nicht einmal zwei Stunden ging mein Flieger und von meinem Pass fehlte jede Spur.
Wie ein Orkan wütete ich in meinem Zimmer und zerstörte meine sonstige geordnete Unordnung. Frustriert und am Ende meines Lateins sass ich vor meinem in meinem Kleiderhaufen. Meinen Blick liess ich noch einmal durchs Zimmer gleiten, in der Hoffnung das irgendwo das Ding noch hervorblitzen würde.
Ein Lachen erklang vom Türrahmen: "Suchst du den hier?" Meine Mutter hielt amüsiert ein rotes kleines Dings in die Höhe, was ich als Pass identifizieren konnte. Ein Stein oder eher ein Felsbrocken fiel mir vom Herzen und ich lehnte mich erschöpft an mein Bett. Für einen Moment hatte ich schon gedacht, dass ich nicht fliegen werde.
"Huch was ist hier passiert?", wollte meine beste Freundin wissen, die neben meiner Mutter im Türrahmen erschienen war. Als Mama ihr den Pass zeigte, war wohl für Jessica alles klar. Gemeinsam mit meiner Mutter konnte sie nur lachen, während ich versuchte mir einen sicheren Weg zu ihnen zu gelangen. Was ich ohne zu stolpern auch geschafft hatte.
Mit einer langen Umarmung verabschiedet ich mich von meiner Familie und war schon fast aus der Wohnung verschwunden, als die Stimme von meiner Mutter erklang: "Hast du nicht was vergessen?" Schnell drehte ich mich wieder zu meiner Mutter und holte mir bei ihr den Pass. Dabei drückte ich einen Kuss ihr auf die Wange.
"Viel Spass und mach uns keine Schande. Wir haben dich im Blick und Gehör, vergiss das nicht", als Antwort bekam mein Bruder nur meinen Mittelfinger zu Gesicht. Danach schloss ich die Wohnungstür auch schon hinter mir. Mit meinem Koffer hinter mir stieg ich zu Jessica in den Fahrstuhl.
Die Fahrt war so schnell vorbei und auch beim Check-in war nicht viel los. Sodass ich schneller als erwartet so weit war, um zur Sicherheitskontrolle zu kommen. Bis zur ersten Kontrollsicherung begleitete Jessica mich, dann hiess es Abschied nehmen. Es war für etwas mehr als eine Woche, was für uns eine Ewigkeit war. Fest drückte die Blondine mich an sich, bevor sich mich freigab.
"Wehe du kommst ohne Australier zurück", rief sie mir noch zu, als ich die Schranke bereits passiert hatte. Lachend warf ich ihr einen Kuss noch zu, bevor ich aus ihrem Sichtfeld verschwand.
Kennt ihr diese Angst, etwas Verbotenes bei sich zu haben, obwohl man genau weiss, dass man nichts hat. So fühlte ich mich jedes Mal, wenn ich durch die Sicherheitskontrolle musste. Um so gelassener und entspannter wurde ich danach. Bei einem Starbucks hatte ich mir noch meine Latte Macchiato geholt, bevor ich mich auf zum Gate gemacht hatte. Dort hatte ich meinen Laptop aus dem Rucksack geholt und angefangen wieder die Regeln zu studieren. Eine ziemlich trockene und schwierige Angelegenheit, doch wenn ich mich nicht blamieren wollte, musste ich da durch. Als Frau durfte ich mir keine Fehler erlauben.
Netterweise war mir ein Ticket in der ersten Klasse also Business gebucht worden. Zusätzlich hatte ich Glück, das der andere Platz neben meinem leer blieb. Somit war der Start in das Abenteuer perfekt und ich konnte mich voll und ganz auf meine Arbeit konzentrieren.
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Glaubst du an für immer? (Max Verstappen FF)
FanficHanna Gasser wollte schon immer nur eins und das war Eishockeyspiele kommentieren. Als sie ihrem Traum so nahe kam wie nie, wurde sie aber zu einer anderen Sportart versetzt. Doch nicht nur die neue Sportart war eine Herausforderung für die nicht ma...