25. Zehn Minuten

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Avery P.O.V.

2 h später

„Es war nett, sich mit euch zu unterhalten.", beendet Adrian das gefühlt hundertste Gespräch, welches er heute führen musste. Ich stand bei ausnahmslos allen Unterhaltungen einfach daneben, hab hin und wieder genickt und so getan, als wäre ich freiwillig hier.

Meine Angst hat sich mittlerweile eingependelt, aber eine gewisse Anspannung mag einfach nicht verschwinden, weshalb ich mir regelmäßig ein Glas Champagner nehme.

Adrian zieht mich von der Gruppe Männer und Frauen, mit denen wir uns eben unterhalten haben, weiter. Meine Füße schmerzen bei jedem Schritt, den ich in meinen weißen hohen Schuhen über den glatten Steinfliesenboden gehen muss.

Als wäre er mein Retter in Not geht gerade wieder ein Kellner direkt vor uns vorbei. Sofort greife ich mir ein Glas Champagner von seinem Tablett. Adrian sieht mich unbegeistert an und bleibt für einen Moment stehen.

„Das ist dein sechstes Glas.", stellt er fest.

Ich zucke mit den Schultern.

„Kontrollierst du mich?", sage ich und nehme einen großen Schluck Champagner, welcher immer besser schmeckt, je mehr ich von diesem Zeugs trinke.

„Ich hoffe du kennst deine Grenzen, mit dem Alkohol." Seine Worte klingen wie so oft wie eine Drohung.

Genervt und provokant verdrehe ich die Augen. „Ja Herr Polizist..", spricht der Alkohol aus mir.

Adrian wirft mir kopfschüttelnd einen giftigen Blick zu.

„Wir holen dir jetzt etwas zu Essen.", sagt er bestimmend und zieht mich so ruckartig weiter, dass ich fast etwas Champagner aus meinem Glas verschütte.

Adrian führt mich ans hintere Ende des Wohnbereiches zum Buffet, ein etwa vier Meter langer Tisch. Der Tisch ist reichhaltig mit einer Vielzahl von Häppchen, kleinen Sandwiches und anderen Delikatessen geschmückt.

Er lässt mich los, nimmt sich einen Teller und beginnt, sorgfältig eine Auswahl an Häppchen darauf zu arrangieren.

„Iss das", befiehlt er schließlich und reicht mir den Teller. Ich verdrehe die Augen, aber nehme ihn widerwillig entgegen.

Mittlerweile kann ich die Wirkung des Alkohols nicht mehr ignorieren. Mein Magen ist flau, und die Welt um mich herum beginnt sich langsam zu drehen.

„Adrian, ich muss kurz aufs WC", sage ich, während ich Schwierigkeiten habe nicht ins taumeln zu geraten. Fast hektisch drücke ich ihm den Teller mit dem Essen und mein Champagnerglas in seine Hände..

Adrian sieht mich an und antwortet kühl. „Ich komme mit."

„Ist das dein Ernst?", frage ich, überrascht und leicht genervt. Die Vorstellung, dass er mir auf die Toilette folgt, erscheint mir absurd.

„Woher weiß ich, dass du nicht auf dumme Ideen kommst? Dass du nicht versuchst abzuhauen?"

„Chloe ist oben. Ohne ihr würde ich nirgends hingehen.", antworte ich ohne Zögern.

Er mustert mich einmal, als würde er meine Vertrauenswürdigkeit prüfen, doch schließlich nickt er. „Okay, du kannst alleine gehen.", sagt er und beugt sich näher zu mir. Seine Stimme ist jetzt ernst und eindringlich. „Falls du versuchst, das Anwesen zu verlassen, haben alle Sicherheitsleute die Erlaubnis, dich aufzuhalten. Zu schießen, wenn nötig."

„Ich dachte tot bringe ich dir nichts?", antworte ich und sehe in seinen Augen etwas aufblitzen. Als wäre er überrascht von meiner Direktheit.

„Geh. Du hast 10 Minuten. Und wage es nicht mit irgendjemanden zu reden.", sagt er streng und dreht sich um. Er stellt den Teller kommentarlos auf den Buffettisch ab und geht zu einer Gruppe Männer, welche direkt daneben stehen.  Nur kurz darauf ist er schon im nächsten Gespräch verwickelt.

AveryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt