108. Heimvorteil

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Adrian P.O.V.

Ich werfe einen letzten Blick auf Avery, die jetzt tief und gleichmäßig atmet, als hätte sie den Schlaf gefunden, den sie schon so lange brauchte. Das letzte, was ich jetzt tun möchte, ist, sie daraus zu reißen.

Also lehne ich mich zurück, beschließe, hier zu bleiben, so lange, wie sie es braucht. Solange, bis sie wieder wach ist – und solange, bis ich sicher bin, dass sie den Schlaf bekommen hat, den sie verdient.

Ich nehme mir leise mein Handy aus meiner Hosentasche, stelle es auf lautlos. Ich entsperre das Display und öffne meine Mails. Ein paar Berichte von meinen Geschäftspartnern, Updates zu den Geschäften und eine Erinnerung von Hunter, dass die Abrechnung für die letzte Woche aussteht. Normalerweise würde ich sofort darauf antworten, mich um alles kümmern, bevor es zu viel wird. Doch hier und jetzt, mit Avery bei mir, erscheint all das unbedeutend.

Ich tippe eine kurze Nachricht an Hunter.

A: „Übernimm bitte heute. Habe keine Zeit."

Ich schicke die Mail ab und leite ihm alles notwendige weiter. Ein paar Minuten verbringe ich damit, schnell ein paar Anweisungen zu verschicken. Ich will, dass alles läuft wie am Schnürchen, ohne dass ich dabei bin. Während ich den letzten Befehl eintippe, fällt mein Blick immer wieder auf Avery, wie sie ruhig atmet, sanft und friedlich wirkt, als wäre sie meilenweit entfernt von der Welt, die mich fest im Griff hat.

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17:27 Uhr

Die Stunden vergehen, während ich auf der Couch sitze, reglos, die Augen auf Avery gerichtet. Draußen wird es langsam dunkel, die Stille des Raums wird nur durch ihren gleichmäßigen Atem durchbrochen. Doch auch mir fallen ständig die Augen zu. Immer wieder zwinge ich mich, sie zu öffnen, mich wachzuhalten, bereit, bei jedem kleinsten Anzeichen von Unruhe sofort bei ihr zu sein.

Meine Augen fallen gerade wieder zu, als Avery plötzlich beginnt sich unruhig zu bewegen. Sofort bin ich hellwach. Ihre Finger zucken, ihre Stirn legt sich in Falten, und ihr Atem wird etwas schneller. Ich lehne mich vor, jede Faser in mir angespannt, und beobachte sie genau.

Plötzlich öffnen sich ihre Augen – sie sieht sich hektisch um und sieht mich, doch bevor ich etwas sagen kann, zuckt sie heftig zusammen, als hätte sie nicht damit gerechnet dass ich hier bin. Panik flackert in ihren Augen, und sofort sehe ich dass ihr Körper zittert.

„Avery, hey, hey, ganz ruhig," sage ich leise, meine Stimme sanft und beruhigend, während ich meine Hände vorsichtig hebe. „Ich bins...es ist alles okay." Sie sieht mich ängstlich an, atmet jedoch einmal tief durch.

„Darf ich zu dir kommen?", frage ich. Obwohl sie noch etwas verschreckt aussieht, nickt sie.

Ich stehe langsam auf, halte ihren Blick, fest und ruhig während ich langsam zum Bett gehe, bleibe jedoch kurz vor ihr stehen, damit sie selbst entscheiden kann, ob sie diesen Kontakt zulassen möchte.

Ihre Augen flackern, und für einen Moment scheint sie zwischen Flucht und Vertrauen zu schwanken. Ich bleibe still, gebe ihr die Zeit, die sie braucht. Langsam sehe ich, wie die Panik in ihren Zügen nachlässt, wie der Schrecken sich mildert und die Realität zurückkehrt. Ich wage den letzten Schritt und gehe zum Bett, vor ihr gehe ich in die Hocke.

„Alles gut," wiederhole ich leise. „Du bist eingeschlafen. Ich bin nur auf der Couch gesessen."

Avery blinzelt ein paar Mal und atmet tief durch, ihre Schultern sacken leicht nach unten, als die Panik langsam aus ihrem Gesicht weicht. Sie sieht mich an, ihre Augen immer noch etwas geweitet, doch allmählich wird ihr Blick klarer, ruhiger.

AveryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt